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Nahkampf der Giganten

Nahkampf der Giganten

Titel: Nahkampf der Giganten
Autoren: Alexander Kent
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stand es jedenfalls in der
Gazette,
obwohl jeder Matrose der Flotte es besser wußte.
    Doch Bolitho vergaß alles, als die Braut am Arm ihres Bruders in der Kirchentür erschien. Sonnenlicht umrahmte ihre schlanke Gestalt. Und der junge Seton sah in Zivil seltsam aus. Noch seltsamer war, daß er jetzt als vermögender und wichtiger Mann galt. Pomfrets Testament besagte klar und deutlich, daß er als Universalerbe seinen Landbesitz, das Haus in London und eine ganze Menge Geld erhielt. Die einzige Bedingung: er durfte nicht mehr zur See fahren. Seton wollte zuerst nicht darauf eingehen, aber Bolitho hatte ihm zugeredet. Es gab Männer, die schlugen die Schlachten und gaben alles für ihr Vaterland, ohne zu wägen und rechnen. Bolitho und Herrick gehörten dazu. Aber wenn England die wachsenden Verluste des Krieges überstehen sollte, dann brauchte es auch Männer wie Seton, die in der Heimat arbeiteten: loyale, verständige, anständige, ideenreiche Männer. Sie würden die Ruinen wieder aufbauen, wenn es nicht mehr notwendig war, fürs Vaterland zu sterben.
    An das, was nachher kam, hatte Bolitho nur verschwommene Erinnerungen. Cheney hatte neben ihm Platz genommen, und die eigentliche Trauung hatte begonnen. Die Berührung ihrer Hand, das tiefe Verständnis in ihren Augen, die so glänzten wie die See; die dünne Stimme des Pfarrers; und Herricks Bekräftigung als Trauzeuge, als er die Ringe hervorholte. Bei seinem zu lauten und nicht recht angebrachten »Aye, aye, Sir« kicherte die ganze Kirchengemeinde.
    Jetzt war es vorbei, und die See unterhalb des Vorgebirges lag im tiefen Abendrot. Trinksprüche, Schulterklopfen, die Tränen seiner Schwester – alles war vorbei, und die schwere Tür des Herrenhauses war verschlossen.
    Hinter sich, in dem hohen Zimmer, hörte er das Rascheln des Bettzeugs. »Was ist denn, Richard?« rief sie.
    Aber er blickte noch aus dem Fenster auf ein Schiff, das weit draußen ankerte und auf die Morgenflut wartete. Ein Kriegsschiff, wahrscheinlich eine Fregatte, dachte er. Leicht konnte er sich vorstellen, wie die Offiziere in der Messe geruhsam bei ihren Pfeifen und Bierkrügen saßen, wie im Mannschaftslogis ein Fiedler aufspielte, wie der Wind im Rigg jaulte und das Schiff ungeduldig am Kabel zerrte. Matrosen klagten und schimpften, wenn sie das Land hinter sich ließen, aber ein Schiff freute sich immer.
    »Alle Männer meiner Familie waren Seeleute«, antwortete er, »und ich bin es auch. Immer wird da draußen ein Schiff auf mich warten.«
    Er wandte sich um und sah ihre Arme hell aus dem Dunkel leuchten. »Das weiß ich, Liebster. Aber jedesmal, wenn du heimkommst, warte
Ich
hier auf dich, Richard.«
    Unten in dem verlassenen Speisezimmer starrte Allday die geleerten Gläser und abgegessenen Teller an. Dann griff er sich einen Becher und goß sich ein volles Maß Brandy ein. Damit ging er in den Nebenraum und starrte den Degen an, der über dem steinernen Kaminsims hing. Irgendwie wirkt er ja ganz friedlich, dachte er. In einem Zug kippte er den Brandy hinunter und ging langsam hinaus. Er pfiff ein altes Lied, dessen Text er längst vergessen hatte.
     
     
    Ende
     

 
     
     

     
    Created with Writer2ePub
    by Luca Calcinai
     
     
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