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Nachrichten an Paul

Nachrichten an Paul

Titel: Nachrichten an Paul
Autoren: Annegret Heinold
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einen Wasserkocher, für einen Häcksler, drei Führerscheine, eine Scheidung und ein Stapel handgeschriebene Briefe. Diese Briefe hat eine Deutsche aus München an einen Portugiesen in Mangualde geschrieben. Auf Deutsch. Und nun hat seine Frau die Briefe im Schrank entdeckt und möchte natürlich wissen, was da drin steht. Und deswegen ist sie damit zur Sprachenschule und die haben sie mir gegeben. Um sie ins Portugiesische zu übersetzen. Ob das legal ist? Keine Ahnung. Die Frau möchte jetzt wissen, ob ihr Mann eine Affäre mit dieser Deutschen hat. Ein kurzer Blick in die Briefe und ich weiß: Ja, sie hat. Und sie weiß das plastisch zu schildern. Bin mir gar nicht sicher, ob ich da so richtig Passendes im Wörterbuch finde. Bin fast dabei mich festzulesen, die Frau in München hat´s wirklich richtig erwischt und sie ist sich nicht zu schade, das noch gründlich schriftlich auszuführen. Wenn hier eine Frau ein kopfloses Entenweibchen-Foto verdient hat, dann doch diese Frau.
    Ich nehme mich zusammen und komme zu meinem Tagesplan zurück. Der Tagesplan heißt: übersetzen und mit Paul abschließen. Damit fange ich an.
    Ich glaube, ich weiß, was das mit Paul ist. Meine Seele übt. Nach dreißig Jahren Ehe und fast einem Jahr Trauer hätte ich irgendwie gerne wieder eine Beziehung einerseits und andererseits vielleicht auch lieber nicht, und was liegt da näher als sich ein Objekt der Begierde in weiter Ferne zu suchen, einen Mann, den man nie und nimmer kriegen kann. Einen, der viel zu jung ist. Einen, der viel zu weit weg wohnt, und einen, der nicht mal einfach so reisen kann, weil er noch das Prinzesschen am Hals hat, das 13-jährige Souvenir aus seiner geschiedenen Ehe.
    Und deswegen gönne ich mir noch ein kurzes Schwelgen in Erinnerungen mit Paul und dann ist aber wirklich Schluss damit.
     
    Nach dem Ausflug auf den Grouse Mountain bin ich ins Haus auf Vancouver Island gefahren. Das Haus haben wir gekauft, weil Jan so gerne in Kanada war, als Basis für seine Angeltouren. Und jetzt gibt es das Haus und ich fahre hin, weil alle sagen, ich soll reisen und auf andere Gedanken kommen. Und übersetzen kann ich schließlich überall, weil es egal ist, wo man online ist und übersetzt. Vancouver Island klingt nach Nähe Vancouver, aber das ist nicht wirklich Nähe Vancouver, das Haus ist eine gute Tagesreise von Vancouver entfernt. Und auf dem Rückweg bin ich dann noch mal eine Woche in der Stadt geblieben und habe wieder bei Nicki gewohnt.
    Und plötzlich war ich drei Tage mit Paul unterwegs, ohne es so recht zu merken. Wir sind im Wald an der Uni spazieren gegangen, ein riesiger Wald wie ein Dschungel und das mitten in der Stadt, wir sind durch Downtown gelaufen, wir haben bei Chapters Bücher geguckt und im Corner Café Kaffee getrunken. Wir passen erstaunlich gut zusammen. Er ist ein jüngerer Bruder, ich bin eine ältere Schwester, das ist gut, da ist ein eingespieltes Muster da. Wir hören beide Bob Dylan und sind beide Fans von Kiki Lima. Und wir lieben beide Boris Vians Herbst in Peking .
    Zusammensein mit Paul ist easy und fühlt sich gut an. Wir können gut zusammen reden, aber wir müssen nicht andauernd reden. Klar gibt es auch Unterschiede. Filme zum Beispiel. Paul würde nie einen Film sehen, in dem nicht ein paar Tote und eine anständige Autojagd vorkommen. Ich dagegen bin mit den anspruchslosen Rosamunde-Pilcher-Filmen am Sonntagabend im Zweiten supergut bedient. Aber trotzdem – da war was. Ich habe es gefühlt. Am meinem letzten Tag gehen wir morgens bei White Spot frühstücken, damit ich noch mal Eggs Florentine essen kann und von Kanada Abschied nehmen, und nachmittags muss ich auf dem Flughafen sein. Nicki wird mich hinfahren. Paul und ich verabschieden uns vor dem White Spot. Ich versuche, ihn vorsichtig nach Portugal einzuladen, nur so als Andeutung. Paul sagt, mit dem Reisen ist es schwierig, er hat ja jedes zweite Wochenende die Prinzessin und deswegen kann er praktisch nicht weg aus Vancouver. Und ich weiß: Das war´s.
    Wir verabschieden uns. Wir sagen, wir skypen. Ich versuch´s, aber Paul versagt. Und deswegen ist jetzt Schluss damit. Das waren meine letzten Gedanken an Paul. Paul ist aus meinem Leben ab jetzt gestrichen. Ich sehe noch schnell in meine Facebook-Seite, ehe ich mit der Arbeit anfange. Da ist eine Nachricht von Paul wegen dem kopflosen Entenweibchen. Er schreibt: Da war nix zu machen. Die kam schon so ...
    Da hat er völlig recht. Genauso war´s. Ich sortiere die
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