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Mrs Murphy 01: Schade, dass du nicht tot bist

Mrs Murphy 01: Schade, dass du nicht tot bist

Titel: Mrs Murphy 01: Schade, dass du nicht tot bist
Autoren: Rita Mae Brown
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verliebt, aber Mrs Murphy war überzeugt, dass sie über ihn hinweg war. HINWEG in Großbuchstaben. Paddy trug einen Frack, sprühte vor Charme und widersetzte sich jeder Form des Nützlichseins. Schlimmer noch, er war mit einer silberfarbenen, waschbärähnlichen Kätzin durchgebrannt und hatte dann die Unverfrorenheit besessen, zurückzukommen und zu denken, Mrs Murphy würde froh sein, ihn nach dieser Eskapade wiederzusehen. Sie war nicht nur nicht froh, sie hatte ihm beinahe ein Auge ausgekratzt. Seit dem Kampf prunkte eine Narbe über Paddys linkem Auge.

    In der Pizzeria bestellten Harry und Susan Riesensandwiches. Sie blieben drinnen, um sie im Wirkungsfeld der Klimaanlage zu genießen. Mrs Murphy saß auf einem Stuhl, Tucker ruhte unter Harrys Sitz.
    Harry biss in ihr Sandwich, und die halbe Füllung quoll am anderen Ende heraus. »Verflucht.«
    »Das ist der Zweck von diesen Sandwiches. Wir sollen dumm dastehen.« Susan kicherte.
    In diesem Moment kam Maude Bly Modena herein. Sie wollte zur Mitnehmtheke rübergehen, aber dann sah sie Harry und Susan und kam zu einem Austausch von Höflichkeiten herüber. »Nimm Messer und Gabel. Was hast du mit deinen Händen angestellt?«, fragte sie.
    »Stempel sauber gemacht.«
    »Mir ist es egal, ob meine Poststempel verwischt sind. Ist mir lieber, als dass du wie Lady Macbeth aussiehst.«
    »Ich werd’s mir merken«, erwiderte Harry.
    »Ich würde ja gerne bleiben und mit euch klönen, aber ich muss wieder in den Laden.«
    Maude Bly Modena war vor fünf Jahren von New York nach Crozet gezogen. Sie hatte einen Laden für Verpackungsmaterial eröffnet – Kartons, Plastikschachteln, Papier, der ganze Kram –, und das Geschäft war ein voller Erfolg. Im Vorgarten stand eine alte Förderlore, auf der sie Blumengebinde und die täglichen Sonderangebote drapierte. Sie wusste, wie man Kunden anzog, und sie selber war, mit Ende dreißig, ebenfalls anziehend. Zur Weihnachtszeit bildeten sich Schlangen vor ihrem Laden. Sie war eine gewiefte Geschäftsfrau und obendrein freundlich, was in dieser Gegend unumgänglich war. Mit der Zeit verziehen ihr die Einheimischen den unseligen Akzent.
    Maude winkte zum Abschied, als sie an dem Panoramafenster vorbeikam.
    »Ich denke immer, Maude wird schon noch den Richtigen finden. Sie ist wirklich attraktiv«, meinte Susan.
    »Eher den Falschen.«
    »Saure Trauben?«
    »Klingt das so, Susan? Das will ich nicht hoffen. Ich könnte dir so viele Namen von verbitterten geschiedenen Frauen runterrasseln – wir würden den ganzen Nachmittag hier sitzen. Zu deren Klub will ich wirklich nicht gehören.«
    Susan tätschelte Harrys Hand. »Du bist zu empfindlich, wie ich vorhin schon sagte. Du wirst alle möglichen Emotionen durchlaufen. In Ermangelung eines besseren Ausdrucks hab ich das saure Trauben genannt. Tut mir leid, wenn ich deine Gefühle verletzt habe.«
    Harry wand sich auf ihrem Sitz. »Mir ist, als ob meine Nervenenden bloßlägen.« Sie setzte sich auf ihrem Stuhl zurecht. »Du hast recht, was Maude angeht. Sie hat vieles, was für sie spricht. Irgendwo muss es einen für sie geben. Einen, der sie zu schätzen weiß – mitsamt ihrem geschäftlichen Erfolg.«
    Susans Augen blitzten. »Vielleicht hat sie einen Liebhaber.«
    »Ausgeschlossen. Hier kann keiner in seiner Küche einen Schluckauf kriegen, ohne dass alle es erfahren. Ausgeschlossen.« Harry schüttelte den Kopf.
    »Wer weiß.« Susan schenkte sich Wasser nach. »Erinnerst du dich an Terrance Newton? Wir alle glaubten Terrance zu kennen.«
    Harry dachte darüber nach. »Da waren wir Teenager. Ich meine, wenn wir erwachsen gewesen wären, hätten wir vielleicht was gemerkt. Ausstrahlung, Schwingungen und so weiter.«
    »Ein Versicherungsangestellter, den wir alle kennen, geht nach Hause und erschießt seine Frau und sich. Ich erinnere mich, dass die Erwachsenen erschüttert waren. Keiner hatte was gemerkt. Wenn man die Fassade aufrechterhalten kann, reicht das. Nur ganz wenige blicken unter die Oberfläche.«
    Harry seufzte. »Vielleicht sind alle zu beschäftigt.«
    »Oder zu egozentrisch.« Susan trommelte mit den Fingern auf den Tisch. »Worauf ich hinauswill ist, dass wir uns vielleicht nicht so gut kennen, wie wir glauben. Das ist eine Kleinstadt-Illusion – glauben, dass wir uns kennen.«
    Harry spielte still mit ihrem Sandwich. »Du kennst mich. Ich glaube, ich kenne dich.«
    »Das ist was anderes.« Susan machte sich über ihren Schokoladenkuchen her. »Stell dir vor,
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