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Nacht der Versuchung

Nacht der Versuchung

Titel: Nacht der Versuchung
Autoren: Heinz G. Konsalik
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versteckt. Ich kam einfach nicht von ihm los. Und als ich ihn dann erschossen hatte und er vor mir lag und ich ihn umdrehte, da hätte ich ihn küssen mögen. Nur das Blut, das über sein Gesicht floß, hat mich daran gehindert. Mein Gott, ich habe Fred gehaßt wie den Satan und geliebt wie die Sünde. Ob das ein Richter jemals verstehen kann?«
    »Wir wollen es abwarten, Usch«, sagte Margit kleinlaut. »Die besten Anwälte vertreten dich.«
    Dann schwiegen sie, sahen sich an, und sie wußten, daß sie jetzt beide an die gemeinsamen schönen Jahre dachten, an die Schule, an die Ausflüge, an das Abitur, an das verträumte, romantische und verfluchte Ferienhaus an der Ostsee bei Hellerbrode.
    »Du – «, sagte Ursula Fürst nach einer Weile. »Vater will sich von allem trennen, was uns Unglück gebracht hat.«
    »Das ist gut so, Usch.« Margit nickte mehrmals. »Das ist das beste, was dein Vater tun kann. Von euch wird das Haus doch keiner mehr besuchen.«
    »Nie, nie mehr!« sagte Ursula laut. »Ich könnte keine Nacht mehr darin schlafen.«
    Nach einer halben Stunde war die Besuchszeit zu Ende, Margit und Ursula gaben sich die Hand und sahen sich tief in die Augen.
    »Mach's gut, Margit«, sagte Ursula leise.
    »Mach du's besser!« antwortete Margit.
    Ihr alter Necksatz aus der Schule.
    Dann wurde Ursula durch eine schmale Tür hinausgeführt, und Margit verließ nachdenklich das Gefängnisgebäude.
    *
    Der Häuser- und Grundstücksmakler Emil Hatjes war es gewöhnt, daß Kunden zu ihm kamen mit dem Wunsch, ein Schloß zu kaufen und dann mit einem schlichten Einfamilienreihenhaus vorlieb nahmen, nachdem sie die Preise erfahren hatten. Daß aber jemand zu ihm sagte: »Kaufen Sie das, ganz gleich, was es kostet« – dies war schon ein Glücksfall im Leben eines Maklers.
    So war er besonders freundlich und zuvorkommend, als Margit Blankers, die Frau des Fabrikanten – natürlich kennt man den Namen, ich bitte Sie, gnädige Frau! – bei ihm Platz nahm, einen Kaffee ablehnte und zu ihm sagte:
    »Lieber Herr Hatjes, ich habe einen Auftrag für Sie.«
    »Schon ausgeführt, gnädige Frau.« Emil Hatjes, klein, dick und mit einer glänzenden Glatze, rutschte unruhig auf seinem Stuhl hin und her. »Ich habe da zum Beispiel ein Landhaus im Tessin! Ein Gedicht! Zehn Zimmer und Swimmingpool.«
    Margit schüttelte den Kopf. »Herr Fürst, der Reeder Fürst …«
    »Kenne ich!« warf der Makler schnell ein.
    »… verkauft ein kleines Haus an der Ostsee. Ein Ferienhaus aus Holz. Das möchte ich haben! Kaufen Sie es, überbieten Sie alle anderen Interessenten, es ist ganz gleich, was es kostet. Nur: Mein Name darf nie genannt werden. Erwerben Sie das Haus auf Ihren Namen.«
    Emil Hatjes nickte. Solche Worte waren Musik für ihn, von himmlischen Orgeln gespielt.
    »Ich werde alles dransetzen, das Objekt zu bekommen«, sagte er und notierte sich den Auftrag. »Wenn Herr Fürst wirklich verkaufen will, ist es morgen schon Ihr Haus!«
    Zwei Tage später rief Margit bei dem Häusermakler Hatjes an und erkundigte sich nach dem Stand der Dinge. Die Stimme Hatjes klang ein wenig wehleidig, als er antwortete.
    »Herr Fürst ist bereit, das Haus zu verkaufen. Ich habe Fotos gesehen, er hat sie mir gezeigt, und als er dann den Preis nannte, habe ich mich verabschiedet.«
    »Aber um Himmels willen!« rief Margit. »Ich habe Ihnen doch gesagt, daß Sie um jeden Preis kaufen sollen!«
    Man hörte, wie der Häusermakler Hatjes leise seufzte, ehe er weitersprach.
    »Gnädige Frau, ich bin ein alter Fuchs im Maklergewerbe. Ich weiß, was Häuser wert sind, und ich merke auch, wenn mich jemand aufs Kreuz legen will. Was Herr Fürst verlangte, ist einfach nicht akzeptabel.«
    »Bezahlen Sie es oder ich?« Margits Stimme nahm einen befehlenden Ton an. »Kaufen Sie, Herr Hatjes!«
    »Es widerspricht meinem Stolz als Makler, solch eine Summe für einen Holzkasten zu bezahlen. Dieser Herr Fürst ist – mit Verlaub gesagt – verrückt! Und Sie wären es noch mehr, Verzeihung, gnädige Frau, wenn Sie diesen Preis bezahlten.«
    »Dann werde ich verrückt sein, Herr Hatjes! Sagen Sie zu und kaufen Sie das Haus!«
    »Aber, gnädige Frau …«
    Margit legte auf, ohne Hatjes weiter anzuhören.
    Wenn er wüßte, wieviel mir dieses Haus wert ist, dachte sie. Und wenn ich allen Schmuck, den mir Klaus geschenkt hat, verkaufe, um die Summe zusammenzubringen – niemand wird dieses Haus an der Ostsee mehr bewohnen! Dieses verträumte Paradies zwischen
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