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Nachtzug

Titel: Nachtzug
Autoren: Barbara Wood , Gareth Wootton
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noch knapp dreihundert Meter hinter ihm abquälte. Mit seinen mechanischen Armbewegungen erinnerte er ihn an eine Dampflokomotive, die unter Höchstleistung den Kampf mit einer Steigung aufnimmt.
    Die Sonne ging inzwischen über dem Horizont auf und erhellte den Himmel mit einem Licht, das einen für diese Jahreszeit ungewöhnlich heißen Tag verhieß. Als er sich dem See näherte, ließ Hartmann den Blick kurz über den gesamten Park schweifen und stellte zu seiner Zufriedenheit fest, daß er noch fast menschenleer war. Außer ihm war nur noch eine weitere Person zu sehen, auch ein Jogger mit seinem Hund, der auf der anderen Seite des Sees in die entgegengesetzte Richtung lief. Ein einziges Auto befand sich auf der Straße außerhalb des Parks. Es stand auf der Avenida del Libertador an der Abzweigung zur Avenida Sarmiento; anscheinend saß niemand darin. Am See wandte er sich nach rechts und warf einen kurzen Blick hinter sich, während er in gleichmäßigem Tempo weiter an der Avenida Infanta Isabel am Ufer des Sees entlanglief.
    Der Mann mit dem Hund hatte inzwischen den See umrundet und joggte nun ebenfalls an der Avenida Infanta Isabel entlang, ungefähr einhundert Meter hinter Hartmann und zweihundert Meter vor Ortega.
    Der Hund, ein riesiger Dobermann, trottete neben seinem Herrn her und zerrte gelegentlich voller Ungeduld so kräftig an der Leine, daß er diesen fast aus dem Gleichgewicht riß.
    »Ruhig, Drum.« Der Mann versuchte, den Hund zu beruhigen und faßte die Leine fester. »Ganz ruhig.«
    Die Straße, die hier von ziemlich dicht hintereinander stehenden Eukalyptusbäumen gesäumt war, verlief am anderen Ende des Sees in einem Bogen. Als Hartmann diese Kurve erreichte, schloß der Jogger mit dem Hund um fünfzig Meter zu ihm auf. Hartmann schaute nach rechts hinüber und erblickte den »Hipodrómo de Palermo«, wo die Pferde gerade ihr Morgentraining absolvierten. Es war so ruhig, daß er ihre Hufschläge hören konnte, während sie ihre erste Runde vollendeten.
    Als der Mann mit dem Hund hinter Hartmann in die Kurve lief, blickte er nach hinten. Ortega war nicht zu sehen. Dann hob er
     den {12} Arm, als wolle er jemandem ein Zeichen geben, und befreite, immer noch im gleichen Rhythmus weiterlaufend, seinen Hund von der Leine. »Los, Drum, faß ihn!«
    Der Dobermann hechtete in gewaltigen Sätzen los und näherte sich Hartmann. Währenddessen setzte sich der in der Kurve auf der Avenida del Libertador geparkte Wagen in Bewegung, beschleunigte und raste Richtung Parkeingang. Die Reifen quietschten beim Einbiegen in die scharfe Rechtskurve.
    Hartmann hörte, wie der Hund über das Pflaster auf ihn zustürmte, konnte das Geräusch aber zunächst nicht von den Hufschlägen der Pferde in der Ferne unterscheiden. Als er den Hund endlich bemerkte, war es bereits zu spät, denn das schwere Tier hatte schon Anlauf genommen und sprang ihm mit der Wucht seiner dreißig Kilogramm in Höhe der Schultern auf den Rücken, während es gleichzeitig seine mächtigen Kiefer in sein Genick grub.
    Durch den kräftigen Stoß des Hundes geriet Hartmann ins Straucheln, fiel mit ausgestreckten Armen vornüber und schlug mit dem Kopf auf dem Weg auf.
    Der Hundehalter hatte inzwischen zu Hartmann und dem Dobermann aufgeschlossen. Er hielt eine großkalibrige Pistole in der rechten Hand und befahl seinem Hund: »Faß ihn, Drum, faß ihn!«
    Adrian Hartmann, der immer noch unter dem Dobermann lag, fuhr den Mann eher wütend als verängstigt an: »Nehmen Sie endlich diese Bestie weg. Sie bringt mich noch um!«
    Doch plötzlich wurde Hartmann klar, daß es sich nicht um einen Unfall handelte.
    Inzwischen hatte der Wagen die Kurve hinter sich gebracht und befand sich ungefähr siebzig Meter hinter Hartmann. Ortega war völlig überrascht, als er sah, was sich vor seinen Augen abspielte. Dann blieb er stehen und griff mit einer raschen, aber ruhigen Bewegung nach seiner Waffe. Schwer atmend, bemühte er sich, genau zu zielen, und es gelang ihm noch, einen Schuß abzugeben, bevor er durch zwei Gewehrschüsse in die Brust getötet wurde, die aus dem Wagen abgefeuert wurden. In dem Augenblick als die Gewehrschüsse peitschten, lockerte der Hund seine Kiefer, und Hartmann nutzte sofort die Gelegenheit, um nach seinem handlichen kleinen Revolver zu greifen, den er hinten an der Hüfte trug. Er feuerte wahllos auf die beiden Män {13} ner, die auf ihn zurannten, und auf den Hundehalter, den er am Knie verwundete. Doch schon hatte ihn der
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