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Nacht über Juniper

Titel: Nacht über Juniper
Autoren: Glen Cook
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hastig die Blätter aus. »Da.« Keiner hatte eine Karte, die höher als Fünf war. Aber Ottos Blatt hatte höhere Karten als die Blätter der anderen. Candy grinste. »Jau.«
Otto kam nicht zurück. Pfandleiher sagte: »Ich gehe nach oben und sehe mal nach.« »In Ordnung«, erwiderte Candy. Er stand auf und holte sich ein Bier. Ich behielt die anderen Männer im Auge. Sie wälzten Pläne. Ich starrte einen von ihnen an und schüttelte den Kopf. Eine Minute später kehrten Pfandleiher und Otto hinter dem dunkelhäutigen Mann zurück, der sich wieder in seine Schattenecke zurückzog. Pfandleiher und Otto machten erleichterte Gesichter. Sie setzten sich zum Spielen hin. Otto fragte: »Wer hat gegeben?«
»Candy«, sagte ich. »Du bist dran.«
Er legte ab. »Siebzehn.«
»Hä-hä-hä«, erwiderte ich. »Erwischt. Fünfzehn.« Und Pfandleiher sagte: »Hab euch beide erwischt. Vierzehn.« Und Candy: »Vierzehn. Das tut weh, Otto.« Wie vom Donner gerührt saß er einige Sekunden lang reglos da. Dann ging ihm ein Licht auf. »Ihr Schweinehunde! Ihr habt das zurechtgemischt! Ihr glaubt doch wohl nicht, daß ich dafür bleche…«
»Ruhig bleiben. Ein Scherz, mein Sohn«, sagte Candy. »Nur ein Scherz. Du warst sowieso mit Geben dran.« Die Karten kreisten, und die Dunkelheit brach herein. Es kamen keine neu- en Aufständischen mehr. Die anderen Gäste wurden noch unruhiger. Einige machten sich Sorgen um ihre Familien, daß sie zu spät kamen. Wie überall sonst kümmern sich auch die meisten Tallyländer bloß um ihr eigenes Leben. Ihnen ist es egal, ob die Weiße Rose oder die Lady die Oberhand hat.
Die wenigsten Sympathisanten der Rebellen machten sich Sorgen, wann der Hammer nie- dergehen würde. Sie hatten Angst davor, zwischen die Fronten zu geraten. Wir taten so, als wüßten wir nicht, was los war.
    Candy signalisierte: »Welche sind gefährlich?«
Wir besprachen uns kurz und wählten drei Männer aus, die vielleicht Ärger machen würden. Candy befahl Otto, sie an ihre Stühle zu fesseln. Den Hiesigen dämmerte allmählich, daß wir wußten, was zu erwarten war, daß wir darauf vorbereitet waren. Nicht gerade scharf darauf, aber vorbereitet. Der Überfalltrupp wartete bis Mitternacht. Sie waren vorsichtiger als die Rebellen, mit de- nen wir es sonst zu tun hatten. Vielleicht war unser Ruf schon zu wirksam… Sie kamen alle auf einmal. Wir feuerten unsere Federröhren ab und legten mit der Schwert- schwingerei los, zogen uns in eine Ecke gegenüber dem Kamin zurück. Der hochgewachsene Mann sah uns gleichgültig zu.
Es waren viele Rebellen. Viel mehr, als wir erwartet hatten. Sie kamen hereingestürmt, drän- gelten sich gegenseitig zur Seite, kletterten über die Leichen ihrer Kameraden. »Feine Falle«, keuchte ich. »Das sind gut hundert Mann.« »Jau«, sagte Candy. »Sieht nicht gut aus.« Er trat einem Mann in die Eier und schlitzte ihn auf, als er sich zusammenkrümmte.
Von einer Wand zur anderen war der Raum voll mit Aufständischen, und dem Lärm nach zu urteilen waren draußen noch viel mehr. Irgend jemand wollte nicht, daß wir hier her- auskamen.
Nun, das war auch der Plan.
Meine Nasenlöcher zuckten. In der Luft lag ein Geruch, der nicht hierherzupassen schien, der unter dem Angst- und Schweißgestank kaum zu spüren war. »Deckung hoch!« brüllte ich und riß einen nassen Wollklumpen aus meiner Gürteltasche. Er stank schlimmer als ein zer- quetschtes Stinktier. Meine Kameraden taten es mir nach. Irgendwo schrie ein Mann, dann noch einer. Stimmen vereinigten sich zu einem Höllenchor. Unsere Feinde rannten verwirrt und in Panik umher. Gesichter verzerrten sich unter Qualen. Männer fielen in sich windenden Haufen übereinander. Ich achtete darauf, mein Gesicht in der Wolle zu lassen.
Der hochgewachsene hagere Mann kam aus den Schatten hervorgeglitten. In aller Gelassen- heit begann er, Guerillas mit einem vierzehn Zoll langen silbernen Dolch abzustechen. Die Gäste, die wir nicht an den Stühlen festgebunden hatten, ließ er aus. Er signalisierte: »Man kann jetzt wieder atmen.« »Paß auf die Tür auf«, sagte Candy zu mir. Er wußte, daß ich Gemetzel dieser Art nicht mochte. »Otto, du kümmerst dich um die Küche. Ich und Pfandleiher helfen Schweiger.« Die Rebellen, die sich draußen aufhielten, versuchten uns mit Pfeilschüssen durch die Tür zu erwischen. Damit hatten sie kein Glück. Dann versuchten sie, das Haus anzuzünden. Madle bekam einen Wutanfall. Schweiger, einer der drei Zauberer der
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