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Nach all diesen Jahren

Nach all diesen Jahren

Titel: Nach all diesen Jahren
Autoren: Cathy Williams
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ihn einzunehmen.
    Als sie schließlich vor dem pittoresken Haus in einem idyllischen Dorf hielten, waren seine Nerven aufs Äußerste gespannt.
    „Erwarte bitte nichts Extravagantes“, warnte sie, als sie ausstiegen.
    „Glaub mir, nach der Einführung bei deinen Eltern erwarte ich gar nichts mehr.“
    Darauf zuckte sie zusammen, als hätte er sie geschlagen.
    „Ich wollte dir lediglich ersparen, dich verstellen zu müssen.“
    „Manchmal frage ich mich wirklich, was mit dir los ist, Sarah!“
    Er stieg aus und öffnete den Kofferraum, holte das Gepäck heraus und knallte den Kofferraumdeckel mit lautem Knall wieder zu. Oliver rannte auf seine Großeltern zu, die sie bereits in der Tür erwarteten. Sarah eilte ihm hinterher und umarmte sie.
    Raoul beobachtete das Familienidyll mit schmalen Augen, während er auf das Haus zuging. Sarahs Vater war ein stattlicher Mann, dessen Haar sich allmählich lichtete, und die Mutter eine ältere Version ihrer Tochter mit dem gleichen lockigen Haar, nur dass sie es zu einem Knoten geschlungen hatte. Sie trug einen wadenlangen, geblümten Rock, ein kurzärmeliges Top und eine rosa Strickjacke. Im Gegensatz zu ihrem Mann, der etwas zur Fülle neigte, war sie rank und schlank – und sie hatte Sarahs offenes, warmherziges Lächeln.
    Das sind also die Menschen, denen sie diese Schauergeschichten über mich erzählt hat, dachte er grimmig. Und aus ist es mit dem Traum, den glücklichsten Tag im Leben ihrer Tochter miterleben zu können. Dieser Illusion hat Sarah sie beraubt.
    Er nahm die Schultern zurück und setzte sein charmantestes Lächeln auf. Nichts verriet, wie ihm eigentlich zumute war.
    „Ich freue mich, Sie endlich kennenzulernen.“ Wie selbstverständlich legte er den Arm um Sarah und zog sie an sich. Sie verbarg ihre Überraschung – und vor allem, dass ihr Herz sofort anfing zu rasen. „Sarah hat mir so viel von Ihnen erzählt!“ Er hob ihr Kinn und sah ihr tief in die Augen. „Nicht wahr, Liebling?“
    Was hat er vor? fragte Sarah sich. Was immer es sein mochte, eins war ihm schon gelungen: Mit ihrer Gelassenheit war es vorbei. Dafür sorgten seine liebevollen Gesten, mit denen er sie den ganzen Tag bedachte. Glücklicherweise musste sie sich zwischendurch um Oliver kümmern oder ihrer Mutter in der Küche helfen. Das verschaffte ihr eine kleine Atempause.
    Raoul setzte sich neben sie auf die Couch, legte den Arm um sie, spielte mit ihrem Haar, strich ihr über die Wange und verhielt sich überhaupt wie der perfekte Schwiegersohn.
    Erst jetzt wurde Sarah klar, wie viel sie ihm von sich und ihrer Familie erzählt hatte. Er fragte ihre Eltern nach ihrer Kindheit. Zitierte Anekdoten wie ein Zauberer Kaninchen aus dem Hut zaubert.
    Selbst wenn sie ihren Eltern tatsächlich die Wahrheit über den Stand ihrer Beziehung gesagt hätte, würden sie es ihr jetzt nicht mehr glauben.
    Er erzählte von der Zeit in Afrika und davon, dass er das Projekt seitdem finanziell unterstütze, er berichtete über die Fortschritte, die es inzwischen in dem Dorf gab, und dass er sogar jemanden eingestellt hatte, der sich darum kümmerte, dass die Gelder am richtigen Ort ankamen.
    „Das war die schönste Zeit in meinem Leben“, gestand er, und Sarah wusste, dass er es auch so meinte. Es erschütterte sie bis in die Grundfesten, Raoul so zu erleben. So charmant, vital, lebendig … es war der Raoul, in den sie sich verliebt hatte, und den sie immer lieben würde.
    Als ihre Eltern um kurz nach zehn meinten, sie müssten doch müde sein nach der langen Reise, fühlte Sarah sich wie die sprichwörtliche Katze auf dem heißen Blechdach. Ihre Nerven waren zum Zerreißen gespannt.
    „Denk gar nicht daran, für Oliver aufzustehen“, rief ihre Mutter ihr nach. „Dein Vater und ich kümmern uns um ihn. Wir wollen ihn einmal ganz für uns allein haben. Ihr könnt also richtig ausschlafen!“
    Sie schliefen in Sarahs ehemaligem Mädchenzimmer, das inzwischen zwar renoviert worden war, in dem aber immer noch die Puppen und Plüschtieren aus ihrer Kindheit in den Regalen saßen.
    Als sie den Raum betrat, lag Raoul bereits frisch geduscht in Boxershorts auf dem Bett, die Hände entspannt hinter dem Kopf verschränkt. Schlagartig flohen alle Gedanken aus Sarahs Kopf. Sie wollte nur noch eins: seine Haut auf ihrer Haut spüren.
    „Ich gehe erst noch ins Bad“, verkündete sie.
    „Und ich werde auf dich warten – sehnsüchtig“, parierte Raoul und sah ihr hinterher.
    Zwanzig Minuten später
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