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Nachtwandler (German Edition)

Nachtwandler (German Edition)

Titel: Nachtwandler (German Edition)
Autoren: Jule Becker
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ein recht unbefriedigendes Stelldichein mit Rolf hatte? All das kann ich ihm schlecht auf die Nase binden, nicht solange ich nicht die geringste Ahnung habe, was hier überhaupt passiert. „Hast du Hunger?“, frage ich deshalb.
    „Du lädst mich zum Essen ein? Wird das ein Date?“ Er grinst bis über beide Ohren.
    Ich rolle mit den Augen. „Ich habe einfach Hunger und im ersten Stock ist eine ziemlich gute Pizzeria. Ich werde da jetzt hochgehen, mir etwas bestellen und es in meiner Wohnung essen. Komm mit oder lass es bleiben“, knurre ich.
    Sein Grinsen wird noch eine Nuance breiter. „Wie könnte ich denn widerstehen, bei einer solch charmanten Einladung?“, erwidert er.
    „Na dann komm“, sage ich, drehe mich um und trabe los. Er ist mir dicht auf den Fersen.
    Die Pizzeria ist um diese Uhrzeit noch gut besucht. Viele Gäste des Clubs nehmen hier noch ein spätes Mahl ein. Geöffnet ist in der Regel bis eins, aber Pino drückt gerne mal ein Auge zu - besonders am Wochenende. Solange die Küche noch nicht geputzt ist, wird niemand hungrig wieder weggeschickt.
    Pino kommt mir lächelnd entgegen. „Buona sera, Leonardo“, sagt er und schüttelt mir freundlich die Hand. Er reicht mir gerade einmal bis zur Brust.
    Ich höre Felix neben mir ganz leise kichern. „Denk nicht einmal daran!“, schieße ich in seine Richtung. Pino ist der Einzige, der mich ungestraft L eonardo nennen darf.
    „Hallo Pino. Machst du uns etwas zu essen und lässt es dann hochbringen, bitte?“, frage ich artig.
    „Si, naturalmente! Was soll es denn sein?“
    „Ich nehme eine Lasagne … und …?“ Ich drehe mich in Felix Richtung und sehe ihn fragend an.
    „Lasagne hört sich gut an“, meint er.
    „Zwei Lasagne. Darf es sonst noch etwas sein? Carpaccio vielleicht? Oder Salat?“ Pino sieht fragend von mir zu Felix und wieder zurück.
    „Das ist deine Chance, ich bezahle“, sage ich an Felix gewandt.
    „Carpaccio ist nicht so meins, aber einen Salat nehme ich gerne“, erwidert er und seine Mundwinkel verziehen sich zu einem Lächeln.
    „Ein Carpaccio noch für mich“, bestelle ich.
    „Zweimal Lasagne, ein Carpaccio und ein Salat“, wiederholt Pino, „halbe Stunde etwa. Ist das okay, oder seid ihr bis dahin verhungert?“, meint er lachend.
    „Wir werden es wohl gerade so bis dahin überleben“, gebe ich schmunzelnd zurück. Ich rechne im Kopf die Summe aus, addiere noch ein großzügiges Trinkgeld hinzu, und drücke Pino ein paar Scheine in die Hand. Früher hat er sich immer geweigert, von mir bezahlt zu werden, mittlerweile nimmt er das Geld jedoch an – wenn auch innerlich knurrend.
    „Gracie mille!“, antwortet er deswegen auch nur.
    Nachdem wir uns von Pino verabschiedet haben, setzen wir den Weg in meine Wohnung fort. Ich bin mir Felix Nähe plötzlich überdeutlich bewusst. Die ganze Zeit über konnte ich es unterdrücken, doch jetzt sind wir alleine und ich werde zusehends nervöser. Das ist im Grunde schon ein Widerspruch in sich, denn ich bin niemals nervös. In meinem Wortschatz existiert dieses Wort noch nicht einmal.
    Ich brauche zwei Anläufe, bis ich den Schlüssel im Schloss habe. Das erste Mal wäre er mir sogar beinahe aus der Hand gerutscht. Kein Wunder, wenn Felix hinter mir steht und mir seinen heißen Atem ins Genick bläst, oder? Mittlerweile hege ich auch den leisen Verdacht, dass Felix sehr genau weiß, was für eine Wirkung er auf mich hat.
    Irgendwann gibt das Schloss dann doch nach und wir stehen in meinem Flur. Ich knipse das Licht an und werfe den Schlüssel auf den Garderobenschrank.
    „Wow, ziemlich coole Hütte“, meint Felix. Er sieht sich neugierig um. Sein Blick bleibt schließlich an einem großen Akt hängen, der fast eine komplette Wand im Wohnzimmer einnimmt. Es ist eine Fotografie von mir selbst in Schwarz-Weiß, die mein Tattoo ziemlich gut einfängt. Das Gesicht ist abgewandt und liegt zudem im Schatten, so dass man nicht erkennt, wer der Fotografierte ist. „Schönes Bild“, meint er irgendwann.
    „Danke“, antworte ich nur und grinse. Er wird schon früh genug erkennen, wer das auf dem Bild wirklich ist. „Darf ich dir was zu Trinken anbieten?“, frage ich.
    „Im Moment noch nicht, danke. Vielleicht später“, antwortet er und kommt lächelnd auf mich zu. Auch heute weiche ich dem Versuch, mich küssen zu wollen, gekonnt aus und er trifft lediglich meine Kehle.
    „Ich werde es immer wieder versuchen“, flüstert er. Oh scheiße, ich hätte niemals für
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