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Nach der Hölle links (German Edition)

Nach der Hölle links (German Edition)

Titel: Nach der Hölle links (German Edition)
Autoren: Raik Thorstad
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gesetzt hätte.
    Sein Blick schweifte zu dem kunstvoll gearbeiteten Tisch mit den passenden Stühlen, die seit dem Morgen seine Terrasse zierten. Er hatte nach wie vor Schwierigkeiten, die Anwesenheit der Möbel zu begreifen. Sie waren ein Geschenk von Saschas Vater, der sie selbst gebaut, mit dem Hänger nach Hamburg gefahren und bis zu diesem Tag bei Tanja untergestellt hatte. Bisher hatte Andreas nicht das Gefühl gehabt, dass er bei Dieter Suhrkamp besonders hoch im Kurs stand. Nur Sascha hatte von Anfang an etwas anderes behauptet. Sein Vater war im Winter einige Tage in Hamburg zu Besuch gewesen. Allein. Sascha hatte ihm sein Zimmer zum Schlafen überlassen und bei Andreas übernachtet.
    Bei der Gelegenheit hatte Dieter Suhrkamp nicht nur den Freund seines Sohnes kennengelernt, sondern nach einem Restaurantbesuch mit seinen Kindern und deren Partnern Andreas’ Wohnung angesehen. Dass man eine Dachterrasse haben konnte, ohne sie mit entsprechenden Möbeln auszustatten, war für ihn unfassbar. Schließlich wäre es eine Schande, im Sommer nicht auf der Terrasse zu grillen, wenn man eine solche Aussicht hatte.
    »Mit einem Liegestuhl und einer Hängematte kommt ihr da nicht weit«, hatte der Vater gesagt, aber deshalb hatte Andreas noch lange nicht damit gerechnet, dass er die Dinge selbst in die Hand nehmen würde. Abgesehen davon, dass das aufwendige Geschenk ihn verlegen machte und er am Telefon kaum gewusst hatte, wie er sich dafür bedanken sollte, glaubte Andreas, dass die Möbel Sascha fast noch mehr bedeuteten als ihm. Sie waren ein unübersehbares, liebevoll gebautes Zeichen. Sie sagten, was Dieter Suhrkamp nicht in Worte fassen konnte: »Sascha ist mein Sohn und bleibt es. Ich nehme Anteil an seinem Leben. Ich mag und respektiere seinen Freund – und es ist mir vollkommen egal, was meine Frau dazu sagt.«
    Andreas war froh für Sascha, der es im vergangenen Jahr nicht leicht gehabt hatte. Der Hass seiner Mutter hatte oft die Stimmung getrübt und war ihm nachts als Albtraum ins Bett gefolgt. Zu begreifen, dass die eigene Mutter einen endgültig aus ihrem Leben gestrichen hatte, war eine Kriegserklärung an das Selbstwertgefühl. Und obwohl Sascha das Problem von der logischen Seite her verstand und wusste, dass er nicht von ihrem Wohlwollen abhängig war, trauerte er.
    Dagegen konnte auch Tanja nichts unternehmen, die nach bitterbösen Streitgesprächen den Kontakt zu ihrer Schwester abgebrochen hatte. Prompt hatte Sascha ein schlechtes Gewissen bekommen und sie gebeten, sich diese Entscheidung noch einmal durch den Kopf gehen zu lassen. Aber Tanja war rigoros gewesen. Nicht nur, weil sie Sascha zur Seite stehen wollte, sondern auch, weil die neue religiöse Marschrichtung ihrer Schwester ihr suspekt war. Sogar die Überlegung, ob Karen Suhrkamp eventuell in eine Sekte geraten war, stand im Raum.
    »Soll ich etwa weiterhin Sina und Fabi in den Ferien zu ihr lassen? Oder mich Weihnachten mit ihr unter einen Baum setzen und damit rechnen, dass sie ihnen irgendwelche intoleranten Überlegungen einflüstert? Nein danke.«
    Niemand wagte, eine Prognose abzugeben, ob es einen Weg gab, Mutter und Sohn einander anzunähern. Das Warum war Andreas herzlich egal. Er sah, dass Sascha litt und hätte dessen Mutter gern die Meinung gesagt. Er wartete geradezu darauf, ihr eines Tages zu begegnen.
    Klirren aus dem Wohnzimmer ließ ihn aufsehen. Ein Schrei folgte, bevor jemand rief: »Alles okay! Nur ein Glas! Bleib draußen!«
    »Lasst die Bude heil«, rief er zurück.
    Bevor die letzte Silbe verhallt war, schob sich die Terrassentür auf und Triton kam schwanzwedelnd zu ihm gelaufen. Andreas setzte sich auf den Liegestuhl und nahm den Kopf des Hundes zwischen die Beine. Triton schnaufte zufrieden.
    Der Rüde entwickelte sich großartig, obwohl sie viele Grundsatzdiskussionen und brenzlige Momente hinter sich hatten. So hatte Triton in der Hundeschule anfangs ein schreckliches Theater gemacht. Dass sein Andreas fremde Hunde anfasste, wollte er nicht akzeptieren. Dass der Hundetrainer allerlei beängstigende, eigentümliche oder schlicht langweilige Aufgaben stellte, auch nicht. Paketboten? Gemeingefährlich. Straßenbahneinstiege? Potenziell tödlich. Hündinnen? Ein guter Grund, Andreas bei dem Versuch, mit ihnen Kontakt aufzunehmen, das Gelenk aus der Schulter zu reißen.
    Es hatte zwei Wochen gegeben, in denen Triton Sascha plötzlich bedrohlich fand und nicht in seinem Revier haben wollte. Kaum einen Monat später
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