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Muehsam ernaehrt sich das Eichhoernchen - Zum Glueck bin ich keins

Titel: Muehsam ernaehrt sich das Eichhoernchen - Zum Glueck bin ich keins
Autoren: Elton Alexander Duszat
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bei meiner Erziehung falsch gemacht, meine Frau macht es jetzt bei meinem Sohn genauso. Und als Deppen gelten dann am Ende doch wieder nur wir Jungs. Sachen wegräumen, klassisches Beispiel. Wenn man seine Klamotten irgendwo in die Ecke schmeißt, dann geht das Meckern los. Meine Mutter kam mir früher immer mit: »Räum deine Sachen weg!«, und zwar während sie die Sachen selber wegräumte. Was soll ich denn davon halten? Da ist es doch logisch, dass wir Männer darauf konditioniert sind, einfach meckern zu lassen und genüsslich zuzuschauen, wie die Sachen weggeräumt werden. Heute macht das meine Frau genauso. Mit mir und mit unserem Sohn. Ich würde die Sachen einfach liegen lassen. Macht sie aber nicht und beschwert sich lieber, dass ich das ja bei meiner Mutter anscheinend so gelernt habe. Wenn ich mich hier gerade so in meinem Büro umschaue, dann sollte ich Mutter oder meinen Schatz vielleicht dringend mal hierhin einladen. Das ist ein Saustall. Hier muss wirklich dringend mal aufgeräumt werden. Und wieder ist es Mutter schuld, dass ich das jetzt nicht machen kann. Schließlich sitze ich ihr zuliebe an diesen Seiten hier. Aber man muss Prioritäten setzen. Und es ist jetzt auch nicht so, dass ich nie etwas aufräume. Ich mache zu Hause schon auch etwas, und damit meine ich jetzt nicht nur am Grill stehen oder das Fässchen Bier anzapfen. Ich s auge, ich wische und mache kleinere Reparaturen im Haushalt. Ich bin eigentlich ganz angenehm im Zusammenleben, wenn man mal Sachen, die ich herumliegen lasse, außen vor lässt. Aber auch das nimmt für meinen Geschmack nicht wirklich überhand. Anders ist das an den von mir so geliebten Junggesellentagen, wie ich sie nenne. An diesen Tagen ist meine Frau mit den Kindern bei ihren Eltern oder einer Freundin, und ich habe das Haus mehrere Tage für mich ganz alleine. Dann stapelt sich neben DVDs, leeren Fleischverpackungen und Bierflaschen auch der Dreck im Haus. Für viele sind sicher die Fleischverpackungen und die Bierflaschen der Dreck. Für mich ist das jedoch alles Junggesellen-Deko. Und zwar die einzige Deko, die ein Mann wirklich braucht und gut findet. Das muss jedoch authentisch gewachsen und nicht irgendwie krampfhaft drapiert sein.
    Wenn ich dann aber weiß, in einer Stunde sind die Junggesellentage auch schon wieder vorbei und meine Frau steht vor der Tür, dann räume ich das alles selbstverständlich weg und mache sauber. Das klappt dann auch. Und als Deko hält dann wieder ein lustiges grünes Osternest mit gelben Küken auf dem Tisch her. Im September. Wunderschön.
    So bin ich also trotz meiner Macken seit Jahren glücklich verheiratet.
    Manchmal frage ich mich sogar, ob die Leute da draußen eigentlich merken, dass ich so ein kleiner Schisser bin. Ich denke hier zum Beispiel an das alljährliche Turmspringen. Es gibt wirklich nichts, was ich so ungern mache, weil ich einfach Angst habe, aus der Höhe ins Wasser zu springen. Ich glaube, das kann man mir auch immer ansehen, wenn ich wieder kurz davor bin, ins Wasser zu springen, um mir meine Portion Schmerzen abzuholen.
    Das, was die Zuschauer da alljährlich beim Turmspringen von mir aus körperästhetischer Sicht geboten kriegen, ist schon eher eine Zumutung. Wenn ich mir aber anschaue, was mir Tag für Tag in Deutschland so auf der Straße an männlichen Artgenossen begegnet, dann stehe ich mit dieser Bürde ja zum Glück nicht so ganz alleine da. Nur auf dem Turm in der Olympia-Schwimmhalle stehe ich dann alleine und schutzlos den hochauflösenden Objektiven der Fernsehkameras gegenüber. Und das ist es, glaube ich, was die Menschen irgendwie begeistert.
    An einem Morgen nach dem Turmspringen wäre ich gern mal mit Mutter beim Bäcker. Ob sie da dann fragt: »Na, habt ihr gestern meinen nackten Sohn im Fernsehen ins Wasser plumpsen sehen?« Oder schweigt sie an solchen Tagen, weil sie befürchtet, die netten Bäckersdamen könnten etwas über meine Figur vom Stapel lassen? Ich weiß es nicht. Wahrscheinlich nicht, denn die Bäckersdamen aus unserem Dorf kennen mich seit meinem fünften Lebensjahr. Und haben mich aufwachsen und aufgehen sehen.
    Vielleicht haben die Verkäuferinnen inzwischen auch gewechselt, die Apfelbäume in Jork werden aber noch die gleichen sein. In Jork gibt es nämlich nichts außer Apfelbäumen. Meine Eltern wollten nicht, dass ich in der Großstadt aufwachse, also ging es raus auf’s Land. Hier sollte ich draußen spielen und ein fittes, gesundes Kind werden. Na, wenn der
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