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My Story. Streng geheim. - Aller guten Jungs sind drei

Titel: My Story. Streng geheim. - Aller guten Jungs sind drei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cbj Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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tat das nicht leise und ladylike, sondern so richtig unverschämt laut. Da zog Ignaz mich weiter - Richtung Hochsitz, Richtung belegte Brote und Almdudler. »Was bitte ist der Unterschied zwischen einem Freundschafts- und einem Liebeskuss?«, wollte er wissen. »Falls es da überhaupt einen Unterschied gibt, Zippi, was ich bezweifle.«
    »Deine Zweifel kannst du dir an den Hut stecken. Und wenn’s dich interessiert, werde ich dir den Unterschied erklären. Aber erst …« Ich stand an der Leiter, die zum Hochsitz gehört, und drehte mich zu Ignaz um. »… aber erst wenn ich was gegessen habe. Oder willst du eine Hungerleiche über die Wiese schleppen?«
    Das brachte Ignaz zum Lachen. Da wusste ich, dass ich gewonnen und den Abend gerettet hatte.

Augenblicke der Sehnsucht
    E inträchtig saßen wir auf dem Brett, das auf dem Hochsitz als Bänkchen dient, tranken Kräuterlimo und aßen Butterbrote mit dicken Salamischeiben. Da wo die Sonne hinter die Berge gesunken war, schimmerte der Himmel rosenrot, sonst war er einheitlich blaugrau. Das Blaugrau wurde immer dunkler, die Tannen und Fichten wechselten die Farbe von Normalgrün zu Dunkelgrün bis fast Schwarz, und als die Wiese ihr Grün gegen Grauschwarz getauscht hatte, standen die ersten Sterne am Himmel, und schließlich gesellte sich auch der Mond zu ihnen. Schön war das.
    Als ich das Butterbrotpapier zusammengeknüllt und in die Tüte zurückgesteckt hatte, traten die Rehe auf die Wiese.
    Das ist der Augenblick, den ich jeden Abend herbeisehne - und fürchte. Ich sehne ihn deshalb herbei, weil die Tiere so schön sind. Ich fürchte ihn, weil sie mich immer an meine Mutter erinnern - besser, sie erinnern mich daran, dass ich ihr die Rehe so gerne zeigen würde. Aber das geht ja nicht, meine Ma hat vor zwei Jahren die Fliege gemacht. Noch heute weiß ich nicht, weshalb sie an diesem fürchterlichen Sonntagmorgen nicht mehr bei uns war und auch nicht mehr zurückgekommen ist. Gut, sie schickt mir mindestens einmal die Woche einen Brief. Aber Leute, was ist schon ein Brief!? Ich überfliege ihn, ich knülle ihn zusammen, ich werfe ihn ins Klo und spüle
fünf Mal nach. Dann ist er garantiert weg und meine Tränendrüsen stellen ihre Arbeit ein. Keine Ahnung, weshalb ich einer so bescheuerten Mutter fünf schöne Rehe zeigen möchte …
    »Du, Zippi, jetzt hast gegessen. Jetzt sagst mir den Unterschied, ja?«
    Normalerweise legte Ignaz immer den Arm um meine Schultern. An diesem Abend ließ er’s bleiben. Das ärgerte mich. Ich fuhr mir kurz über die Augen und beschloss, Ignaz lieber Emirs Geheimtipp zu verraten. Wenn Emir nämlich wirklich das Training in Angriff nehmen würde, könnte er’s ja doch nicht lange verheimlichen; also beging ich keinen Vertrauensbruch, wenn ich Ignaz jetzt den Sachverhalt schilderte.
    Was ich in aller Ausführlichkeit tat. Ich schilderte, was die beiden Männer in Lederhosen samt Hosenträgern gesagt hatten, ich schilderte, was Emir gedacht und mir gesagt hatte, und dass er mich fragte, ob ich an ihn glaube. Ich schilderte, dass ich an Emir glaube und er mich daraufhin - aus reiner Dankbarkeit nämlich - in die Arme geschlossen hatte.
    Vom Kuss sagte ich nichts und auch nichts davon, wie vertraut sich Emir angefühlt hatte. Ich fand, das ging Ignaz nun wirklich nichts an, wo er doch alles andere so ausführlich geschildert bekommen hatte. Leider legte Ignaz noch immer nicht seinen Arm um meine Schultern.
    »Meinst du wirklich, er kann sich das Schwindelgefühl abtrainieren?«, fragte er ungläubig.
    »Na ja, ich wünsche es ihm jedenfalls«, wich ich aus. »Scheint doch eine todsichere Methode zu sein. Ich meine, wenn’s bei der Frau funktioniert hat, könnte es auch bei Emir klappen.«
    »Klingt logisch.« Ignaz schaute auf die Rehe, kreuzte die Arme vor der Brust und schwieg lange. Dann hob er den Kopf. »Dein Freundschaftskuss, der kein Loverkuss gewesen sein soll … Zippi, gib’s zu, das klingt nicht logisch.«

    »Warum denn nicht?«
    »Ihr wohnt in derselben Stadt, ihr seid seit einer Ewigkeit Freunde, und du hast mir gesagt, er und seine Oma hätten dir, als deine Mutter gegangen ist, zur Seite gestanden.«
    »Eben drum war’s nur ein Freundschaftskuss«, antwortete ich leise.
    »Ehrlich?«
    »Total ehrlich.«
    Da! Endlich zog Ignaz mich an sich. Mann, das hatte gedauert! Jetzt roch ich den typischen Ignaz-Geruch, ich kuschelte mich an ihn und dann küssten wir uns. Der Kuss dauerte sehr, sehr lange, aber danach wusste

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