Mr. Shivers

Titel: Mr. Shivers
Autoren: Robert Jackson Bennett

Vom Netzwerk:

hier keinen Weg zurück. Ich sagte zu Beginn, dass ich ihn aufspüren will, und wenn es mich das Leben kostet und wenn ich dafür töten müsste. Wären Sie dazu bereit?«
    Connelly zuckte mit den Schultern.
    »Sie wissen es nicht. Aber hören Sie mir zu, mein Freund. Hören Sie mir zu, Mr. Connelly, Sie müssen zuhören – sollte jemand gegen uns die Hand erheben und sich zwischen uns und unser Ziel stellen, dann ist es die uns von Gott auferlegte Pflicht, diesen Jemand niederzuschlagen, wenn das nötig sein sollte. Nichts ist von Bedeutung außer der Straße und diesem Mann und wo sich die beiden begegnen.« Seine fettigen Finger kreuzten sich über dem Feuer. »Nichts ist von Bedeutung – außer wie diese Sache endet. Und sie wird ihr Ende finden, ganz egal, was es kostet, und sie wird blutig enden. Für jeden, den er uns weggenommen hat, und für die, die er anderen weggenommen hat, wird sie blutig enden. Nicht wahr, Mr. Connelly? Nicht wahr?«
    Connelly starrte zusammengesunken ins Feuer. Seine Augen funkelten, und seine Hände waren zu Fäusten geballt. »Ich denke schon«, sagte er dann.
    »Dann ist es abgemacht«, erwiderte Pike und spuckte ins Feuer. Alle sahen zu, wie der Speichel auf den Scheiten verbrutzelte.
    »Aber er ist nicht hier«, sagte Connelly. »Niemand hat ihn gesehen.«
    »Hier ist er nicht mehr, nein«, erklärte Hammond.
    »Ein paar der Leute im Lager haben uns von ihm erzählt«, sagte Roosevelt. »Sie sagten, sie hätten einen Mann mit zerschnittenem Gesicht in Oklahoma gesehen, direkt hinter der Grenze. Er ist nach Süden unterwegs. Sie sahen ihn in Shireden, einer noch kleineren Stadt als Rennah. Dort ist er. Dort wird er sein. Das ist das Nächste.«
    »Amen«, sagte Pike.
    Und dazu gab es nichts mehr zu sagen, also legten sie sich hin.

VIER
    Connelly lauschte, wie die Männer um ihn herum unruhig schliefen. Steine bohrten sich durch sein Bettzeug, und der Whisky brachte seine Eingeweide durcheinander, also beschloss er, die Wolken am Nachthimmel zu betrachten und nachzudenken.
    Die Hobos erzählten sich, dass, als Vater Zeit erwachte, Mr. Shivers bereits neben ihm auf dem Boden saß, wartete und lächelte. Dann zog er sein Messer, schnitt Vater Zeit in die Hand und lief lachend fort, und von diesem Augenblick an war Vater Zeit bitter und grausam, bürdete jedem Menschen ein Leben voller Härte auf und fraß jeden Traum.
    Die Hobos erzählten sich auch, dass Mr. Shivers in jedem Gefängnis des Landes gesessen hatte. Wenn die Bullen ihn einsperrten, wartete er auf den Einbruch der Nacht, und wenn dann der Mond durch das Gitter schien, stieg er auf seinem Strahl wie auf einer Treppe nach oben und war so schnell wie ein Gedanke verschwunden. Und am nächsten Tag kamen die Polizisten, setzten sich verwundert und betrachteten die leere Zelle.
    Und noch eine Sache erzählten sie sich: Wenn Landstreicher oder von zu Hause fortgelaufene Jungen und Mädchen sterben, erhalten sie eine letzte Gelegenheit für eine Zugfahrt mit Mr. Shivers. Denn er besitzt einen Zug aus Nacht, der auf direktem Weg in die Hölle fährt und dessen Kessel nicht mit Kohle oder Holz befeuert wird, sondern mit dir . Mr. Shivers nimmt einfach einen Fuß oder eine Hand oder ein Auge oder ein Ohr und treibt damit seinen Zug an, schickt ihn in die Tiefen der Erde und weiter in die Ewigkeit, während er dich bei lebendigem Leib verschlingt.
    Mr. Shivers, der Mondlichtmann, der schwarze Reiter. Mr. Shivers, der Teufel der Landstreicher. Der schwarze Mann der Entwurzelten.
    Über Mr. Shivers gab es viele Geschichten. Connelly hatte die meisten davon gehört. Wenn er in der Dunkelheit nicht schlafen konnte, musste er oft an sie denken.
    Es war sehr schwierig gewesen, bis zu diesem Ort zu kommen. In den Tagen in Memphis, als es nur ihn und seine Trauer und ein leeres Heim gegeben hatte, hatte er nicht gewusst, was er tun sollte. Aber er hatte sich erinnert. Er hatte sich an dieses zerstörte Gesicht erinnert.
    Wie hätte er das auch verhindern sollen?
    Vor Monaten. Vor Jahren. Vor vielen Leben. Als er noch er selbst gewesen war und nicht dieses Wrack, diese leere Hülle, die nur noch ein halber Mann war und allein von Zähigkeit und Zorn angetrieben wurde. Zwischen ihm und diesem Mann lag eine Ewigkeit.
    Und Molly. Zwischen ihm und Molly. Seinem kleinen Mädchen.
    »Ich bin jetzt ganz nahe dran«, formte er lautlose Worte. »Ich bin näher dran als je zuvor.«
    Jemand muss die Welt wieder in Ordnung bringen, sagte

Vom Netzwerk: