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Motiv Angst

Motiv Angst

Titel: Motiv Angst
Autoren: Antje Szillat
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gesteckt und dort sollte ich lernen, wie ich ohne Gewalt meine Probleme lösen kann
.
    Da hab ich dann das erst Mal gehört, dass man auch nur mit den Worten anderen wehtun kann. Ich war echt geschockt
.
    Vanja, 11 Jahre, Schülerin an einer Gesamtschule

D ER ERSTE S CHRITT
    Frau Bender stürmte ins Lehrerzimmer und knallte mit voller Wucht die Englischhefte der 5a auf den Tisch. Ihre Augen funkelten vor Wut und auf ihrem Hals hatten sich zahlreiche rote Flecken verteilt. Das passierte ihr immer, wenn sie besonders gestresst war oder kurz davor stand, völlig die Fassung zu verlieren. Ihre Mutter meinte immer: „Das sind deine Nerven. Das hast du von mir geerbt. Du bist einfach zu sensibel ...“
    In ihrer Kindheit hatte sie diesen Satz so oft gehört, dass er ihr schon zu den Ohren herauskam. Später, als sie ihr Abitur in der Tasche hatte und ihren Eltern mitteilte, dass sie Lehramt studieren wolle, waren diese darüber völlig entsetzt. „Dafür hast du doch überhaupt nicht die Nerven, Kind“, waren sie fest überzeugt. Aber sie hatte sich nicht davon abbringen lassen und auch jetzt würde sie sich nicht davon abhalten lassen, zu handeln.
    â€žWas ist denn mit dir los?“, wollte eine Kollegin von ihr erfahren.
    â€žWas mit mir los ist? Du fragst, was mit
mir
los ist ...?“, sie schnappte aufgeregt nach Luft. „Ich frage mich eher, was mit
euch
los ist!“ Nun wurden auch die beiden anderen Lehrer, die sich ebenfalls im Raum aufhielten, aufmerksam und starrten sie halb interessiert, halb amüsiert an.
    â€žFrau Bender, Frau Bender, was ist Ihnen denn für eine Laus über die Leber gelaufen?“, mischte sich jetzt ein älterer Kollege ein.
    â€žWollen Sie das wirklich wissen?“ In Frau Benders Gesicht lag der pure Kampfwille. „Das glaube ich Ihnen nicht!“ Und damit machte sie auf dem Absatz kehrt und verließ das Lehrerzimmer. Sie stürmte eine Tür weiter ins Schulbüro, nickte Frau Dreyer, der Schulsekretärin, kurz zu und betrat, ohne anzuklopfen, das Büro des Schulleiters. Herr Böker war gerade im Begriff, zu telefonieren. Er schaute sie irritiert an und legte den Telefonhörer wortlos an seinen Platz zurück.
    â€žFrau Bender, was kann ich für Sie tun!“ Seine Stimme klang steif.
    â€žIch möchte mit Ihnen über das Thema Gewalt an dieser Schule sprechen.“ Inzwischen hatte sie sich wieder etwas gefangen, dennoch vibrierte ihre Stimme vor Erregung.
    Herr Böker hob die Augenbrauen und schaute sie einen kurzen Moment schweigend an. Dann bat er sie Platz zu nehmen. „Bitte, dann legen Sie mal los.“
    â€žDanke“, erwiderte sie und setzte sich. Sie kramte einen Stapel Unterlagen aus ihrer Aktentasche hervor und legte diese vor Herren Böker auf den Schreibtisch.
    â€žIch habe mich schlau gemacht und bin auf dieses Anti-Gewalt-Programm hier gestoßen.“ Sie deutete mit den Fingern auf eine Broschüre, die ganz oben auf dem Stapel lag. STARK OHNE GEWALT stand in großen schwarzen Buchstaben auf rotem Untergrund.
    â€žWir als Schule können uns dieser Kampagne anschließen und einige der Lehrer sollten sich diesbezüglich weiterbilden. Ich erkläre mich natürlich sofort bereit, an dieser Ausbildung teilzunehmen und auch das Projekt an dieser Schule zu betreuen.“
    Herr Böker räusperte sich geräuschvoll.
    â€žÃœbertreiben Sie es jetzt nicht ein bisschen, liebe Frau Bender?“
    Das klang mehr wie eine Feststellung als wie eine Frage. Doch Frau Bender ließ sich davon nicht aus der Fassung bringen und fuhr fort.
    â€žSicherlich besteht noch kein Grund zu dramatisieren, Herr Böker, aber auch kein Grund, das Thema zu verharmlosen. Wir sind jetzt gefragt etwas zu unternehmen.“ Herr Böker blätterte einen Moment schweigend in der Broschüre herum, legte sie anschließend wieder zurück auf den Schreibtisch und sah Frau Bender abwartend an.
    â€žIch finde Ihren Ansatz gut, Frau Bender, wirklich. Ich habe mich auch bereits über ähnliche Projekte erkundigt und bin natürlich sehr daran interessiert. Aber bitte erklären Sie mir Ihre Gründe, weshalb Sie dieses Projekt durchführen möchten. Warum stürmen Sie jetzt so herein und knallen mir diese Unterlagen auf den Tisch?“
    Auf die sich häufenden völlig chaotischen Unterrichtsstunden wollte Frau Bender überhaupt nicht näher
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