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NachSchlag

NachSchlag

Titel: NachSchlag
Autoren: Antje Ippensen
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ausgesprochen scheu.
    Weshalb lebte sie im Halbdunkel?
    Doch dann, eines Tages, konnte Armand eine ganz andere Seite an ihr entdecken …
    Und er hatte von Anfang an geahnt, dass es diese Seite gab.
    Strahlende, gleißende Sonne. April, aber so heiß wie Ende Juni. Er hatte sie zuvor angerufen und ihr freundlich mitgeteilt, in welcher Kleidung er sie zu sehen wünschte.
    Armand und Lea spazierten am Fluss entlang, er war mit Lederhose und petrolfarbenem Hemd bekleidet. Gespannt hatte er sie erwartet und festgestellt, sie hatte seine Anweisung befolgt, trug das wenige an körperbetonter Kleidung, was sie besaß, einen engen Rock samt Bluse, und trotz des Naturziels hatte sie sich gehorsam Pumps angezogen.
    Leicht strich der Wind über sie hinweg.
    Sie erzählten einander Reiseerlebnisse, doch schließlich kam der Punkt, wo sie beide schwiegen … verstummt waren und sich nur noch nacheinander räusperten, erst er, dann sie. Armand fand diesen Punkt immer am spannendsten.
    Er hielt nicht ihre Hand, das war zwischen ihnen nicht üblich. Sein Jägerinstinkt hatte genau gespürt, dass sie sich überhaupt nur deshalb mit ihm abgab, weil er nicht das Übliche tat. Er befummelte sie nicht, versuchte nicht, sie zu küssen. Ein einziges Mal, als sie in den Absatzschuhen zu straucheln drohte, hatte er ihren Arm gepackt, sie festgehalten und … bewusst schmerzhaft zugedrückt. Sie nonverbal befragt. Und schon da gefühlt, dass sie ihm
Antwort gab
.
    Mitten in das Schweigen hinein setzte Armand jene
Befragung
fort, jetzt wieder mit Worten.
    »Lea, ich möchte, dass du ein Büschel Brennnesseln pflückst und dir in den Ausschnitt steckst«, sagte er freundlich.
    Scheu sah sie zu ihm auf. Sie bat ihn nicht, das zu wiederholen, sie lachte nicht, sie fragte nicht empört: »Was?«
    Er sah sie in diesem magischen Moment sehr plastisch vor sich, ihre helle Haut, die türkisblauen Augen, die langen Wimpern, jede Pore und jedes winzige Fältchen, die kleine halbmondförmige Narbe am Kinn, eine Schluckbewegung im zarten Hals.
    »Ja, Herr«, antwortete sie, ging zu den frisch sprießenden brennenden Kräutern, kniete mitten in ihnen nieder, im kurzen Rock, und sie riss die Nesseln ab und steckte sie sich zärtlich und mit einem kleinen Lächeln um die Lippen zwischen ihre Brüste, indem sie ihre sandgraue Bluse ein Stück aufknöpfte …
    Und Armand beobachtete sie und fühlte seinen Schwanz hart werden und sich beharrlich pochend gegen die Lederhose drücken. Aber er nahm sich weiter Zeit.
    Ja, Herr
, hatte sie gesagt, obwohl er mit keinem Wort verlangt hatte, dass er so genannt werden wollte. Obwohl zwischen ihnen bisher nur in Andeutungen die Rede davon gewesen war, wohin seine Neigungen sich bewegten und was auch ihr, Lea, möglicherweise gefallen könnte …
    Die meiste Zeit über schaute Lea ihn nicht an, ihre tiefbraunen Wimpern blieben über die Augen gesenkt – auch das gefiel ihm sehr – und sie beide waren sich ihrer symbolischen Worte bewusst.
    Ja, Herr
.
    Sie konnten nicht so ohne Weiteres zurückgenommen werden.
    Später sollte er sich wünschen, das symbolische Band zwischen ihnen beiden fester geknüpft zu haben, mit weiteren Ritualen, aber damals schien es ihm ausreichend; er fühlte sich von Macht durchströmt, und er genoss es.
    »Sieh mich an«, sagte er leise zu Lea, und sie hob gehorsam den Blick.
    Und er las in ihren Augen, wie sehr sie ihrerseits den prickelnden Schmerz der Nesseln auf ihrer Haut auskostete, fast gierig schlürfte, er nahm in diesem Moment ihr Potenzial vollends wahr und konnte sicherlich nicht verhindern, dass dieses Entdecken als flammenhafter Triumph in seinem Gesicht aufzüngelte.
    Aber schon hatte die scheue graue Taube Lea ihre Augen erneut niedergeschlagen.
    Brav
. Er sagte es nicht laut, aber seine Finger streiften flüchtig ihren hellen Nacken. Dann führte er sie zu einem kleinen Waldstück am Fluss, nicht viel mehr als eine Baumgruppe, von sechs oder acht Weiden und Pappeln, wo sie den Blicken etwaiger Spaziergänger entzogen waren.
    »Ich muss nach Hause«, sagte Lea mit leicht vibrierender Stimme … und blieb wie angewurzelt stehen.
    »Oh, das kannst du ja auch«, sagte Armand, milde amüsiert. »Gleich. – Knöpf deine Bluse ganz auf.« Sein Ton wurde fast unmerklich schärfer.
    Sie gehorchte.
    »Hol deine Titten raus.« Da zuckte sie ein wenig zusammen, was Armand im Voraus gewusst hatte, denn das stille Wasser Lea hatte sich bis jetzt von derberen Ausdrücken dieser Art
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