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Mr. Postman

Mr. Postman

Titel: Mr. Postman
Autoren: Jason Dark
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es, die Worte halblaut zu lesen.
    »Deine Zeit ist um, du Nutte! Lange genug hast du es getrieben! Jetzt werde ich kommen und es dir heimzahlen…«
    Lilian stand auf dem Fleck, ohne sich zu rühren. Noch immer war sie nicht in der Lage, die Nachricht zu fassen, auch wenn sie schon mehrere Minuten zur Salzsäule erstarrt war.
    Damit kam sie nicht zurecht! Von Beginn an hatte sie genau gewusst, dass diese Nachricht kein Scherz gewesen war. Nein, da wusste jemand verdammt gut über sie Bescheid. Aber wer war derjenige? Wer hatte sie beobachtet? Wer konnte den verdammten Brief geschrieben haben?
    Barry! Der erste Gedanke galt ihrem Mann, doch sie kam davon wieder ab. Sie kannte Barrys Schrift. Auch wenn er sie verstellt hatte, sie hätte es bestimmt bemerkt, wenn er diese Nachricht geschrieben hatte. Außerdem war Barry ein Typ, der so etwas nicht tun würde. Er war ihr gleichgültig. Zwischen ihnen lief nichts mehr. Wen immer sie auch hier in ihrer Wohnung empfing, so etwas brauchte ihn nicht zu stören, da ihre Ehe sowieso nur eine Farce war.
    Wie lange Lilian unbeweglich in der Küche gestanden und sich wie in einem fremden Haus gefühlt hatte, wusste sie selbst nicht. Irgendwann drehte sie sich mit einer schwerfälligen Bewegung herum und ging wieder zurück in den Flur. Dort lehnte sie sich gegen die Wand, den Kopf leicht gedreht und den Blick auf die Haustür gerichtet. In ihr zeichnete sich keine Glasscheibe ab. Sie war durchgehend aus Holz gefertigt worden. So konnte sie auch nicht sehen, was sich dahinter abspielte. Sie war wie die Tür eines Tresors. Auf irgendeine Art und Weise fühlte sich Lilian auch eingeschlossen. Sie war eine Gefangene im eigenen Haus.
    Wie ging es weiter? Würde der Unbekannte die Drohung wahr machen und tatsächlich bei ihr erscheinen? Sie hoffte es nicht, aber sie konnte auch nicht sicher sein.
    Der nächste Blick auf die Uhr ließ sie abermals erstarren. Die halbe Stunde war vorbei. Eigentlich hätte Charlie längst bei ihr sein müssen.
    Er gehörte zu den wenigen Menschen, die immer pünktlich waren, besonders wenn es um bestimmte Besuche ging.
    Heute nicht. Zwei Minuten über die Zeit!
    Der Eindruck, in einem Gefängnis zu sitzen, verstärkte sich immer mehr in ihr. Das Kribbeln auf dem Rücken hatte sich längst zu einer zweiten Haut verdichtet. Obwohl sich die Luft nicht verändert hatte, kam sie ihr viel dichter und dicker vor.
    Sie bewegte ihren Kopf. Schaute zurück. Da war nichts. Danach wieder der Blick zur Tür. Auch da war alles gleich geblieben. Wie auch hätte sich etwas verändern sollen?
    Welche Chancen gab es denn? Keine. Sie hätte sich lächerlich gemacht, wenn sie die Polizei angerufen hätte. Was hätte sie den Beamten sagen sollen? Dass sie einen Brief erhalten hatte, in dem eine Drohung stand, weil sie fremdgegangen war? Man hätte sie ausgelacht, und das zu Recht.
    Flucht? Das Haus verlassen? Zu einer Freundin fahren und sich ihr zu offenbaren? Nein, das war auch nicht gut. Bisher hatte sie all ihre Seitensprünge selbst vor der besten Freundin geheim halten können. Das sollte auch so bleiben.
    Lilian hatte sich - wie auch immer - in diese Lage hineingebracht, und sie musste auch allein da wieder raus. Egal, was mit ihr noch passierte.
    War es wirklich egal? Das wollte sie plötzlich nicht mehr glauben.
    Durch die offene Tür konnte sie nicht schauen, aber sie hatte gute Ohren und wusste, dass sich dahinter etwas tat. Da war jemand!
    Augenblicklich kehrte die Angst wieder zurück. Lilian fühlte sich von ihr umklammert und zugleich aus ihrer normalen Welt hinausgedrückt.
    Schritte hatte sie nicht gehört, aber es war jemand an der Tür. Davon ging sie aus.
    Dann hörte sie das Kratzen von außen. Ein schreckliches Geräusch, wie von langen Totenfingern hinterlassen. Es bewegte sich über die gesamte Tür hinweg. Es begann oben, wanderte weiter, baute dabei eine Figur, ein Viereck, einen Kreis, was auch immer.
    Die Zeit war für Lilian Evans nicht mehr existent. Sie stand auf dem Fleck, starrte aus leblosen Augen gegen die Tür und hörte dieses verfluchte Geräusch. Kratzende Finger, deren Weg sich genau verfolgen ließ, der dann plötzlich stoppte.
    Wo? schoss es Lilian durch den Kopf. Wo habe ich das Kratzen zuletzt gehört?
    Sie war nicht in der Lage, sich eine Antwort zu geben. Sie glaubte auch nicht, dass sich der unheimliche Besucher zurückgezogen hatte.
    Außerdem war die Beleuchtung aus gutem Grund nicht eingeschaltet worden. Zwar lebte die Evans'
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