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Murray, Paul

Murray, Paul

Titel: Murray, Paul
Autoren: Skippy stirbt (Teil 3)
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Decke
und hält Optimus Prime, den Anführer der Autobots, in der offenen Hand. Von der
Wand gegenüber heult das leere Bett mit den frisch gestärkten, klinisch weißen
Laken ihn an wie eine Lokomotive.
    Die Sonne ist schon lange untergegangen, und das einzige
Licht im Raum kommt von dem Computerbildschirm, wo das Suchprogramm nach
außerirdischer Intelligenz sich gewissenhaft durch das Sperrfeuer
unverständlicher Geräusche arbeitet, die jede Sekunde auf die Erde einprasseln,
und nach allem sucht, was einem Muster ähneln könnte. Ein paar Minuten sieht
Ruprecht zu, wie die Balken über den Bildschirm defilieren und am anderen Ende
im Orkus verschwinden. Dann steht er auf und fährt den Computer herunter.
    Der Schulvorstand tagt schon fast drei Stunden in strenger
Klausur, als Bruder Jonas an die Tür von Howards zehnter Klasse klopft und ihn
ins Büro des kommissarischen Direktors beordert.
    Toms Gesicht ist das Einzige, das sich bei Howards
Eintreten nicht zu ihm umwendet. Neben Pater Green, dem Automator und Pater
Boland, dem Vorsitzenden des Schulvorstands - eine jener gepflegten,
silberhaarigen, alterslosen Erscheinungen, die eine Aura von Ansehen und Macht
umgibt, ohne dass sie je auch nur einen einzigen bemerkenswerten Gedanken
geäußert hätten -, sind noch zwei Howard unbekannte Männer anwesend. Der eine
ist ein Pater, klein und hager, mit verschlagenen Zügen und ständig mahlendem
Unterkiefer, als kaue er auf etwas Unverdaulichem herum; der andere ist ein
harmlos aussehender Mann von vielleicht vierzig mit randloser Brille und
beginnender Glatze. Bruder Jonas bleibt abwartend bei der Tür stehen; Trudy,
die einzige Frau im Raum, fuhrwerkt erwartungsvoll mit Stift und Protokollblock
herum.
    »Nun denn, zunächst einmal sollten wir uns vergewissern,
dass wir hier alle von den gleichen Voraussetzungen ausgehen«, verkündet der
Automator gewichtig. »Howard, haben Sie bezüglich Ihrer Mitteilung von heute
Morgen noch irgendetwas anzufügen, zurückzunehmen oder abzuändern?«
    Sieben Augenpaare bohren sich in ihn hinein. »Nein«, sagt
Howard.
    »Immerhin handelt es sich dabei um sehr ernste Anschuldigungen«,
mahnt der Automator.
    »Es sind keine Anschuldigungen, Greg. Ich habe exakt das
an Sie weitergegeben, was Tom ... was ich gestern Abend von Mr. Roche erfahren
habe.«
    Das wird mit frostigem Schweigen quittiert; der
silberhaarige Vorsitzende gestattet sich ein leises Kopfschütteln. Howard wird
rot. »Wollen Sie damit andeuten, ich hätte es nicht weitergeben sollen? Wollen
Sie andeuten, ich hätte zuhören sollen, wie er ein Verbrechen gesteht, um ihm
dann auf die Schulter zu klopfen und ihn frohgemut nach Hause zu schicken?«
    »Niemand ergeht sich hier in irgendwelchen Andeutungen,
Howard«, herrscht der Automator ihn an. »Wir wollen doch versuchen, sachlich
zu bleiben.« Mit geschlossenen Augen massiert er sich kurz die Schläfen und
sagt dann: »Okay. Gehen wir es noch einmal durch. Trudy?«
    Trudy erhebt sich vom Stuhl, ordnet ihre Papiere und
verliest mit klarer, neutraler Stimme, was Howard über sein Erlebnis am
vergangenen Abend zu Protokoll gegeben hat: Irgendwann zwischen elf und zwölf
habe er bei sich zu Hause die Tür geöffnet und Mr. Roche in aufgelöstem Zustand
vorgefunden; nachdem er ihn hereingeholt und ihm einen Tee gemacht hatte, habe
Mr. Roche ihm erzählt, in der Nacht vor dem Schwimmwettkampf der Junioren in
Thurles habe Daniel Juster ihn wegen schmerzhafter Beinkrämpfe in seinem
Hotelzimmer aufgesucht; Mr. Roche habe die Krämpfe manuell behandelt, daraufhin
habe der Junge ihm sichtlich verstört erzählt, seine Mutter, die eigentlich
bei dem Wettkampf zusehen wollte, sei schwerstkrank. Angesichts Justers wachsender
Verzweiflung habe sich Mr. Roche schließlich entschieden, ihm ein Beruhigungsmittel
in Form von Schmerztabletten zu verabreichen, mit denen er selbst seine
Wirbelsäulenverletzung behandle. Kurz darauf verlor der Junge infolge der
Schmerztabletten das Bewusstsein, woraufhin Mr. Roche sich ihm sexuell näherte.
    »Abgesehen von einer Panikattacke im Bus auf der Rückfahrt
nach Seabrook am folgenden Tag, gegen die er ihm ein weiteres Beruhigungsmittel
verabreichte, so sagte mir Mr. Roche, habe der Junge keinerlei Anzeichen
erkennen lassen, dass er sich an das Vorgefallene erinnere. Doch vergangenen
Donnerstag, drei Tage vor dem Semifinale der Junioren in Ballinasloe, teilte
Juster ihm in einem Brief seinen Austritt aus der Schwimmmannschaft mit.
Aufgeschreckt
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