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Mount Maroon

Mount Maroon

Titel: Mount Maroon
Autoren: Ethan Bayce
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Mann, der Peter gerettet hatte. Und das konnte nur er gewesen sein.
    Alan Mason war jetzt 71 Jahre alt und in Würden ergraut. Es war das helle, fast weiße Grau der ehemals Blonden, das kranzförmig um seinen Schädel waberte. Der Bart, den er sich seit einigen Jahren stehen ließ, verlieh ihm aber zumindest die Anmut eines weisen, alten Mannes, zu dem er auch innerlich herangereift war. Nein, er würde das heute durchstehen und die Vergangenheit, die aus der Sicht von 1975 noch Zukunft war, bewies, dass alles nur so ablaufen konnte, wie er es geplant hatte. Das war auch der Grund dafür, warum es keinerlei Abweichungen geben durfte, ein Umstand, der ihn seit Monaten schlecht schlafen ließ. Konnte er wirklich tatenlos zusehen, wie das Glück einer jungen Familie von einer auf die andere Minute zerstört wurde? Würde er es zulassen können, dass zwei Menschen sinnlos starben und ein kleiner Junge zu einer Waise wurde? Es wäre ein leichtes gewesen, sich früh morgens zum Haus der Saunders zu schleichen und die Reifen ihres Wagens zu zerstechen. Das würde ihre Pläne durchkreuzen, sie zumindest lang genug aufhalten, um dem Unfall zu entgehen. Vielleicht würde diese leichte Veränderung des Ablaufs nichts ändern? Warum sollte Peter nicht trotzdem im Jahre 2009 mit seinem Freund Luther zu einer Wanderung aufbrechen, wie er es behauptet hatte und wie es sich allem Anschein nach auch tatsächlich zugetragen hatte. Alles könnte so laufen wie gehabt, nur eben ohne diesen fürchterlichen Unfall. Mason war mehrere Male mit der Bereitschaft eingeschlafen, den Dingen eine andere Wendung zu geben, aber er war danach ebenso oft mit großen Zweifeln aufgewacht. Denn schließlich gab es Tatsachen, die man nicht ändern konnte, wenn man es sich auch noch so sehr wünschte. Peter selbst war der Schlüssel dazu. Er hatte die Geschichte vom Tod seiner Eltern mitgebracht, als er zeitweilig das Universum gewechselt hatte. Diese Geschichte war erzählt worden. Das war es, was er erlebt hatte, und deshalb musste es so geschehen.
    Mason hatte in einem Motel in der Nähe von Harrisburg übernachtet. Sein unruhiger Schlaf wurde um sechs Uhr von zwei Weckern beendet, die er beide außerhalb seiner Reichweite platziert hatte. Obwohl er früh zu Bett gegangen war, fühlte er sich wie gerädert. Sein Frühstück, das er in einem nahe gelegenen Truckstop einnahm, bestand lediglich aus heißem, schwarzen Kaffee. Die beiden Toasts mit Eiern und Speck, die er sich dazu bestellt hatte, schafften es seiner Einschätzung nach gar nicht erst bis zum Magen. Er entsorgte sie unsanft im Waschraum. Jetzt saß Alan Mason hinter dem Lenkrad und fuhr Richtung Lake Glendale. Er lag genau im Zeitplan. Das Unternehmen erforderte eine minutiöse Planung. Der wunde Punkt war das Informieren der Ambulanz und der Feuerwehr. Das konnte man nicht lange vorher machen, sonst wären die womöglich zu früh gekommen und hätten den Unfall verhindert. Auch konnte er es keinem anderen überlassen, wollte er die Zügel in der Hand behalten. Und Handys würde man erst in ein paar Jahren kaufen können. Er hatte es mit einem Funktelefon versucht, aber der Empfang in dem Tal war hundsmiserabel. Also musste er die nächstgelegene Telefonzelle benutzen, aber die war zehn Kilometer entfernt. Die Rettungskräfte brauchten etwa 25 Minuten, bis sie nach dem Anruf an der Unfallstelle eintrafen. Er hatte das erst vor einigen Monaten getestet. Damit hatte er selbst nur ein Zeitfenster von wenigen Minuten, um nach dem Telefonat die Landstraße entlang zu fahren, seinen Wagen in einem einige hundert Meter von der Unglücksstelle entfernten Feldweg zu parken und seine Position einzunehmen.
    Nun war es halb neun. Mason hielt am Straßenrand gegenüber der Telefonzelle bei dem alten Jagdhaus. Er entzündete eine Zigarette. Das Telefon hatte er gestern Abend noch einmal überprüft. Es funktionierte. Es war ein heller, sonniger Morgen, doch seine Gedanken waren alles andere als wohlig. Ein heißer Schauer überkam ihn. Was, wenn der Bengel seine Uhr nicht richtig gestellt hatte? Was, wenn sich das alles nur zehn Minuten eher abspielte? Mason hatte keinen Zeitpuffer. Wieder beruhigte er sich mit der Gewissheit, dass alles ja genau so eingetroffen war, aber wieder blieb auch ein Restzweifel. Mason verbot sich den Gedanken daran, den Unfall doch noch zu verhindern. Stattdessen dachte er an das Werkzeug, welches hinter einem Busch deponiert war, ein Vorschlaghammer, ein Stemmeisen und eine
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