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Morgenrot

Morgenrot

Titel: Morgenrot
Autoren: Tanja Heitmann
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brachte sich hinter einem verdutzt dreinschauenden Professor in Sicherheit. Wenn man es nicht mit Adam aufnehmen kann, hält man sich einfach an seine bessere - sterbliche - Hälfte.
    Adalbert machte Anstalten, sie um Carriere herumzuscheuchen, doch sofort legte sich eine schmale Hand mit der Kraft eines Schraubstocks um seinen Hals.
    »Meins«, fauchte Professor Carriere und schlug ihm den Elektroschocker aus der Hand. »Wie kannst du es wagen, Sklave!«
    Adalbert allerdings auch seine bullige Statur nichts - der asketische Carriere hielt ihn fest im Griff. Gebannt beobachtete Lea, wie der Professor seinen Mund auf Adalberts schreckensverzerrte Lippen presste. Doch der Kuss brach Adalberts Widerstand, ließ ihn in die Knie sinken.
    Was Lea sah, war eine Flut, die sich ausbreitete, und auf ihren Kämmen tanzte der Dämon. Ein wildes Rauschen drohte die Wände des Kerkers zum Bersten zu bringen, als Carriere sich zurückbeugte, die Venen seines eigenen Handgelenks zerbiss und die Wunde an Adalberts Mund presste.
    Lea spürte, wie Adams Arme sie umfingen, sie fortzuziehen versuchten. »Schau nicht hin«, bat er sie sanft. Sie schüttelte ihn jedoch ab, unfähig, den Blick zu lösen. Da nahm Adam sie zärtlich in die Arme und ließ ihr ihren Willen, während er selbst sein Gesicht an ihrem Hals vergrub.
    »Unwürdiger Sklave«, sagte Carriere mitleidslos, während Adalbert das tödliche Geschenk annahm. Mit einer Bewegung, die vor Macht strotzte, richtete Carriere sich auf und ließ den benommenen Adalbert in sich zusammensacken.
    Obwohl es einer Todesstrafe gleichkam, war Adalberts Gesicht voller Verzückung. Sein alter Herr, der ihm während ihrer gemeinsamen Zeit die Verwandlung verweigert und ihn zudem auch noch verstoßen hatte, erfüllte ihm nun endlich den sehnlichsten seiner Wünsche: Etienne Carrieres Dämon ging auf ihn über. Und Adalbert war mehr als bereit, dieses Schicksal anzunehmen, selbst wenn es die eigene Vernichtung bedeutete.
    Augenblicklich warf Adalbert den Kopf in den Nacken, die untere Gesichtshälfte mit Blut beschmiert.Wie Säure begann sich das giftige Rot aus Carrieres Adern in die Haut zu fressen und vereinte sich für einen bizarren Moment lang mit dem Narbengeflecht, mit dem Adalberts Gesicht überzogen war. Dann versengte es das Gewebe, legte Zähne und Kiefer frei. Wie eine Feuerschneise kroch die Vernichtung die Kehle hinunter, steckte den Brustkorb in Brand, während gierige Zungen in alle Richtungen hin ausschlugen und zerstörten, was ihnen im Weg war.
    Die ganze Zeit über war Adalberts Blick voller Sehnsucht auf Carriere gerichtet. Bis auch diese Augen, die immer voller Rachsucht und einer irren Gier gewesen waren, in tiefem Rot versanken.
    Erneut versuchte Adam, Lea mit sich fortzuziehen. Da drehte sich Carriere um, und sein überirdischer Blick traf sie. Leicht wiegte er verneinend den Kopf, während sein Zeigefinger wie ein Pendel hin- und herschwang. Seine filigranen Lippen waren zu einem grausamen Lächeln verzogen. »Das Blut gehört mir«, sagte er, als erkläre er einem kleinen Kind die Regeln.
    »Etienne ...«, setzte Adam tonlos an, während er sich langsam vor Lea schob. »Erinnere dich, bitte.«
    Doch in dem ebenmäßigen Antlitz war nicht eine Spur von Etienne Carriere zu entdecken. Sie atmete tief ein, sog Adams Duft in sich auf und konzentrierte sich ganz auf ihn. Nur von ihm würde sie sich locken lassen.
    Mit einem grazilen Sprung war Carriere bei ihnen, hob den Arm und schlug Adam, ohne zu zögern, ins Gesicht. Ein gezielter, harter Hieb, dennoch mehr eine Zurechtweisung als eine Kampfhandlung. Adams Kopf zuckte ein Stück zur Seite, und Lea hörte ein leises Aufstöhnen. Bevor Adam sich aufrichten konnte, hatte Carriere die Hand erneut erhoben. Allerdings hielt er inne, als wartete er, bis Adam bereit für eine weitere Züchtigung war.
    Aber Adam richtete sich nicht wieder auf. Er verharrte in seiner Haltung, wie auch Carriere es tat. Dann drehte er den Kopf leicht zur Seite und blickte seinen Freund durch wirre Haarsträhnen hindurch an. Einen Augenblick maßen sich die beiden, dann prallten sie aufeinander. Sie hatten ihre Entscheidung getroffen.
    Entsetzt beobachtete Lea das Ringen der beiden Männer. Sie fürchtete, dass Adam trotz seiner überlegenen Kraft und Erfahrung dem feingliedrigen Etienne Carriere auf Dauer unterliegen würde. Zu hell loderte der Dämon in dessen Körper, befeuert von dem Wunsch, sich endlich Untertan zu machen, was ihm seit je
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