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Mr. Shivers

Mr. Shivers

Titel: Mr. Shivers
Autoren: Robert Jackson Bennett
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zurück!«, drängte der Alte.
    »Ich habe kein Zuhause«, erwiderte Connelly. »Nicht mehr.«
    »Aber noch könnten Sie sich ein neues schaffen«, sagte der Alte. »Im Westen besteht da nicht die geringste Hoffnung. Die ist dort verwirkt.«
    »Raus hier! Sofort«, rief der Wirt. »Ich sage es dir nicht noch einmal. Wenn du noch eine Sekunde länger bleibst, verpasse ich dir eine Tracht Prügel, und mir ist egal, wie alt du bist.«
    Der Alte rutschte vom Hocker und stolperte hinaus auf den Bürgersteig. Er murmelte vor sich hin, spielte an den Knöpfen seines Overalls herum und schlurfte davon.
    »Ich muss mich für ihn entschuldigen«, sagte der Wirt. »Dieser verdammte alte Spinner. Er macht immer nur Ärger. Ich glaube nicht einmal, dass er überhaupt hier wohnt. Er trinkt, wann immer es ihm möglich ist, und schläft in jeder Gasse, die er findet. Leute wie er sind beinahe schon wie Hunde. Und es werden immer mehr.«
    »Noch einen Whiskey«, sagte Connelly.
    Der Wirt schenkte ein, schob ihm das Glas hin und schaute wieder zu, als Connelly es mit einem Schluck leerte.
    »Nun, Sie geben Ihr Geld ja nicht gerade wie jemand aus Oklahoma aus, und Sie trinken auch nicht wie einer«, meinte der Wirt.
    »Vielleicht, weil ich nicht aus Oklahoma komme.«
    »Oh?«
    »Nein.«
    »Wo kommen Sie denn her?«
    »Aus dem Osten.«
    »Ha! Leute aus dem Osten sollten im Osten bleiben, sage ich immer.«
    »Wollen Sie jetzt da weitermachen, wo der Alte aufgehört hat?«
    »Nein. Ich verstehe bloß nicht, warum Sie herkommen. Hier gibt es nichts, wofür es sich zu kommen lohnt. Niemand will hierbleiben. Ich will nicht hierbleiben. Jeder möchte nach Westen oder Süden oder an irgendeinen Ort, Hauptsache er liegt nicht hier. Überall dorthin, wo der Boden grün ist und es Arbeit gibt.«
    »Ich suche keine Arbeit.«
    »Was wollen Sie dann?«
    »Ich suche einen Mann«, sagte Connelly leise.
    »Ach?«
    »Ja. Er ist hier durchgekommen. Nahm den Zug, ist in diese Richtung getrampt. Ich suche ihn.«
    »Warum suchen Sie ihn?«
    »Ich will ihm ein paar Fragen stellen.«
    »Was für Fragen?«
    Connelly antwortete nicht.
    Der Wirt grunzte. »Ich will keinen Ärger.«
    »Den will ich Ihnen auch nicht machen«, erwiderte Connelly.
    »Das sagen sie alle.«
    »Vielleicht haben Sie ihn ja gesehen.«
    »Ich sehe viele Männer. In letzter Zeit zu viele.«
    »An diesen würden Sie sich erinnern«, sagte Connelly. »Er hat Narben. Im Gesicht.«
    »Jeder Mann, der arbeitet, hat irgendwelche Narben.«
    »Er hat eine Menge, überall im Gesicht. Drei große, hier und hier«, sagte Connelly und strich mit jeweils einem Finger von den Mundwinkeln die Wangen hinauf bis zum Kiefergelenk. Dann noch einmal um das linke Auge herum.
    Der Wirt sah genau zu. Überrascht öffnete sich sein Mund einen Spaltbreit, und er schaute zur Seite.
    »Sie haben ihn gesehen«, sagte Connelly.
    »Das habe ich nicht.«
    »Doch, das haben Sie.«
    »Ich habe Nein gesagt, und das meine ich auch so. Ich habe ihn nicht gesehen.«
    »Und warum sind Sie dann beinahe umgekippt, als ich Sie nach ihm fragte?«
    »Das stimmt doch gar nicht. Es ist nur … Sie sind nicht der Einzige, der nach ihm sucht.«
    Connelly riss die Augen auf und beugte sich ruckartig nach vorn. »Was meinen Sie damit?«
    »Ich will keinen Ärger«, sagte der Wirt. Er griff mit einer Hand unter die Theke. Suchte mit Sicherheit nach einem verborgenen Knüppel.
    Connelly lehnte sich wieder zurück. »Ich möchte nur wissen, was hier vorgeht.«
    »Das weiß ich nicht genau«, erklärte der Wirt und seufzte. »Drei Männer kamen herein, erst vor ein, zwei Tagen. Fragten mich, ob ich einen Mann mit einem Narbengesicht gesehen hätte. ›Als hätte er einen großen, richtig großen Mund‹, sagten sie und fuhren über ihre Gesichter, genau wie Sie es eben taten. Ich hatte aber keinen Mann mit solchen Narben gesehen, und ich sagte ihnen das Gleiche, was ich Ihnen sagte.«
    »Wer waren sie?«
    »Das weiß ich nicht. Woher, zum Teufel, soll ich das wissen? Ich habe ja auch keine Ahnung, wer Sie sind.«
    »Was haben sie noch gesagt?«
    »Das war schon alles. Sie sind reingekommen, haben gefragt, dann sind sie wieder gegangen, nachdem ich Nein sagte.«
    »Wo sind sie hin?«
    »Vermutlich ins Lager. Zurück in dieses Lager vor der Stadt, zu all den anderen Leuten, die sich dort breitgemacht haben. Ich vermute, sie kamen mit dem Zug.« Er musterte Connelly erneut. »So wie Sie.«
    »Wo genau lagern sie?«
    »Für einen Kerl, der
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