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Mordspech (German Edition)

Mordspech (German Edition)

Titel: Mordspech (German Edition)
Autoren: Oliver G. Wachlin
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wie möglich nach Hause zu kommen – und warum er sein Handy ausgemacht habe? Ihm sollte doch klar sein, dass sie ihn nach solchen Nachrichten zurückrufen will. – Blödmann!
    »Halte mich auf dem Laufenden, okay? Ich komme so schnell wie möglich nach Berlin.« Sie schmatzte ihm einen Kuss auf die Mailbox und steckte das Telefon wieder ein.
    Seufzend sah sie sich um. Wo war noch mal das Rote Kreuz?

3    IN DER NOTAUFNAHME des Auguste-Victoria-Krankenhauses herrscht das komplette Chaos. Hilflos versuchen mehrere Sanitäter und eine überforderte Polizistin, zwei betrunkene Kampfhähne auseinanderzubringen, die hier zwar ihre selbst beigebrachten Blessuren behandeln lassen wollen, aber nicht voneinander loskommen. Immer wieder versuchen sie, sich gegenseitig die ohnehin schon völlig demolierten Gesichter einzuschlagen, und decken sich dabei mit wüsten Beschimpfungen ein. Als das Gerangel überhandzunehmen droht, weil sich auch zwei ältere Herren mit Krücken in das Geschehen stürzen wollen, greife ich mit der Dienstpistole ein.
    »Schluss jetzt! Wenn ihr Vollidioten euch nicht augenblicklich beruhigt, knallt’s!«
    Meine Güte, ist Berlin ein hartes Pflaster geworden. Früher, in gemütlichen alten Vormauerfallzeiten, konnte man es sich als Kriminalbeamter noch leisten, unbewaffnet seine Fälle zu lösen. Heute muss man schon mit der Knarre drohen, wenn man nur seine Tochter in die Notaufnahme bringt.
    Apropos Tochter? – Wo ist sie hin?
    »Melanie?« Hektisch sehe ich mich um. »Melanie!« Sie ist weg! Das gibt’s doch nicht!
    »Machen Sie sich keine Sorgen.« Eine Schwester kümmert sich um eine verletzte Kickboarderin. »Wir arbeiten hier nach dem Ar, ar, ar.«
    »Ar, ar, ar«, wiederhole ich verständnislos und mache einem humpelnden Kleingärtner Platz, der sich mit einem Luftgewehr versehentlich in den Fuß geschossen hat, als er die Stare aus seinem Kirschbaum verjagen wollte. »Und was heißt das?«
    » ESI .« Die Schwester spricht es englisch aus wie »Ih Es Ei«. »Eine Form der Triage nach dem Emergency Severity Index. Oder anders ausgedrückt«, sie lächelt mich an und rollt das R wie eine Amerikanerin: »Der r ichtige Patient zur r echten Zeit am r ichtigen Ort. Ar, ar, ar.«
    Na prima. Und wo ist der richtige Ort für meine Tochter?
    »Was für eine Verletzung hat sie denn?«
    »Einen Schock«, antworte ich. »Das blutüberströmte Mädchen, das hier gerade eingeliefert wurde.«
    »Stabil?«
    »Das hoffe ich«, aber ich bin ja kein Arzt.
    »Ich schau mal nach.« Die Schwester erhebt sich. »Wie war noch mal Ihr Name?
    »Knoop«, antworte ich und zeige ihr meinen Dienstausweis, »Kriminalhauptkommissar Hans Dieter Knoop. Das Mädchen ist meine Tochter.«
    »Melanie Knoop?«
    »Melanie Droyßig«, verbessere ich. »Sie trägt den Nachnamen der Mutter.«
    »Haben Sie eine Geburtsurkunde dabei?«
    »Nee. Wieso?«
    »Um zu belegen, dass es Ihre Tochter ist.« Die Schwester sieht mich vorwurfsvoll an. »Sonst könnte ja jeder kommen.«
    »Schwester«, versuche ich ruhig zu bleiben, »ich bin zwar stolzer Vater, trage aber nicht täglich die Geburtsurkunden meiner Kinder mit mir herum. Sie müssen mir schon glauben.«
    »Haben Sie wenigstens die Krankenversicherungskarte Ihrer Tochter dabei?«
    »Nein. Auch nicht, leider.«
    »Krankenversicherungskarten sind aber unerlässlich für eine kassenärztliche Behandlung.« Sie hebt genervt die Hände. »Es ist immer dasselbe! Ständig sagen wir den Patienten, dass sie ihre Karten bei sich tragen sollen. Immer! Zu jeder Zeit! Falls mal was passiert, Sie sehen ja. Wer soll denn sonst die Kosten tragen?« Die Schwester runzelt nachdenklich die Stirn. »Was machen wir denn jetzt?«
    »Kann ich die Karte nicht nachreichen?«
    »Na gut«, sagt sie schließlich ergeben. »Aber nur weil Sie bei der Kripo sind.«
    »Danke.« Ich trete etwas beiseite, weil in einem Pulk aufgeregt durcheinanderschreiender und besorgter Menschen eine Trage hereingeschoben wird. Den Verletzten kann ich inmitten der Leute nicht sehen. Ihm wird geholfen werden, denke ich, denn ich weiß ja jetzt, dass sie hier nach dem Emergency Severity Index arbeiten. Wie im »Emergency Room« bei ProSieben. Helden der Notaufnahme. Doctor Ross, bitte kommen! Ar, Ar, Ar.
    »Herr Knoop, bitte zur Anmeldung«, scheppert es kurz darauf aus den Lautsprechern, als wäre ich tatsächlich George Clooney: »Herr Knopp, bitte melden Sie sich umgehend bei der Anmeldung!«
    Hat sich Melanies Zustand
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