Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nachtgeboren - Sinclair, A: Nachtgeboren

Nachtgeboren - Sinclair, A: Nachtgeboren

Titel: Nachtgeboren - Sinclair, A: Nachtgeboren
Autoren: Alison Sinclair
Vom Netzwerk:
den schlurfenden Schrittfolgen ihrer Fechtübungen. Anders als die nachtgeborenen Frauen, die eher eine dekorative Ruhe kultivierten, stand Floria nur selten still, immerzu damit beschäftigt, ihren Körper zu erproben und ihre Geschicklichkeit zu verfeinern.
    »Ich verstehe einfach nicht, warum sie mir mit einer so lächerlichen Lüge gekommen ist.«
    »Um tunlichst zu vermeiden, dir die ganze Wahrheit sagen zu müssen, wie zum Beispiel den Namen des Vaters«, bemerkte Floria scharfzüngig. Sie nahm ein Übungsrapier zu Hand, das Klirren der Schwerter war für ihn unüberhörbar, und er stellte sich vor, wie sie durch den Raum schlich und sich an die Fechtpuppe heranpirschte. Ein leises Schaben weicher Sohlen, und dann das dumpfe Geräusch beim Stoß einer Klinge. »Nimm meinen gut gemeinten Rat an und sieh zu, dass du sie bei Anbruch der Nacht schleunigst wieder loswirst. Sie wird schon irgendwohin können. Den ganzen Weg von ihrem entlegenen Landsitz hierher hat sie wohl kaum in einer Nacht zurückgelegt. Und für den Fall, dass du nicht zu Hause gewesen wärst oder sie nicht aufgenommen hättest, muss sie irgendeinen anderen Plan gehabt haben. Und obgleich es nur eine abstruse Geschichte ist, um ihre Torheiten zu verbergen, so ist sie nichtsdestotrotz die Verlobte von Ferdenzil Mycene, und die Gefahr, dass er davon erfährt, ist groß, viel zu groß. Der Mann ist gefährlich, und in diesem Fall hätte er zudem die gesellschaftliche Empörung auf seiner Seite. Er würde davon ausgehen, dass sie zu dem Vater ihres Bastards läuft, und du bist der Bruder ausgerechnet des Mannes, der ihr einst nachgelaufen ist. Wenn du schon nicht an dich selbst denkst, dann nimm wenigstens auf Telmaine und eure Töchter Rücksicht.«
    Floria, ging es Balthasar durch den Kopf, kannte sich ausgesprochen gut aus mit scharfen Dingen. Und sie gab wirklich kluge Ratschläge, selbst wenn er sie wahrscheinlich nicht befolgen konnte.
    Er sagte: »Floria, seit zwei Jahrhunderten gibt es immer wieder Magier, die versuchen, den Fluch rückgängig zu machen. Ist es möglich, dass tatsächlich irgendjemand damit Erfolg hatte?«
    »Höre ich da etwa einen Nachtgeborenen über Magie sprechen?«, erwiderte sie trocken.
    »Ja«, sagte er geduldig. Sie wusste ganz genau, dass er die Vorurteile seiner Rasse gegen die Magie nicht teilte. Auch ohne das schon seit Generationen währende Zusammenleben seiner Familie mit den Lichtgeborenen, die die Magie bewahrt hatten und weiterentwickelten, hätte ihn spätestens die Entscheidung seiner eigenen Schwester gezwungen, allen oberflächlichen Annahmen diesbezüglich zu entraten. Tatsächlich verfügte er selbst über eine Spur Magie, die sich allerdings nur als ein ungewöhnlicher diagnostischer Scharfblick offenbarte. Er war nicht in der Lage, durch bloße Berührung Gedanken zu lesen, so wie selbst der machtloseste echte Magier es konnte. Seine Schwester Olivede war jedoch sehr wohl dazu imstande, und zu weitaus mehr, und im Alter von zwanzig Jahren hatte sie sich entschieden, der achtbaren Gesellschaft den Rücken zu kehren, um als Ärztin und magische Heilerin in der Halbwelt zu leben. Abgesehen von der Magie war sie auch eine bessere Geburtshelferin als er, und er musste sie davon in Kenntnis setzen lassen, dass er ihrer Dienste wahrscheinlich schon sehr bald bedurfte. Tercelles Kind schien viel zu groß zu sein, als dass eine zierliche Frau wie sie es problemlos würde entbinden können.
    Wieder eine Schrittfolge mit den sanften, rhythmischen Lauten einer Aktion aus Angriff, Sammlung und erneutem Angriff. Ihr salle , so hatte sie es ihm erklärt, war ein komplett mit Spiegeln verkleideter Saal – die Spiegel reflektierten das Licht genau so, wie alle harten Oberflächen Ultraschall reflektierten. Sie und ihr Waffenmeister waren die beiden einzigen Personen, die Zugang zu diesem Raum hatten. Angesichts der Gefahr, die eine leichtfertige Klingenführung für die Papierwand bedeutete, stimmte ihn das natürlich froh, auch wenn er sich zugleich sicher war, dass es ihr dabei – so gern sie ihn auch hatte – weniger um ihn als um sich selbst ging. Denn in ihrem gefährlichen Gewerbe an dem nicht gerade ungefährlichen Hof ihres Prinzen brauchte sie ein sicheres, ganz persönliches Refugium. Weder die Prinzen der Lichtgeborenen noch deren Wachen aus der Familie Weiße Hand durften damit rechnen, sonderlich alt zu werden.
    »Der Prinz hat die Belohnung für das Brechen des Fluchs erhöht. Fünfzehntausend in
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher