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Nachtglut: Roman (German Edition)

Nachtglut: Roman (German Edition)

Titel: Nachtglut: Roman (German Edition)
Autoren: Sandra Brown
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fürchtete er, in ihren Augen die Reaktion auf seine Geschichte zu lesen. »Als ich hörte, daß Carl ausgebrochen war, mußte ich endlich meine Schuld bezahlen! Ich setzte meine Freiheit aufs Spiel, indem ich zurückkam; aber im Grunde war ich sowieso nie frei gewesen.«
    Ezzy saß lange schweigend da und studierte das Muster des Linoleums, ehe er zuletzt aufstand. »Sie haben Carl Herbold
geschnappt, Johnny, und das macht Sie zum Helden. Was die andere Sache angeht – ich bin nicht mehr im Dienst. Also bleibt sie unter uns. Sie haben mehr für mich getan, als sie ahnen, Johnny. Es reicht mir zu wissen, was seiner Zeit wirklich geschehen ist. Wie lange ist das schon her! Es spielt keine Rolle mehr, wie es damals dazu kam.«
    »Für mich spielt es eine Rolle«, erklärte Jack, und Ezzy sah ihn überrascht an. »Diese Nacht hat mein Leben geprägt, aber nicht endgültig. Es sei denn, ich lasse es dabei bewenden. Aber das will ich nicht. Wenn ich gleich die Wahrheit gesagt hätte, dann hätten weder Sie noch Delray den beiden Herbolds den Tod dieses Mädchens angelastet. Das Verhältnis zwischen Delray und den Brüdern hätte sich vielleicht ganz anders entwickelt.«
    »Nein, Johnny, die beiden waren von Grund auf verdorben. Ihr Verhältnis zu Delray stand ohnehin unter einem bösen Stern.«
    »Aber er hätte jedenfalls nicht mit Carls Drohungen leben müssen«, entgegnete Jack. »Anna und David wären nie in Todesgefahr geraten.« Eigensinnig schüttelte er den Kopf. »Nein, Ezzy, ich habe vielen Menschen das Leben schwergemacht  – auch Ihnen –, weil ich damals nicht gleich mit der Wahrheit herausrückte… Ganz egal, wie man’s nennt, ich habe meinen Vater getötet. Und möchte diese Schuld ein für allemal loswerden. Mit dieser kleinen Privatbeichte hier ist es nicht getan. Leiten Sie ein Verfahren ein. Veranlassen Sie die üblichen rechtlichen Maßnahmen. Verhaftung. Gefängnis. Prozeß. Was auch immer. Ich will es zum Abschluß bringen.«
     
    »Was soll das heißen, Sie wissen nicht, wo er ist? Kommt es bei Ihnen häufiger vor, daß Patienten verschwinden? Wer ist hier zuständig? Ich will meinen Mann sehen, und zwar auf der Stelle.«
    Cora stand im Schwesternzimmer und schimpfte wie ein
Rohrspatz. Die schüchterne kleine Lernschwester, die von Ezzys Flucht aus seinem Zimmer wußte, tat so, als wäre sie in irgendwelche Unterlagen vertieft.
    »Cora?«
    Beim Klang seiner Stimme wirbelte sie herum. Als sie ihn erblickte, begann ihr Kinn zu zittern. Sie biß die Zähne zusammen, um ihre Erregung zu verbergen, aber die Tränen in ihren Augen verrieten sie.
    Er schob sein quietschendes Infusionsgestell durch den Korridor und wünschte, er sähe mehr wie ein gestandener Mann aus und weniger wie ein Tattergreis. Bei diesem Wiedersehen nach so langer Zeit hätte er sich gern in Bestform gezeigt, frisch rasiert, gut gekleidet, stramm und kräftig. Und was zeigte er statt dessen: käseweiße Streichholzbeine, blaugeäderte bleiche Füße mit zu langen Zehennägeln, einen faltigen nackten Hintern, weil das verdammte Anstaltshemd sich nicht schließen ließ.
    Trotzdem schien sie überglücklich, ihn zu sehen. Cora stöckelte ihm durch den Korridor entgegen, machte aber dicht vor ihm halt, ohne ihn zu berühren. »Sie haben mich gestern abend angerufen und mir berichtet, was passiert ist.« Mehr konnte sie nicht sagen, weil ihr Kinn schon wieder außer Kontrolle geriet.
    »Bist du zurück?« fragte er.
    »Wenn du mich haben willst.«
    »Das wollte ich immer.«
    Er breitete die Arme aus, und schon lag sie an seiner Brust. Über die Herbolds würde sie alles aus Presse und Fernsehen erfahren; die Meldungen überschlugen sich, seit man die Leichen Cecil Herbolds und Connie Skaggs’ entdeckt hatte. Über Jack Sawyers Geschichte konnte er ihr später berichten und ihr klarmachen, wie ganz anders ihr Leben sich nun gestalten würde, da das Geheimnis jener Sommernacht gelüftet war.
    Sawyers Geständnis würde er an die Behörden weitergeben,
so hatte dieser es verlangt. Und wie er Cora kannte, würde sie dazu vorbringen, daß John Sawyer junior doch nur ein hilfloser Junge in einer ausweglosen Situation gewesen sei: daß er Gnade verdiene, nicht Strafe, zumal er den skrupellosen Carl Herbold getötet und Ezzy das Leben gerettet hatte – und daß Ezzy, wenn es zum Prozeß käme, für ihn aussagen müsse, und daß sie ihn und Anna Corbett zum Abendessen einladen sollten, um öffentlich ihre Unterstützung zu
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