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Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan

Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan

Titel: Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan
Autoren: C.J. Cherryh
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Fingern und füllte ihren Rock, bis sie einen Schatten erreichte, der tiefer und kälter zu sein schien.
    Aus einer unsichtbaren Öffnung in diesem Schatten hauchte kalte Luft, und sie hielt inne mit dem Gold im Schoß und starrte in die undurchdringliche Dunkelheit. Sie spürte die Existenz einer anderen, tieferliegenden Kammer, schwarz und riesig.
    Die Entdeckung belastete sie, lockte sie. Ihr fiel ein, daß es in Ashruns Grabstätte eine Schatzkammer gegeben hatte, die mehr Reichtum erbracht hatte als jede andere zuvor.
    Sekundenlang zögerte sie und betastete die Amulette, die ihr Schutz versprachen. Dann verwünschte sie ihre Feigheit und überredete sich selbst: der Donner rollte über die Hügel und erinnerte sie, daß sie nur diese eine Chance haben würde.
    Flüsternd rief sie Azrad an, der vor Gespenstern schützte, rückte kniend weiter vor und warf einen Siegelstein in die Dunkelheit. Er traf auf Metall; ermutigt beugte sie sich vor und griff in die Finsternis.
    Ihre Finger berührten zerfallendes Tuch, und sie zuckte zurück, dabei schlug ihre Hand jedoch gegen Metall, und Gegenstände verströmten mit einem Klappern, das die Echos weckte und beinahe ihr Herz stocken ließ. Um ihre Knie ergossen sich staubige Juwelen und Teller und Kelche aus Gold, Schätze, die die Gebilde in ihrem Schoß als Tand erscheinen ließ.
    Gequält verwünschte sie die Kürze der Zeit, die ihr zur Verfügung stand. Sie raffte zusammen, was sie tragen konnte, und kehrte zum Tunnel zurück, um jedes Stück ins Tageslicht hinauszuschieben. Als sie sich schließlich selbst hindurchzwängte, klatschten Regentropfen in den Staub und erfüllten sie mit einem Hauch von Kälte, während sie die schweren Gegenstände zum Boot schleppte, oft vor Erschöpfung schwankend.
    Sie blickte auf und sah die Wolken düster wogen. Es war kalt geworden, und der Wind seufzte laut durch das Gras. Sobald das Unwetter losbrach, würde das Wasser schnell ansteigen, und sie hatte Angst davor, in jener Höhlung eingeschlossen zu sein, während das Wasser über den Eingang stieg, um sie in der Dunkelheit zu ertränken. Doch ein Stück hatte sie noch zurückgelassen, eine Schale voller Goldgegenstände, schwer und solide.
    Mit fiebriger Pein legte sie sich nieder und kroch zurück in die Dunkelheit, hastete weiter, bis sich ihr Blick klärte und sie erneut in den Hauptraum trat, in dem der König aufgebahrt lag.
    Sinnlos, ihn schonen zu wollen. Sie faßte plötzlich den Entschluß, ihren Diebstahl komplett zu machen, denn das Wasser würde ja doch alles verschlingen — so auch die Maske. Sie trat an das Podest — der einzige Ort, der von Licht erleuchtet wurde, das inzwischen aber von Wolken verdunkelt war. Einige Regentropfen fielen wie Tränen auf die Maske und bildeten kleine Pfützen in dem Staub, und der Wind wirbelte heftig durch die beiden Öffnungen und zupfte an ihren Röcken, forderte sie auf, sich endlich zu beeilen. Doch wieder sah sie, wie hübsch er gewesen war, und jetzt allein, seine Geistergefährten vernichtet, hier am Ende der Zeit. Er hatte die Felder weit und grün gesehen, hatte über Festungen und Dörfer geherrscht, neben denen Chadrih zur Bedeutungslosigkeit schrumpfte. Es war ein gütiges Geschick, Macht genossen und niemals Hunger gespürt zu haben und sich schließlich inmitten all dieser guten Dinge zur Ruhe zu legen.
    Doch zuletzt wurde er jetzt von einem Barrower-Mädchen ausgeraubt, von seiner Urenkelin, deren Wünsche sich darauf beschränkten, einen warmen Mantel und genug zu essen zu haben — und einmal die grünen Berge Shiuans zu sehen.
    Ihre Hand blieb ein zweitesmal der Maske fern, die ihn bedeckte, und ihr Blick fiel auf einen seltsamen Gegenstand in seinen Skelettfingern. Sie schob die Knochen zur Seite und ergriff es: einen Vogel, wie sie ihn schon über den Sümpfen gesehen hatte — kein Glückssymbol für einen Krieger, der oft den Tod riskierte, auch hatte dieses Ding nicht zu seiner Rüstung gehört. Sie dachte eher an eine trauernde Frau, die den Vogel dorthin gelegt hatte, ein Geschenk an einen Toten.
    Es war seltsam, sich vorzustellen, daß eine so einfache Kreatur wie eine Möwe in der fernen Vergangenheit genauso zu Hause war wie hier, daß bereits der unbekannte König diese Vögel über einer fernen Küste gesehen hatte, ohne zu wissen, daß sie die Erben all der Dinge waren, die er besaß. Jhirun zögerte über der Figur, denn die weißen Meeresvögel waren eine Gestalt des Todes, für die der Rand
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