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Nacht über Juniper

Titel: Nacht über Juniper
Autoren: Glen Cook
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es mir gleich. Nacheinander wandten der Schankwirt und seine Gäste die Blicke ab und sanken in sich zusammen. Alle bis auf den hochge- wachsenen dunkelhäutigen Mann, der allein im Schatten neben dem Kamin saß. Er zwinkerte uns zu und hob wie zum Gruß seinen Krug. Ich machte ein finsteres Gesicht. Seine Antwort bestand in einem Lächeln.
Otto gab aus.
»Einhundertdreiundneunzig«, sagte ich.
Candy verzog das Gesicht. »Zur Hölle mit dir, Croaker«, sagte er ohne Erregung. Ich hatte die Spiele mitgezählt. Sie waren Zeitgeber der Uhren unseres Lebens als Brüder der Schwar- zen Schar. Seit der Schlacht um Charm hatte ich mehr als zehntausend Spiele mitgemacht. Nur die Götter allein wußten, wie viele ich gespielt hatte, bevor ich begonnen hatte, mitzuzäh- len.
»Glaubst du, daß sie den Braten gerochen haben?« fragte Pfandleiher. Er war unruhig. War- ten kann einen unruhig machen.
»Ich wüßte nicht wie.« Candy ordnete sein Blatt mit übertriebener Sorgfalt. Ein deutliches Zeichen. Er hatte etwas Gutes in der Hand. Ich sah noch einmal auf mein Blatt. Ein- undzwanzig. Wahrscheinlich verbrannte ich mir dabei die Finger, aber es war das beste Mit- tel, um ihn aufzuhalten… Ich legte alles auf einmal aus. »Einundzwanzig.« Otto verschluckte sich. »Du Schweinehund.« Er legte ein Blatt ab, das für ein Ramschspiel
    gut geeignet gewesen wäre. Aber wegen einer Königskarte kam er auf Zweiundzwanzig.
Candy hatte drei Neunen, ein As und eine Drei. Grinsend strich ich wieder ein. »Wenn du das nächste auch gewinnst, schauen wir in deinen Ärmeln nach«, murrte Pfand- leiher. Ich sammelte die Karten ein und begann zu mischen. Die Hintertür knarrte. Alles erstarrte und blickte zur Küchentür. Dahinter rührten sich Män- ner.
»Madle! Wo steckst du, verdammt noch mal?« Der Schankwirt schaute mit leidendem Blick zu Candy hinüber. Candy machte ihm ein Zei- chen. Der Kneipier rief: »Hier vorne, Neat.« Candy flüsterte: »Weiterspielen.« Ich begann die Karten auszugeben. Ein Mann von etwa vierzig Jahren kam aus der Küche. Einige andere folgten ihm. Alle tru- gen grüne Tarnkleidung. Bogen hingen ihnen über den Rücken. Neat sagte: »Sie müssen die Kinder erwischt haben. Ich weiß nicht, wie, aber…« Er sah etwas in Madles Blick. »Was ist los?«
Wir hatten Madle hinreichend eingeschüchtert. Er verriet uns nicht. Ich starrte auf mein Blatt und zog mein Federrohr heraus. Ebenso meine Kameraden. Pfand- leiher warf seine aufgenommene Karte ab. Eine Zwei. Für gewöhnlich versucht er zu ram- schen. Sein Spiel zeigte seine Nervosität. Candy schnappte sich die abgeworfene Karte und legte eine Reihe aus As-Zwei-Drei aus. Er warf eine Acht ab.
Einer aus Neats Gruppe nörgelte: »Ich habe euch doch gesagt, daß wir keine Kinder los- schicken sollen.« Offenbar goß er gerade Öl auf die Glut eines alten Streites. »Gejammer von wegen ich-hab’s-euch-doch-gesagt kann ich nicht brauchen«, grollte Neat. »Madle, ich werde weitergeben, daß wir uns treffen müssen. Die Truppe muß sich auflösen.« »Wir wissen doch noch gar nichts Bestimmtes, Neat«, sagte ein anderer Grüner. »Du weißt, wie Kinder sind.«
»Da täuschst du dich. Die Hunde der Lady sind uns auf den Fersen.« Der Nörgler sagte: »Ich sagte euch doch, daß wir uns nicht mit diesen…« Er schwieg, als er einen Augenblick zu spät erkannte, daß Fremde anwesend und die Stammkunden alle kreide- bleich waren.
Neat griff nach seinem Schwert.
Es waren neun, wenn man Madle und einige Gäste mitzählte, die sich einmischten. Candy warf den Spieltisch um. Wir lösten unsere Federröhren aus. Vier Giftpfeile fegten durch den Schankraum. Wir zogen unsere Schwerter. Es dauerte nur Sekunden.
»Alles klar bei euch?« fragte Candy.
    »Ich habe einen Kratzer abbekommen«, sagte Otto. Ich untersuchte ihn. Nichts Ernstes.
»Zurück hinter den Tresen mit dir, Kumpel«, sagte Candy zu Madle, den wir verschont hat- ten. »Ihr anderen räumt hier auf. Pfandleiher, paß auf sie auf. Wenn sie auch nur daran den- ken, irgendwelchen Ärger zu machen, bring sie um.« »Was mache ich mit den Leichen?«
»Schmeiß sie in den Brunnen.«
Ich stellte den Tisch wieder auf, setzte mich und faltete ein Blatt Papier auseinander. Darauf war die Kommandokette der Aufständischen in Tally verzeichnet. Ich strich NEAT durch. Der Name stand auf halber Höhe. »Madle«, sagte ich. »Komm her.« Der Tresenmann kam herbei wie ein Hund, der sich auf Prügel gefaßt macht. »Ganz ruhig. Dir
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