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MUH!

MUH!

Titel: MUH!
Autoren: David Safier
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beschwichtigen: «Du weißt doch, wir Männer nehmen das nicht so ernst, wenn wir mit einer Frau Liebe machen …»
    Diesmal sagte ich getroffen: «Na, vielen Dank!»
    «Ups», erkannte Champion seinen Fehler und versuchte, ihn gleich wieder wettzumachen. «Bei dir ist es was anderes, Lolle. Du weißt, was ich für dich empfinde!» Seine Stimme vibrierte dabei. Womöglich empfand er wirklich noch etwas für mich. Bestimmt sogar. Dummerweise war es nicht so viel, dass er Susis Hinterteil widerstehen konnte.
    «Lolle, was kann ich tun, um das alles wiedergutzumachen?», fragte er zerknirscht.
    «Zwei Dinge», antwortete ich.
    «Was?», wollte Champion eifrig wissen.
    «Erst mal eine Kleinigkeit.»
    «Welche?»
    «STEIG VERDAMMT NOCH MAL VON SUSI AB, WENN DU MIT MIR SPRICHST!»
    «Der Meinung bin ich allerdings auch», fand Susi, die sichtlich genervt war, dass Champion sich so sehr um mich bemühte.
    Hastig kletterte Champion von Susi herunter, und die trottete total beleidigt in ihre eigene Stallbox. Dabei rief sie ihm noch zu: «Es mit dir zu treiben, macht so viel Spaß wie eine Pansen-Verstimmung.»
    Er blickte ihr kurz nach, aber sie war ihm anscheinend nicht so wichtig, dass er ihr auch nur eine Antwort auf ihre Beleidigung geben wollte. Stattdessen wandte er sich erneut zu mir und fragte: «Und was ist das Zweite, was ich tun soll?»
    «Mir nie wieder zu nahe kommen!» Ich zitterte am ganzen Leib, während ich diese harschen Worte aussprach. Dann drehte ich mich um und lief aus dem Stall heraus, in den Regen, der gerade richtig lospladderte. Die anderen Kühe der Herde trabten mir entgegen, aber ich beachtete sie gar nicht. Mein Traum war zerstört. Champion war nicht meine Eintagsfliege. Mit ihm würde ich nie ein so glückliches Leben haben, wie Summ und Herum es geführt hatten.
    Kaum hatte ich dies endgültig realisiert, konnte ich nicht mehr an mich halten: Ich heulte los und galoppierte, so schnell ich konnte, raus auf die Weide in der Hoffnung, dass mich niemand sehen würde. Die Tränen vermischten sich auf meiner Schnauze mit den Regentropfen, und ich wusste: Ich würde an gebrochenem Herzen eingehen, wenn ich nicht bald einen neuen Traum vom Glück fände.

Kapitel 2
    Wir Kühe haben unfassbar große Tränendrüsen: Ich hatte keine Ahnung, wie lange ich schon schluchzend am kleinen Bach am Rand unserer Weide lag. Die Regenwolken hatten sich wieder fast verzogen, und es nieselte lediglich, doch ich heulte immer noch. Da trat Hilde hinzu, eine meiner beiden besten Freundinnen, und fragte: «Gibt es einen speziellen Grund, warum du dir hier eine Erkältung holst, Lolle?»
    «Ssssammmpionnn», heulte ich.
    «Kannst du vielleicht etwas deutlicher heulen?»
    «Sssampion … Sssusi … Bessstieg’n.»
    Hilde verstand nun und seufzte: «Männer, bei ihnen hast du nur zwei Möglichkeiten: Hasse sie, oder hasse sie.»
    Meine Freundin besaß eine raue Schale, und unter der steckte ein … nun ja … harter Kern. Doch tief drin in diesem harten Kern war etwas Weiches, eine Sehnsucht nach Liebe und Nähe. Aber Hilde hätte lieber ihre Zunge in einen Häcksler gesteckt, als anderen – und vor allen Dingen sich selbst – diese Sehnsucht einzugestehen.
    Sie war die einzige Kuh auf unserer Weide, die braune Flecken besaß. Von klein auf wurde sie daher von den anderen Kühen gemieden. Die Einzigen, die sich nicht für ihre Fleckenfarbe interessierten, waren meine andere beste Freundin Radieschen und ich. Mir war die Farbe einerlei, weil mich alles faszinierte, was irgendwie anders war, und Radieschen machte sie nichts aus, weil sie die liebste Kuh überhaupt war und ihr die Welt gar nicht bunt genug sein konnte.
    Während meine Tränendrüsen und der Nieselregen allmählich versiegten, kam Radieschen angelaufen und plapperte aufgeregt: «Habt ihr gehört? Der Bauer ist vorhin nicht gekommen, weil er im Haus eingeschlafen ist. Wieder mal vor diesem flimmernden Fernsehkasten, in dem die kleinen Menschen wohnen, die immer mit ihm reden, ohne dass er ihnen antwortet, was nebenbei gesagt ganz schön unhöflich ist, und … Sag mal, Lolle, du weinst ja …»
    «Sssampion … Ssusii …», erklärte ich.
    «Oh nein, haben die es etwa miteinander gemacht?», fragte Radieschen erstaunt.
    «Nein», antwortete Hilde spitz, «sie haben miteinander ‹Fang den Fladen› gespielt.»
    «Echt?», fragte Radieschen. «Und warum ist Lolle dann so traurig?»
    Obwohl Radieschens Fell nur wenige Flecken aufwies und daher fast ganz weiß
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