Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mr. Shivers

Mr. Shivers

Titel: Mr. Shivers
Autoren: Robert Jackson Bennett
Vom Netzwerk:
Sie den Narbigen finden, was wollen Sie dann tun?«, fragte der Mann.
    »Was?«
    »Wenn Sie den Narbigen finden, was haben Sie dann vor? Was wollen Sie von ihm? Warum sind Sie hier?«
    »Sie kommen.«
    »Ja. Das tun sie. Ich muss nicht weglaufen, also sollen sie doch kommen. Aber sie werden Sie vermutlich nicht als Unschuldigen betrachten.« Er stützte sich auf den Stab. »Sir, wenn Sie diesen Mann finden würden, was würden Sie dann tun?«
    Connelly sah ihn an, dann schaute er wieder auf den Bach hinunter. Er konnte kaum sein eigenes Spiegelbild erkennen. Es war gesichtslos, formlos.
    »Töten«, sagte Connelly. »Ich würde ihn töten.«
    Der Mann nickte zufrieden. »Dann kommen Sie rüber. Begleiten Sie mich. Zu unserem Feuer. Sollten sie kommen, behaupte ich, dass Sie die ganze Zeit dort waren, und vermeide damit sämtliche Unannehmlichkeiten, sollte Gott es erlauben.«
    Er drehte sich um, stieg den Hügel hinauf und verschwand gleich darauf im Unterholz. Im Osten erklang Hundegebell. Connelly hob seine Sachen über den Kopf, durchwatete den Bach und begab sich zu dem Feuer auf dem Hügel.

DREI
    Die beiden anderen Männer, der kleine Dicke und der schlanke Ansehnliche, die Connelly zuvor gesehen hatte, saßen am Lagerfeuer. Als er näher kam, schauten sie auf, und die Hand des Schlanken fuhr in seine Jacke.
    »Ganz ruhig«, sagte der Anführer und ging mit großen Schritten zu ihnen. »Ich habe ihn hergebracht.«
    »Uns haben Sie nicht gefragt«, sagte der Dicke ungehalten.
    »Nein, das habe ich nicht. Es war eine ganz spontane Entscheidung, gesteuert von der Vorsehung.« Der Anführer setzte sich auf einen Baumstamm, den sie sich als primitiven Sitzplatz ausgesucht hatten. »Kommen Sie«, sagte er. »Kommen Sie, und setzen Sie sich. Das Feuer ist warm, und die Nacht ist noch lang. Kommen Sie, und setzen Sie sich.«
    Connelly war noch immer auf der Hut, begab sich aber zu ihnen und setzte sich.
    »Sie sehen erschöpft aus«, sagte der Dicke zu ihm.
    »Der Mann wurde angegriffen«, erklärte der Anführer. »Während er schlief. Zwei Männer, die einen Betrunkenen ausrauben wollten, nur dass er sich nicht als betrunken erwies. War es nicht so?«
    Connelly nickte. »Was passiert jetzt?«
    »Passiert?«, fragte der Anführer.
    »Ja.« Connelly wies mit dem Kopf in Richtung Stadt. »Deswegen.«
    »Mit Ihnen, meinen Sie? Vermutlich gar nichts. Ich bezweifle, dass das der erste Überfall ist, den diese Leute erleben. Höchstens der erste, der nicht erfolgreich war. Hungrige Zeiten gebären Unzufriedenheit. Was soll’s … Sir, ich kenne noch immer nicht Ihren Namen«, sagte der Anführer und grinste wieder. »Wie darf man Sie nennen?«
    Connelly dachte nicht daran, ihm zu antworten. Der Schlanke beobachtete ihn noch immer, und Connelly ließ auch ihn nicht aus den Augen.
    »In Ordnung, ich fange an«, sagte der Anführer. »Ich bin Pike. Man nennt mich auch Reverend Pike, denn einst war ich ein Mann Gottes. Ich bin noch immer ein Mann Gottes, auf meine eigene Weise, aber ohne Gemeinde. Es ist besser so. Ich war nie ein besonders guter Hirte. Und ich zog immer das Schwert dem Hirtenstab vor.« Pike schlug mit seiner Mütze nach dem Schlanken. »Stellen Sie sich vor.«
    »Was?«
    »Stellen Sie sich vor«, wiederholte Pike.
    »Warum sollte ich? Ich kenne ihn doch gar nicht.«
    »Er kann kämpfen, darum. Und er sucht nach demselben Mann wie wir. Und er will, was wir wollen.«
    »Und was soll das sein?«
    »Blut«, sagte Pike schlicht und zog zwei tote Hasen aus einem Sack.
    Der Schlanke musterte Connelly noch eine Weile und zuckte mit den Schultern. »Ich bin Hammond.«
    »Jakob Hammond«, sagte Pike und grinste. »Mit einem ›k‹.«
    »Ja«, erwiderte Hammond angespannt.
    »Aber Gott allein weiß, wie der Nachname Ihrer Familie einst in Europa lautete.«
    »Mit Sicherheit anders«, erwiderte Hammond.
    Pike sah Connelly an. »Mr. Hammond hier ist ein Jude«, sagte er.
    Nachdem das gesagt worden war, schienen sie etwas von Connelly zu erwarten. »Ach ja?«, sagte er.
    »Ja.«
    »Ich bin noch nie einem Juden begegnet.«
    Hammond lachte. »Nun, ich kann nicht behaupten, dass Sie da viel versäumt hätten. Ich werde mein Bestes geben, um einen guten Eindruck zu hinterlassen. Wo kommen Sie her, dass Ihnen noch kein Jude begegnet ist?«
    »Tennessee.«
    »Sie werden noch feststellen, dass Juden im größten Teil dieser Nation eine Rarität sind, Hammond«, meinte Pike.
    »Den Eindruck gewinne ich auch.«
    »Und das da
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher