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Nach der Hölle links (German Edition)

Nach der Hölle links (German Edition)

Titel: Nach der Hölle links (German Edition)
Autoren: Raik Thorstad
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neben ihnen nieder.
    »Nein, das verstehst du auch nicht, Triton«, wisperte Andreas. Ihm tat die Haut weh, die Zähne, sogar die Haare. Es schmerzte, Sascha so niedergeschlagen zu sehen, weil dessen Mutter ihn verstoßen hatte. »Das versteht niemand.«
    Sie regten sich nicht. Für den Augenblick war es richtig, auf dem Fußboden zu liegen, sich keinesfalls zu bewegen. Ab und zu murmelte Sascha ein Wort des Trotzes oder der Verzweiflung, manchmal küsste er Andreas’ Hals oder rieb die Nase daran.
    »Wir haben uns. Das kann uns niemand wegnehmen«, wollte Andreas sagen, aber sein Kehlkopf verweigerte ihm den Dienst. Der Trost war zu lächerlich. Später konnte er ihn anbringen, aber nicht jetzt.
    Als Sascha sich beruhigt hatte, wischte er sich mit seinem T-Shirt das Gesicht ab. Wie er dieses Kunststück vollbrachte, ohne sich aus ihrer Umarmung zu lösen, war Andreas schleierhaft.
    »Sorry. Sorry, dass ich dich vollheule. Was für ein saublödes Timing«, raunte er zittrig. »Ich hätte wissen müssen, dass es irgendwann so kommt. Aber jetzt sag, wie es bei dir gelaufen ist. Bitte.«
    »Überraschend«, erwiderte Andreas und setzte an, sich zu erheben. »Aber lass uns ins Bett gehen, ja? Ich kann dir nicht garantieren, dass ich nicht sofort nach meinem Bericht einschlafe.«
    »Klingt gut. Sehr gut sogar.«
    Als sie beide standen und Sascha sich über das Gesicht fuhr, kam Andreas ein unpassend warmer Gedanke in den Sinn. Ein Gedanke, der nicht in ihre Situation passte und doch so richtig schien, dass er sich ihm nicht entziehen konnte. Statt sich dem Wohnzimmer zuzuwenden und von dort ins Schlafzimmer gehen, erklärte er: »Geh schon mal vor. Ich komme gleich nach.«
    Sein Weg führte ihn in die Küche – und dort zu der Schublade, in der er allerlei Kleinkram sammelte. Er öffnete sie und spähte hinein, sah Strohhalme, Schuhcreme, Batterien und die Ersatzschlüssel für seine Wohnung. Es war die richtige Entscheidung. Sie war überfällig, denn er vertraute Sascha. Und Sascha vertraute ihm.
    Mit klopfendem Herzen griff er zu. Ging mit weichen Knien ins Schlafzimmer und ließ das kleine Lederetui auf Saschas Bauch fallen. »Hier.«
    Sein Freund richtete sich auf. »Was ist das?« Seiner Stimme war die Ahnung zu entnehmen, und Andreas musste lächeln; viel aufrichtiger, als er sich noch vor einer Minute hätte vorstellen können.
    »Die Schlüssel. Damit du das nächste Mal nicht vor der Tür sitzen musst, wenn ich noch nicht da bin. Und natürlich, damit du mit dem Hund rausgehen kannst.«
    Beide Gründe waren vorgeschoben.

Kapitel 44
    Sie hatten Andreas unnachgiebig und unter geheimnisvollen Andeutungen auf die Dachterrasse geschickt. Triton hatte das Prozedere mit misstrauisch erhobenem Kopf verfolgt, aber entschieden, den Menschen in der Wohnung zu vertrauen. Aus den Augen lassen wollte er sie dennoch nicht. Nun lag er in der Schiebetür zum Schlafzimmer und beobachtete wachsam das Treiben um ihn herum.
    Andreas war nicht böse um die Auszeit. Es war einer dieser Augenblicke, in denen er sich latent überfordert fühlte und gleichzeitig so euphorisch war, dass er nicht wusste, wie er seinen Gefühlen Herr werden sollte. Auf den Tisch zu springen und zu jubeln, war keine Alternative, sobald man das 15. Lebensjahr hinter sich gelassen hatte.
    Er schlenderte zur Brüstung und lehnte sich dagegen. Ihm war leicht zumute – und dafür war nicht nur die Mai-Bowle verantwortlich, die er beim Zubereiten fleißig probiert hatte. Die erleuchteten Straßenlaternen und die Lichter in den Fenstern der umliegenden Gebäude schienen am Rande seines Blickfelds zu tanzen. Nur wenn er sich auf sie konzentrierte, hielten sie brav still.
    Andreas schob die Hände über Kreuz in die Ärmel seines T-Shirts. Den Tag über war es warm gewesen, aber die Mainächte in Hamburg waren noch empfindlich kühl.
    Ein Jahr war vergangen.
    Aus seiner Wohnung drangen Gelächter, Getuschel, aufgeregtes Rufen und das Rücken von Möbeln. Wer hätte gedacht, dass ein Tag kommen würde, an dem er seinen Geburtstag mit einer ganzen Horde Besucher feiern würde?
    Sie waren alle gekommen: Katja mit ihrem neuen Freund, Isabell, Brain und Svenja, Mandy und die anderen Kollegen aus dem Tierheim, Sven, Michaela und Sarah aus der Hundeschule und einige Bekanntschaften aus seiner neuen Stammkneipe.
    Sascha war natürlich auch da und sah in seiner engen, schwarzen Bundeswehrhose so heiß aus, dass ein Teil von Andreas die Gäste am liebsten vor die Tür
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