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Mythor - 087 - Der Hexenhain

Mythor - 087 - Der Hexenhain

Titel: Mythor - 087 - Der Hexenhain
Autoren: Wolf Paul
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mutlos und halbherzig, wie ich selbst es bin.
    Große Mäuler sind aus ihnen geworden, mit rostigen Schwertern und verkümmerten Herzen. Feige Bande! Kila Halbherz!
    Ich spucke aus.
    Aber ich darf hoffen. Meine bejammernswerten Kriegerinnen haben mir die Kunde gebracht, daß sich drei Mutige eingefunden haben. Sie werden gerade durch das Tor gebracht. Ich beobachte sie verstohlen aus einem verhangenen Fenster meiner Kemenate.
    Ich sehe eine Hexe in Purpur, eine stolze Amazone und einen Mann, der gerüstet und bewaffnet ist wie eine Frau. Einer von ihnen muß es tun, und es muß schnell geschehen, bevor sie von mir angesteckt werden. Meine Mutlosigkeit darf sich nicht auf sie übertragen. Fronja mit mir! Aber Fronja hat mich verstoßen, weil ich gegen ihre Gesetze der Ehre verstoßen habe.
    Esteke, die Winselnde, kommt und sagt:
    »Die Amazone Tertish will dir die Henkerin machen. Bestimme, daß ich deine Nachfolgerin sein soll.«
    »Was nach mir kommt, kümmert mich nicht.«
    Ich befehle, meinen hoffnungsvollen Gästen aufzutischen, was unsere Vorratskammer zu bieten hat. Dann mache ich mich in den Festsaal auf, betrete diesen jedoch durch einen Seiteneingang im Zwischengeschoß und stehle mich vorsichtig auf die Galerie hinaus.
    Hinter einer der Säulen hervor blicke ich zur Festtafel hinunter. Beim Anblick der drei Aufrechten wird mir ganz eigen zumute. Ja, ich darf diesmal wirklich hoffen, denn ich spüre es, daß keiner der drei zu den Mutlosen gehört. Es sind Wackere, Entschlossene - die Amazone wird es tun!
    Man kann das Wild riechen, den Sommerwind vom Herbststurm an seinem Geruch unterscheiden und auch den Atem des Winters, und ich atme in diesem Moment die Entschlossenheit der Amazone ein, sie riecht nach Henker.
    Ich eile zur Tür, zische ungeduldig, und die Winselnde kommt heran. Ich befehle ihr, die Vorbereitungen zu treffen, während meine Gäste noch Speise und Trank zu sich nehmen. Sie werden sich nicht daran stoßen, daß schon der Richtblock aufgestellt wird, denn sie wollen weiterziehen und werden es rasch hinter sich bringen wollen.
    Mein Sternmal blutet wieder, ich wische es an der Rockklappe ab - es sticht überall an meinem Körper wie mit tausend Dolchen. Dämonen, die um meinen Körper ringen, könnten mir nicht mehr Schmerzen bereiten.
    Ich verlasse die Galerie, eile die Haupttreppe ins Erdgeschoß hinunter. Überall stehen meine mutlosen Kriegerinnen herum, raunen und seufzen, sind ein wenig neidisch, aber ihre Hoffnung, daß sie mir bald werden folgen können, ist stärker als ihre Mißgunst. Wir hängen alle an einem Schicksalsstrang. Die bedauernswerte Henkerin, sie weiß nicht, was nach meinem Abgang auf sie zukommt! Aber wie ich schon Esteke sagte: Was nach mir kommt, kümmert mich nicht! Eine Gequälte wie ich muß zuerst an sich denken.
    »Willkommen bei meinem letzten Fest!« begrüße ich meine Gäste, beim Betreten des Saales. »Entschuldigt, daß ich mich nicht dem Anlaß entsprechend gekleidet habe. Aber auf Äußerlichkeiten lege ich keinen Wert.«
    »Und wie sieht es in deinem Innern aus?« fragt die Hexe.
    Darauf verweigere ich die Antwort.
    Der Mann starrt mich betroffen an. Die Amazone steckt sich einen letzten Bissen in den Mund und wischt sich die Hand an der Stuhllehne ab.
    »Bringen wir es hinter uns«, sagte sie leichthin. Das gefällt mir. Ich bin aufgeregt, daß meine Linke zu bluten beginnt. Ich balle sie zur Faust, eile zum Richtblock und lege mein Haupt darauf.
    Die Henkerin tritt neben mich hin, ich sehe nur ihre Beine und schließe erwartungsvoll die Augen. Und warte.
    »Tertish!« ruft der Mann. »Tu es nicht! Kannst du ein menschliches Wesen durch deine Hand so würdelos sterben lassen?«
    Halt den Mund, Männchen!
    Wo bleibt der erlösende Schwertstreich? Ich blicke zur Seite. Die Amazone namens Tertish hat ihr Schwert bereits erhoben. Sie hält es nur mit einer Hand, die Linke baumelt kraftlos von ihrer Seite. Ihre leicht gedrehte Handfläche fesselt meinen Blick.
    Ich hätte aufschreien können. Dort ist das gleiche Mal, mit dem auch ich gezeichnet bin. Der zwölfzackige Blutstern einer Todgeweihten. Ich schließe meine Linke fester.
    »Frage sie, was sie in ihrer Faust verbirgt, Tertish!« ruft die Hexe.
    »Erlöse mich endlich«, flehe ich. »Bitte!«
    Aber die Klinge senkt sich nicht herab. Dafür spüre ich an meiner Linken den festen Griff einer Hand, mit dem meine Faust gewaltsam geöffnet wird. Ich habe nicht die Kraft, mich zu
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