Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mr. Chartwell - Hunt, R: Mr. Chartwell

Mr. Chartwell - Hunt, R: Mr. Chartwell

Titel: Mr. Chartwell - Hunt, R: Mr. Chartwell
Autoren: Rebecca Hunt
Vom Netzwerk:
freundlich an.
    Sie nickte ihm zu, nicht recht davon überzeugt.
    Howells bat sie herein, und sie traten in die schmale Diele und betrachteten ehrfürchtig das große Gästebuch, das auf der Walnusskommode lag. Das Buch wurde von der Bronze eines Vollblutpferdes bewacht. Ein Schirmständer aus Mahagoni fasste ein Sortiment von Spazierstöcken.
    Esther erhielt von Howells Anweisungen: Er werde sie gleich in Churchills Arbeitszimmer geleiten. Sie dürfe nicht zu lange bleiben, da Churchill später ruhen müsse. Corkbowl bekam ebenfalls Anweisungen: Er werde sich in Clementines Arbeitszimmer verfügen, bis er gebraucht werde, um Esther nach Hause zu fahren. Beide konnten Tee bekommen, wenn sie wollten. Wollten sie Tee? Dann werde dafür Sorge getragen.
    Schon war Howells auf dem Weg nach oben, Esther folgte. Die Treppe war eng und winkelig, an den Wänden gerahmte politische Karikaturen und Fotografien, auf einer Lord Kitchener, was passend erschien. Oben angekommen, eilte Howells mit großen Schritten über den kostbaren Teppich zum Arbeitszimmer voraus. Esther versuchte zu bummeln, ein paar Sekunden Zeit zu schinden. Keine Chance, der beflissene Howells klopfte bereits an die Tür. Ein forschender Laut hieß sie eintreten. Churchill saß in seinem Sessel, der Mann, den sie aus Zeitung und Fernsehen kannte, älter, als sie gedacht hatte, obwohl sie wusste, wie alt er war. Die berühmte Stimme war noch ungefähr so, wie sie sie kannte, und gleich würde diese Stimme sie persönlich ansprechen. Esther war so überwältigt, dass ihr fast ein wenig schwindlig wurde.
    »Esther Hammerhans, Sir.« Howells machte umgehend kehrt und verschwand.
    Esther hielt ihre Handtasche mit weißer Faust.
    »Ah, ausgezeichnet.« Churchill deutete auf einen kleinen Tisch dicht bei seinem Schreibtisch. Darauf eine schallgedämpfte Schreibmaschine, daneben ein Stapel Papier. Ein Stuhl mit gerader Lehne stand für sie bereit.
    Esther stahl sich zum Tisch. Sie wollte schon das Schweigen mit einer Frage auflockern, da fielen ihr Dennis-Johns Ermahnungen ein, und sie ließ es. Stattdessen stellte sie langwierig die Maschine ein.
    Churchill hatte seinen Brillenbügel im Mund. Er nahm ihn heraus. »Sind Sie fertig mit Ihren Vorbereitungen?« Er wollte endlich anfangen. Das war ein schwieriger, ein freudloser Nachmittag. Wie Rauchbombennebel kratzte ihn die Vorahnung im Hals, dass diese elende Dumpfbacke sich wahrscheinlich zu ihnen gesellen würde. Es war mehr als wahrscheinlich. »Können wir anfangen?«
    Sie war so weit, jawohl, lächelnd und freundlich. Aber etwas an Esther irritierte ihn. Sag mal, was ist das? Sie hatte so etwas an sich, eine spürbare … Hmmm. Sein Radar identifizierte die Eigenschaft und überprüfte sie. Ja, da war eine eigentümliche Energie, ein sterbender Stern am Himmel ihres Gesichts.
    Esther saß ahnungslos an ihrem Tischchen. Verstohlen besichtigte sie von ihrem Stuhl aus das Zimmer. Über der Tür zur Treppe hing ein Gemälde von John Lewis Brown, Zwei Kavallerieoffiziere . Ein Offizier im cremefarbenen Rock hielt den zackig erhobenen Arm einem Offizier in Rot entgegen, der mit dem Rücken zum Betrachter saß. Bei näherer Betrachtung sympathisierte Esther mit dem gesichtslosen roten Offizier auf seinem müde wirkenden Pferd. Ein rascher Blick auf Churchill konstatierte, dass dieser auf den Garten schaute, den Kopf von ihr abgewandt. Beruhigt nahm sie die Besichtigung seines Arbeitszimmers wieder auf.
    Churchill dachte über seine Eindrücke nach. Dann tat er sie als haltlos ab. »Quatsch mit Soße«, schalt er sich. »Mumpitz.«
    Seine Aufmerksamkeit kehrte zu der Rede zurück, dieser grässlichen Pflicht. Die Rede musste aggressiv angepackt werden; ein Überraschungswurf, dann wäre die Aufgabe erledigt. Bah, fang endlich an, maßregelte er sich für seine Zögerlichkeit und verschob die Papiere auf seinem Schreibtisch.
    Einige stille Momente lang durchstöberte Churchill den Zettelkasten seiner Vergangenheit, um sich für die einleitenden Worte zu entscheiden. Esther saß an der Schreibmaschine bereit, und dann hatte er’s, die Worte waren da. Ein Satz wurde diktiert.
    Vor lauter Nervosität vertippte sie sich. »Oh, tut mir sehr leid, ich … « Vielleicht ließ es sich noch mit Korrekturflüssigkeit beheben. Sie griff danach und wurde abgehalten.
    »Egal.« Churchill nickte ihr gnädig zu. »Wir fangen neu an. Nehmen Sie das Blatt heraus und schmeißen Sie es auf den Boden.«
    Welch ein Vergehen, den
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher