Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mordspech (German Edition)

Mordspech (German Edition)

Titel: Mordspech (German Edition)
Autoren: Oliver G. Wachlin
Vom Netzwerk:
Fahrradkurier herum, und der dicke Hünerbein watschelt auf mich zu.
    »Na endlich«, schnauft er kurzatmig und hält ein durchsichtiges Plastiktütchen mit einer Patrone von knapp acht Zentimetern Länge hoch. »Doppelkernmunition. Da wollte jemand ganz sichergehen.«
    »Gibt’s Zeugen?«
    »Nee.« Hünerbein schüttelt den Kopf. »Die Befragungen laufen noch, aber angeblich hat niemand etwas gehört und keiner einen Bewaffneten gesehen. – Was hat denn Melanie erzählt?«
    »Dass ihr der Kurier in die Arme gefallen ist.«
    »Direkt vom Rad?«
    »So ungefähr.«
    »Mensch, Sardsch!« Hünerbein regt sich auf. »Was heißt so ungefähr? Saß der Kerl nun auf dem Rad oder nicht? Und warum fährt er damit auf den Bürgersteig herum? Laut S t VO müssen Radfahrer –«
    »… auf der Straße fahren«, unterbreche ich seinen Wortfluss, »und ganz offensichtlich tat er das nicht. Und nun? Meinst du, er wurde deshalb erschossen?«
    »Etwa …« Hünerbein starrt mich entgeistert aus seinen kleinen Schweinsäuglein an, »etwa von so einem durchgeknallten Ordnungsfanatiker? Ein Verrückter, der Radfahrer auf Bürgersteigen hasst? Das ist ja völlig irre.«
    »Das wäre es ganz sicher, Harry. Aber du hast davon angefangen, den Tod des Radfahrers mit verkehrswidrigem Verhalten in Zusammenhang zu bringen.«
    »Habe ich nicht.«
    »Doch, hast du.«
    Wir gehen auf die beiden Rechtsmediziner zu, schütteln Hände. »Morgen, die Herren. Irgendwelche Erkenntnisse?«
    »Da muss ordentlich Wumms hinter gewesen sein«, sächselt der kleine Kurzweil, »glatter Kopfschuss. Hat den Fahrradhelm und die Schädeldecke durchschlagen.«
    »Eintrittswunde rechts knapp oberhalb der Schläfe«, setzt Graber hinzu und atmet zischend die Luft ein, »Austrittswunde links unterhalb des Wangenknochens. Der war sofort hirntot. Wahrscheinlich hat er nicht mal mehr den Sturz vom Rad mitbekommen.«
    »Wir vermuten, dass der Schuss aus einem der Häuser hier abgegeben wurde.« Die Oberkommissare Egon Beylich und Rainer Matuschka kommen heran. »Die Ballistiker checken das noch, aber der Schuss kam eindeutig von schräg oben.«
    »Verdammt«, murmelt Hünerbein und starrt auf die Fensterfronten gegenüber. »Heißt das, der Schütze kann da noch irgendwo sein?«
    Für einen Moment ziehen wir alle unwillkürlich die Köpfe ein.
    »Wir sehen uns mal um.« Beylich strafft sich wieder. »Vielleicht finden wir was.«
    »Seid bloß vorsichtig!« Hünerbeins Augen suchen noch immer prüfend die Fenster der Häuser gegenüber ab. »Wer weiß, was euch erwartet.«
    »Meist werden Erwartungen ja enttäuscht«, meint Matuschka beruhigend. »Wir regeln das schon.« Er folgt Beylich über die Straße und verschwindet dort in einem der Hauseingänge.
    »Tja, wir würden dann die Leiche gern abtransportieren lassen«, meldet sich Graber wieder zu Wort. »Das hatte sie übrigens bei sich.« Er drückt mir einen Personalausweis in die Hand.
    »Adolf Borngraeber«, lese ich, wohnhaft Birkenstraße 30 in Moabit.
    »Adolf – nicht zu fassen!« Hünerbein schüttelt verständnislos den Kopf. »Hatte der Nazis als Eltern?«
    »Der ist 1936 geboren«, ich gebe ihm den Ausweis, »da war der Führer allgemein noch hoch im Kurs.«
    »Dann ist der Mann schon einundsechzig Jahre alt?« Verblüfft beugt sich Hünerbein über die durchtrainierte Leiche im engen Radlerdress: »Das sieht man ihm aber gar nicht an.«
    »Radfahren hält eben fit.«
    »Nur, wenn nicht auf einen geschossen wird.« Hünerbein patscht unruhig mit dem Ausweis auf seine fleischigen Handflächen. »Wir müssen unbedingt mehr über ihn rausfinden. Verwandte, Freunde, Feinde …«
    »Interessant wäre auch, was er transportiert hat.«
    »Bitte?« Hünerbein steht manchmal etwas auf der Leitung.
    »Ein Fahrradkurier macht doch Botenfahrten«, werde ich deutlicher, »der muss doch was in seiner Tasche gehabt haben.«
    »Damaschke«, brüllt Hünerbein, und schon trabt unser fähigster Spurensicherer heran. »Jürgen, hatte der Mann eine Tasche bei sich?«
    »Aber ja.« Jürgen Damaschke schlägt sein Notizbüchlein auf und liest. »Eine gelb-blaue Umhängetasche, Kunststoff, wetterfest, mit Klettverschlüssen und dem Aufdruck ›Berlin City Bikers‹.«
    »Und wo ist die Tasche jetzt?«
    »Wir pinseln sie gerade nach Fingerabdrücken ab und sortieren den Inhalt. Eilpost vor allem.« Damaschke schlägt sein Notizbüchlein zu. »Briefe, wichtige Unterlagen, Vertragsmappen. Wir analysieren das noch.«
    »Und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher