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Mutti ist die Bestie: Die heimliche Diktatur vieler Mütter (German Edition)

Mutti ist die Bestie: Die heimliche Diktatur vieler Mütter (German Edition)

Titel: Mutti ist die Bestie: Die heimliche Diktatur vieler Mütter (German Edition)
Autoren: Torsten Milsch
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steckt ihre Diener in Frauenkleider, verbietet ihnen die Ehe und verlangt als wichtigste Tugend Gehorsam.
    Vielleicht fühlen sich Mutti-Kinder vom Mutterschoß der Kirche und ihren hierarchischen Strukturen eher angezogen und können sich besser einpassen als andere? Die Suche nach dem Vertrauten gibt Sicherheit in einer verwirrenden Welt. Die ausgeprägten Abhängigkeitsstrukturen innerhalb von Kirche und Kurie fördern wiederum die Indoktrination. Für den Klerus hat nur ein Tausch der Ideologie stattgefunden. In der Familie hieß es: »Was Mutti sagt, ist richtig.« In der Kirche heißt es: »Was der liebe Gott sagt, ist richtig.« Und die Auslegung dessen, was Gott sagt, liegt bei den Kirchenoberen.
    Alle paar Jahre wird in der katholischen Kirche die Diskussion über den Zölibat neu angestoßen, und genauso regelmäßig verschwinden die Protagonisten wieder in der Versenkung. Ein Beispiel dafür ist der offene Brief an die Bischöfe und den Papst, den immerhin 144 Theologen im Februar 2011 verfassten und in dem radikale Veränderungen gefordert werden. Die Theologieprofessoren sind den Bischöfen unterstellt, und so war es ein riskanter Akt, die Petition zu unterschreiben. Laut einem Bericht der Süddeutschen Zeitung vom Februar 2011 hätten sich noch mehr Unterstützer gefunden, aber »mancher Wissenschaftler steckt gerade in einem Berufungsverfahren oder weiß um den strengen Ortsbischof – und unterschreibt besser nicht«. So stellt der Vorstoß der 144 Theologen einen beachtlichen Versuch der Rebellion dar. Ihre Wünsche für die Zukunft: das Ende des Pflichtzölibats, mehr Mitbestimmung bei der Auswahl der Bischöfe, die Ordination auch von Frauen und das Akzeptieren homosexueller Ehen durch die Kirche.
    Das sind durchaus Themen, die an der fest zementierten Ideologie der Kirche rütteln. Doch wieder entsteht kein offener Dialog, auch dieser Aufruf zum Gespräch prallt an glatten Mauern ab, in denen sich kein noch so kleiner Spalt auftut. Bisher wurde die Diskussion immer abgeschnürt und jede Reform verhindert. Diese Vorgänge, seit Jahrhunderten wiederholt, sprechen der Entwicklung einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft Hohn. Einer Gesellschaft, die sich Aufklärung, Einfühlung und Dialog auf die Fahnen geschrieben hat.
    Die Beständigkeit der Kirchen wird getragen von manipulierten, folgsamen und autoritätsgläubigen Menschen; das funktioniert im Christentum ebenso wie im Islam. Würden nicht die Muttis dafür sorgen, dass immer neue Diener des Herrn heranwachsen, wäre längst Schwung in die verkrusteten Strukturen gekommen. Doch letztlich akzeptieren noch immer viel zu viele ein Machtwort der Oberen. Seien es nun die Bischöfe, die die Diskussion beenden, oder Politiker, die ebenfalls die »Basta-Diktatur« beherrschen. Frei nach dem Motto: Jetzt, Kinder, ist genug geredet. Jetzt sage ich, wo es langgeht.
    An allen wichtigen Knotenpunkten der Gesellschaft haben sich Institutionen etabliert, die wie Mutti bestimmen, was richtig und was falsch ist. Dort, wo eine angeblich bessere Wissenschaft oder Weisheit herrscht, wird das Hinterfragen von alternativen Entscheidungen diskreditiert und sogar bestraft – ganz gleich, ob es sich um Konzepte zur Kindererziehung, Rauchergesetze oder um das rigorose Denken von Randgruppen handelt, die es durch viel Lobbyarbeit geschafft haben, ihr Thema zu dogmatisieren.
    Mutti ist überall!

2
    Mutti will doch nur das Beste
    Luzia lebt mit ihrer Familie in einem liebevoll eingerichteten Neubauhaus. Im Wohnzimmer steht eine elegante Ledersitzecke; die Sofakissen sind sorgfältig auf die übrige Einrichtung abgestimmt, auf dem Couchtisch mit der Glastischplatte steht in passender Vase ein schön arrangierter Blumenstrauß.
    Ich bin zum Brunch eingeladen und finde mich mit ihrer Familie an einem üppig geschmückten und mit allen erdenklichen Leckereien gedeckten Tisch wieder. Eigentlich wollten wir ja nach dem ausgiebigen Frühstück einen gemeinsamen Spaziergang machen, doch das Wetter ist schlecht. Luzias Tochter Maja verschwindet in ihrem Zimmer, ihr Mann Holger setzt sich mit mir ins Wohnzimmer.
    »Ich bin gleich bei euch«, verspricht Luzia, »ich mach noch schnell ein bisschen Ordnung.«
    Ich finde das Zimmer eigentlich aufgeräumt genug, aber bitte. Wir setzen uns aufs Sofa, doch ein Gespräch mit dem laufenden Staubsauger im Hintergrund ist nicht möglich. Also schlagen wir erst einmal unsere Sonntagszeitungen auf. Ich versuche zu lesen, kann mich aber
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