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Mr. Postman

Mr. Postman

Titel: Mr. Postman
Autoren: Jason Dark
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in einer Wohnung, die jedoch war innerhalb des Komplexes so gebaut worden, dass sich der Mieter vorkam wie in seinem eigenen kleinen Haus.
    Um in die Wohnung zu gelangen, musste man keinen Treppenflur durchqueren. Da gab es eben die Tür nach draußen und auch zum Vorgarten hin. Etwas bewegte sich. Die Klappe wurde von außen angedrückt und in die Höhe geschoben.
    Ein leichter, kaum wahrnehmbarer Luftzug drang in das Haus und streichelte Lilians Gesicht, wo sie einen Schauer spürte. Sie nahm ihn nur am Rande wahr. Sie wollte einfach nichts mehr merken, denn ihr Augenmerk galt einzig und allein der Klappe.
    Eine andere Kraft drückte sie hoch. Nur war niemand da, um einen Brief hindurchzuschieben. Leer blieb sie allerdings auch nicht, denn etwas kroch durch den breiten Spalt. Verbunden war diese Bewegung mit schabenden Geräuschen. Innerhalb der Klappe füllte sich der Raum aus.
    Ein gelblicher Gegenstand. Aufgeteilt. Wie Finger. Nicht wie Finger.
    Es waren Finger. Nur keine normalen. Durch den Briefschlitz in der Tür hatte sich eine Knochenhand geschoben, über deren hautlose Finger zähes Blut rann…
    ***
    Charlie Parker war happy!
    Er hätte laut gelacht, doch das verbiss er sich lieber. Er wollte nicht auffallen, denn wenn man sich ein bestimmtes Leben aufgebaut hatte, dann musste man sich auch an bestimmte Regeln halten, und das war bei ihm der Fall.
    Offenheit war fehl am Platz. Heimlich erledigte er seine Geschäfte, die sich in erster Linie um Frauen drehten. Sie brachten ihm nicht nur die Zufriedenheit auf finanziellem Gebiet, auch sein Sexleben war sehr abwechslungsreich, und genau das hatte er immer gewollt. Nur deshalb hatte ihm der Liebe Gott dieses Aussehen geschenkt, um andere Menschen beglücken zu können. Dass dabei des öfteren ein erkleckliches Sümmchen abfiel, nahm er gern mit.
    Charlie stufte sich als alterslos ein. Stets gepflegt, einmal im Jahr eine Generalüberholung seines Körpers, nicht zu unsolide leben, auch mal allein schlafen, sich richtig ernähren, das alles waren Angewohnheiten, die er unbedingt beibehalten musste, um nicht so schnell zu altern. Er war über 40, sah aber jünger aus. Zudem passte er sich in seinem Outfit stets der neuen Mode an, wobei er niemals übertrieb und die Kleidung immer im Rahmen blieb.
    Die Frauen stuften ihn als chic ein. Man konnte sich mit ihm sehen lassen, was allerdings nicht für alle zutraf. Einige Heimlichkeiten gönnte er sich schon. Wie die abendlichen Besuche bei den Frauen, die er rein ›zufällig‹ kennen gelernt hatte. Da er tagsüber frei hatte, konnte er sich bewegen, wo er wollte, was Charlie Parker auch weidlich ausnutzte. So hatte er eine nette Brünette an einer U-Bahn-Haltestelle gesehen und angesprochen. Danach war alles wie von selbst gelaufen, und so war es auch bei Lilian Evans gewesen.
    Im Supermarkt hatte er sie gesehen und sich an sie herangemacht.
    Charlie besaß eine gute Nase für Frauen, die sexuell frustriert waren oder brachlagen, wie er es für sich ausdrückte. So ein Wild war leicht zu erlegen. Auch Lilian hatte ihm kaum Schwierigkeiten bereitet. Sich zuerst ein wenig zieren, okay, das gehörte dazu. Danach hatte alles wie von selbst geklappt. Schon beim zweiten Treffen waren sie gemeinsam in einem Hotelbett gelandet. Später hatten sie dann abgemacht, dass er zu ihr kam, wenn sie es wollte.
    Einmal in der Woche war die Regel, und auch jetzt, wo Charlie sie schon länger kannte, ließ er die gebotene Vorsicht nie außer acht. So parkte er seinen 3er BMW noch immer ein Stück entfernt in einer Seitenstraße. Von dort aus hatte er es nicht weit. Auch wenn ihm jemand begegnete, fiel er nicht auf. Dank seiner gepflegten Kleidung wirkte er stets wie einer der Bewohner dieser Häuser. Wer hier lebte, war nicht eben arm.
    Charlie lächelte, als er seinen Wagen verließ. Sein Stammparkplatz war frei gewesen. Niemand hatte sein Fahrzeug unter dem Geäst der ausladenden Kastanie abgestellt. Die meisten Besitzer ärgerten sich wohl, wenn der Blütenstaub auf ihre Autos regnete.
    Charlie war das egal. Er blieb nie lange und auch niemals bis zum Morgen. Die Helligkeit störte ihn. Die mied er wie ein Vampir die Sonne.
    Immer das gleiche Ritual. Aussteigen, danach der Blick in die Runde.
    Ausloten, ob die Luft rein war. Sie war es. Wie immer. Es hatte nie Schwierigkeiten gegeben. Parker lächelte. Wie hätte es auch anders sein können bei seinem Glück? An eine Gefahr dachte er nicht. Wer hätte ihm auch gefährlich werden
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