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Nahkampf der Giganten

Nahkampf der Giganten

Titel: Nahkampf der Giganten
Autoren: Alexander Kent
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»Und Mr. Rooke soll sich bei mir melden.«
    Bolitho ging nach Luv hinüber und kreuzte die Hände auf dem Rücken. Wie die anlaufende Brise das blaue Wasser rippte, das hier und da schon weiße Kämme trug! Nach dem Mittagsbesteck mußten sie etwa dreißig Meilen südöstlich von Tarragona sein, aber so weit er sehen konnte, war die See leer. Doch seine Berechnungen waren bereits vom Ausguck im Großtopp bestätigt worden, der dort oben, fast zweihundert Fuß über Deck, auf seinem schwingenden, gefährlichen Sitz hockte. Er allein hatte bisher die fernen Berge Spaniens gesehen. Bolitho war froh, daß er sich entschlossen hatte, ausreichend Seeraum zu gewinnen und die seinem Kurs entgegenlaufende Küstenströmung zu meiden. Außerdem brachte ihm diese Entscheidung den günstigsten Wind; und wenn der sich hielt, würde er Hoods Schiffe um so schneller finden.
    »Sie wollten mich sprechen, Sir?« Rooke sah ihn mißtrauisch an. Sein Atem ging noch rasch von der Anstrengung.
    »Stimmt«, sagte Bolitho kühl. »Ihre Männer haben sich ganz gut gehalten. Mit etwas Übung wird das noch besser werden.« In Rookes Augen blitzte es auf – amüsiert oder verächtlich? Langsam fuhr Bolitho fort: »In Zukunft wollen Sie es sich bitte versagen, Mr. Seton so zu demütigen.«
    Rookes Miene war wie aus Holz. »Er braucht Disziplin, Sir. Wie alle.«
    »Völlig meine Meinung. Aber Disziplin ist eines, und Schikane ist etwas anderes, Mr. Rooke.« Sein Ton war scharf. »Es fördert die Disziplin nicht, wenn Sie einen Midshipman vor jenen Leuten beleidigen, die vielleicht eines Tages in der Schlacht von ihm abhängen.«
    »Ist das alles, Sir?« Rookes Hände zitterten an seinen Hosennähten.
    »Im Moment ja.« Bolitho blickte nach oben, wo eben die letzten Royals flappten und sich dann unter dem Druck des Windes härteten. Gegen den Himmel glänzte die volle Besegelung wie weiße Pyramiden. »Sie werden mehr erreichen, wenn Sie den Leuten ein gutes Beispiel geben, Mr. Rooke«, sagte er noch. Stirnrunzelnd sah er hinter dem Leutnant her, der steifbeinig zum Decksgang schritt. Er hatte sich Rooke zum Feind gemacht – aber es war unwahrscheinlich, daß ein Mann seiner Art überhaupt jemandes Freund war.
    Zögernd trat Quarme herzu. »Die Geschichte tut mir leid, Sir. Er wird manchmal ein bißchen deutlich.«
    Bolitho blickte ihm ins Gesicht. »Schade, daß
Sie
nicht etwas deutlicher geworden sind, Mr. Quarme. Es paßt mir nicht, daß ich Ihre Arbeit tun muß.«
    Quarme sah ihn an, als hätte er einen Schlag ins Gesicht bekommen. »Meine Arbeit, Sir?«
    »Ja. Ich habe nicht erwartet, daß ich meinen Offizieren Menschenführung erst beibringen muß. Schließlich sind Sie Mr. Rookes unmittelbarer Vorgesetzter.« Er ließ die Worte wirken. »Erledigt«, schloß er dann. »Ich möchte nichts weiter dazu sagen.« Aber als er an der gegenüberliegenden Deckseite auf und ab schritt, wurde ihm klar, daß die Sache noch lange nicht erledigt war.
    Die nächsten Tage unterschieden sich nur wenig von den vorangegangenen: Segel- und Geschützexerzieren hatten den Vorrang vor dem sonstigen Dienstbetrieb an Bord. Die
Hyperion
hatte den letzten Landvorsprung Kataloniens gerundet und kreuzte mit Nordostkurs in den Golfe du Lion. Es war eine monotone Etappe, wenig geeignet, die allgemeine Gereiztheit und Nervosität zu beheben. Während seiner täglichen Spaziergänge an Deck war sich Bolitho seiner Isolation bewußt und der Schranke, die er selbst zwischen sich und den Offizieren aufgerichtet hatte. Doch sie mußte sein, das war ihm jetzt klarer denn je. Wenn sie wollten, konnten sie ihn ablehnen, sogar hassen; aber sie mußten zusammengeschweißt, zu einer Waffe geschmiedet werden, die er gebrauchen konnte, wenn die Zeit kam.
    Quarmes Haltung Rooke gegenüber begriff er immer noch nicht ganz. Sah er die beiden zusammen, dann kam ihm Quarme, der sonst in allen Dienstangelegenheiten sehr tüchtig und fleißig war, immer so merkwürdig nervös und unsicher vor. Vielleicht imponierte ihm Rookes adelige Herkunft. Es war sogar bei Stabsoffizieren (von ehrgeizigen Ersten Leutnants ganz zu schweigen) nichts Ungewöhnliches, daß sie sich bis zur Servilität von einem Untergebenen beeindrucken ließen, der vielleicht Einfluß bei Hofe oder im Parlament hatte und ihnen unter Umständen zu einer rascheren Beförderung verhelfen konnte. Aber das war hier wahrscheinlich nicht der Fall. Die beiden dienten zu lange auf dem gleichen Schiff, da hätte sich so etwas
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