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Nach dir die Sintflut

Nach dir die Sintflut

Titel: Nach dir die Sintflut
Autoren: Andrew Kaufman
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seltsame grünhäutige Frau hätte mich entführt.«
    »Du bist selbst grün!«
    »Nicht so grün wie du. Ich habe das Wasser vor so langer Zeit verlassen, dass meine Farbe fast verblasst ist. Jede Wette, dass du den Leuten Angst einjagst?«
    Aby warf einen Blick in den Rückspiegel.
    »Ich werde ihnen sagen, dass du mich betäubt und von zu Hause verschleppt hast. Du wirst in die Fänge ihres Justizsystems geraten und in eine enge Kammer gesperrt werden, wo du den Rest deines Lebens entwässert verbringen wirst. Du wirst an Land sterben, mit Luft in der Lunge. Hast du das verstanden?«
    »Ja.«
    »Hast du verstanden, dass ich es ernst meine?«
    »Ja.«
    »Wirst du jetzt wenden?«
    »Nein.«
    »Hatte ich mir auch nicht gedacht«, sagte Margaret.
    Der Regen hörte nicht auf. Die Scheibenwischer kamen Aby sehr laut vor. Ihre Hände klammerten sich ans Lenkrad. Aby hatte tatsächlich etwas gefunden, das sie im Wasser ungern tat - Auto fahren. Der Regen schien mit jedem Kilometer dichter zu werden. Aby musste sich immer stärker auf die Straße konzentrieren, trotzdem warf sie ihrer Mutter gelegentlich verstohlene Blicke zu.
    Margaret beugte sich vor und berührte die Windschutzscheibe mit dem Zeigefinger. Sie fing in der rechten oberen Ecke an und fuhr den Riss ab. Als sie bei der ursächlichen Macke in der Mitte angelangt war, drehte sie sich zu ihrer Tochter um, ohne den Finger von der Scheibe zu nehmen.

    »Dieser Teil von dir hat mir immer am besten gefallen. Ich mag es, wenn du mutig bist. Ich mag deine Sturheit. Die hast du ganz sicher nicht von Pabbi geerbt«, sagte Margaret. Beim Blick in den Fußraum bemerkte sie zum ersten Mal die Wasserflaschen. Aby hatte sie dort hingestellt, weil sie wusste, ihre Mutter würde nach dem Aufwachen sehr durstig sein.
    Margaret öffnete eine Flasche mit den Zähnen und sog drei Viertel des Inhalts in ihre Lunge. Sie legte den Kopf in den Nacken und stieß das Wasser durch Mund und Kiemen als Fontäne wieder aus, die in ihrem Gesicht landete und ihr über Augen und Hals lief.
    »Wir werden Folgendes tun«, erklärte sie. »Du fährst weiter nach Westen. Bis dein Tank leer ist, werde ich dir zuhören und dir eine Chance geben, mich zu überzeugen. Du darfst dir deine Argumente frei aussuchen. Ich werde ganz unvoreingenommen sein. Falls du Erfolg hast, werde ich freiwillig ins Wasser zurückgehen.«
    Aby schaute zur Seite und studierte das Gesicht ihrer Mutter. Sie meinte es ehrlich. Ihr Angebot überstieg alles, was Aby zu hoffen gewagt hatte. Sie wusste, dass ihre Mutter, berücksichtigte man ihre persönlichen Grenzen, einen mehr als großzügigen Vorschlag gemacht hatte. Aby warf einen Blick auf die Tankanzeige; die Nadel hing kurz unter halbvoll.

Fünfunddreißig
    Zimmers liebster Zeitvertreib
    Zimmer überprüfte alle siebzehn Videomonitore, um sicherzustellen, dass er bei E. Z. Storage allein war. Er warf einen Blick auf die Uhr - 7:05 am Morgen. Zu dieser Zeit kam selten ein Mieter vorbei. Er griff in seine rechte Hosentasche und zog einen dicken Schlüsselbund heraus. Er suchte ihn ab, bis er das ersehnte Objekt gefunden hatte: einen silbernen Schlüssel, etwas kleiner und dünner als die anderen.
    Zimmer nahm den Schlüssel zwischen Daumen und Zeigefinger, verließ das Büro und betrat das Erdgeschoss des Mietlagers. Im Vorbeigehen tippte er mit dem Zeigefinger der linken Hand alle Vorhängeschlösser an, bis alles im Flur schaukelte. Am Ende des Flurs betrat er den Aufzug und fuhr in den dritten Stock hinauf. Er ging direkt zu Lagerraum Nummer 387 und öffnete das Schloss mit dem kleinen, dünnen Silberschlüssel.
    Zimmer trat ein und machte sich daran, Kartons zu öffnen. Er fand einen mit Winterbekleidung und wickelte sich sechs Schals um den Hals. In einer anderen Kiste lag ein Cowboyhut, den Zimmer sich aufsetzte. Er öffnete Kartons voll mit altmodischen Küchengeräten, ungelesenen Büchern und Kinderspielzeug. Er fand eine Tasche mit Skistiefeln und Cross-Skiern, die er anlegte. Er trampelte einmal den Gang auf und ab.
    Zimmer stieg von den Skiern, zog die Skistiefel aus und ging in den Lagerraum zurück. Er legte die Schals und den Cowboyhut ab. Er packte alles genau so in die Kartons zurück, wie er es
vorgefunden hatte. Als er den Lagerraum verließ, warf er noch einen Blick über die Schulter, um sich zu vergewissern, dass alles am richtigen Platz stand. Zufrieden knipste er das Licht aus und schloss ab.
    Er stieg die Treppe in den zweiten Stock hinunter und
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