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Mystic Tales - Sammelband mit 4 Romanen (German Edition)

Mystic Tales - Sammelband mit 4 Romanen (German Edition)

Titel: Mystic Tales - Sammelband mit 4 Romanen (German Edition)
Autoren: Vanessa Farmer
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mir dein Gesicht anschaue. Hast du einen Zahn verloren? «
    » Scheiß auf den Zahn. Ich nehme mir ein Zimmer. «
    Sie blickt ihn direkt an. Eigentlich, denkt Richard, hat sie schöne Augen, und ihre Lippen sind voll und vermutlich süß wie frische Kirschen.
    » Du könntest bei mir bleiben. Mutter ist in London. «
    » Man wird darüber reden. «
    Sie lacht frech. » In Bluehaven redet sowieso jeder über jeden. Dann kommt es darauf auch nicht mehr an. «
    » Man wird dich für ... so eine halten. «
    Nora winkt ab. » Unsinn. Jeder weiß, dass ihr kein Geld mehr habt. Und der Vater predigt Nächstenliebe. «
    Richard nickt. So kann man es auch sehen. Soeben will er sich aufmachen und Nora folgen, als sich die Schanktür öffnet. Kenneth Blackmore tritt ins Licht, sein Stand ist erstaunlich fest. Neben ihm Tom Morris und Stak Brian. Im Hintergrund trinkt Bürgermeister Ethanial Lorman.
    » Hallo Sohn « , sagt Blackmore. » Wie geht es den Schafen? «
    » Sie blöken noch, Vater. «
    » Und wie geht es dir? «
    » Auch ich blöke noch. «
    » Ist das die neueste Mode? « Blackmore tippt auf seine Wange. » Oder hat dir der neue Besitzer von Gut Blackmore eine Abreibung verpasst? «
    » Eine Abreibung. «
    Blackmore nickt dunkel. Morris und Brian knurren.
    Blackmore sagt laut, damit es so viele wie möglich hören: » Manchmal glaube ich, es wird Zeit, dem Treiben dieses Mannes ein Ende zu setzen. «
    Morris und Brian grummeln bestätigend.
    » Vielleicht sollte man sich mal im Corner treffen und darüber sprechen? « , fragt Blackmore scheinheilig.
    » Wann, Vater? « , will Richard wissen.
    » Komm rein, Sohn. Hier bekommst du ein Zimmer. Schlaf dich aus. Wenn Nora will, kann sie dich pflegen. Allerdings nur das und nicht mehr. Wir wollen die Sünde nicht fördern. «
    Sagt der Obersünder vor dem Herrn!, denkt Richard trübe.
    » Und später setzen wir uns zusammen und überlegen, was wir gegen Clifford Gald ausrichten können. « Blackmore ist zufrieden und öffnet die Schanktür.
    Etwas traurig sehen Nora und Richard sich an, aber pflegen ist ja immerhin auch etwas. Also folgt Richard der Anweisung seines Vaters.
    Tabakrauch schlägt ihm entgegen. Es ist glitschig, denn die Spucknäpfe sind überfüllt, und das Stroh, welches den Boden bedeckt, ist alt. Es stinkt nach abgestandenem Bier und nach altem Fleisch, dazu kommen Schweiß und Fürze.
    » Und wie geht es Emily? « , fragt Blackmore.
    » Ich dachte schon, du fragst nie nach ihr « , sagt Richard unwillig, stöhnt unter Schmerzen, und lässt sich, ohne die Frage zu beantworten, von Nora nach oben führen, wo ein Bett auf ihn wartet.
     
     
    Nachdem Richard sich davongemacht hatte, musste Emily den toten Keiler lassen, wo er war, was sie mit Trauer erfüllte. Das Tier war vergeblich gestorben. So stellte sie sich die Jagd nicht vor. Töten, nur um zu töten lag ihr fern, andererseits hatte das Tier sie angegriffen, und es hatte keine andere Möglichkeit gegeben.
    Sie reitet an Schafherden vorbei nach Gut Blackmore und sieht Galds Gaul, der auf der Koppel grast, abgesattelt und geputzt.
    Sie betritt das Haus und lauscht. Noch vor ein paar Tagen war das Haus von Stimmen und Geräuschen der zwei Bediensteten erfüllt gewesen, nun ist alles still. Sie schließt die Tür und beschließt, sich zu reinigen, bevor sie eine Mahlzeit bereitet.
    Wo ist Clifford?
    Es ist das erste Mal, dass sie den Mann in Gedanken beim Vornamen nennt. Hat er das verdient? Er war Richard gegenüber grausam und hart, aber kann man es ihm verübeln? Hätte er ihren Bruder getötet oder den Arm gebrochen? Wie auch immer, er hat ihr mit einer mutigen und selbstlosen Tat das Leben gerettet.  Außerdem verlor er seine Hunde, was ihn zweifellos traurig macht. Sie wundert sich, dass sie sich fast schon danach sehnt, ihn zu hören. Nein, Sehnen ist das falsche Wort. Sie hat das Bedürfnis nach einer Aussprache.
    » Mister Gald! « , ruft sie.
    Nichts.
    » Sind Sie im Haus? «
    Schweigen.
    Also macht er einen Spaziergang? Oder ist er im Stall? Nein, dort war sie und hat das Pferd in die Box gebracht. Vielleicht im Schurhaus? Aber was will er da? Trauern? Um seine Hunde weinen? Nein, einer wie Clifford Gald weint nicht.
    » Haaaallo! «
    Eine schwere Hand legt sich auf ihre Schulter, und sie wirbelt herum. Ihr Atem geht stoßweise.
    » Entschuldigen Sie. Ich wollte Sie nicht erschrecken « , sagt Clifford Gald mit warmer Stimme. » Ich habe den Weinkeller inspiziert und mich womöglich zu
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