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Mordlicht

Mordlicht

Titel: Mordlicht
Autoren: Hannes Nygaard
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pikiert. »Ich habe nur geglaubt, der Polizei einen
interessanten Hinweis geben zu können. Schließlich steht nicht jeden Tag ein
Mensch vor meiner Haustür und behauptet von sich, ein Mörder zu sein.«
    »Ist schon in Ordnung. Vielen Dank für den Hinweis.
Wir werden überlegen, ob wir mit Ihrer Information etwas anfangen können.«
    Große Jäger bohrte mit dem Zeigefinger im Ohr, besah
sich wie immer nach einer solchen Aktion intensiv das Ergebnis und berichtete
dann Christoph und seinem anderen Kollegen im Raum von seinem Telefonat.
    Harm Mommsen, der junge Kriminalkommissar mit der
sportlich-durchtrainierten Figur, dem braunen Teint und insgesamt einem
Erscheinungsbild, das Frauenherzen höher schlagen ließ, legte den Vorgang, an
dem er gerade saß, zur Seite und lauschte den Ausführungen seines Gegenübers.
    »Was sollen wir nun anfangen?«, fragte Christoph in
den Raum hinein.
    »Tja«, gab der Oberkommissar mit spitzem Mund zurück,
»darüber muss ich mir keine Gedanken machen. Dafür haben wir einen
Dienststellenleiter, unseren leibhaftigen Hauptkommissar. Mit seiner übermäßig
großen kriminalistischen Erfahrung …«
    Er sah dabei Christoph an, der vor einem Jahr nach
Husum versetzt worden war. In der Tat fehlte ihm damals die Erfahrung in der
Arbeit vor Ort, nachdem er die letzten zehn Jahre im Verwaltungsdienst in Kiel
zugebracht hatte. Auch war er nicht freiwillig an die Westküste gekommen.
    »Du wirst ein Provinzkommissar«, hatten seine Kollegen
in der Landeshauptstadt damals gelästert. Inzwischen hatte er sich nicht nur
hervorragend in das neue Aufgabengebiet eingearbeitet, sondern auch seine
Sympathie für die aufstrebende kleine Stadt entwickelt, für die unbeschreiblich
schöne Landschaft und vor allem für die Menschen hinterm Deich. Es war nicht
einfach, als Zugereister Anschluss zu gewinnen. Manche blieben über
Generationen die Fremden, wer aber die Einheimischen und ihre nach außen hin
bedächtig wirkende Lebensweise verstand, wollte nur ungern wieder fort. So war
es auch ihm ergangen, auch wenn seine Ehefrau immer noch am Familienwohnsitz in
Kiel lebte und dort als Rechtsanwältin praktizierte. Selbst wenn die
Arbeitsmöglichkeiten hier in Husum nicht immer optimal waren – insbesondere
fehlte es aus Geldmangel an moderner Technik und an ausreichenden Sachmitteln
–, wog die hervorragende Zusammenarbeit im Team viele Probleme des
Polizeialltags auf.
    Und an all dies hatte ihn der Oberkommissar mit einer
einzigen spitzen Bemerkung erinnert.
    »Ein Dienststellenleiter hat das Privileg, seine
besten Mitarbeiter um ihre Meinung zu fragen. Unter Abwägung aller Interessen
entscheidet er dann genau entgegen dem Rat seines dienstältesten
Oberkommissars«, gab Christoph lachend zurück.
    Große Jäger nahm den Ball auf. »Unter diesen Umständen
schlage ich vor, dass wir uns nicht weiter um die Sache kümmern, schon gar
nicht nachfragen, ob in irgendeinem amtlichen Kühlschrank eine Leiche ohne
Heimatanschrift liegt.«
    »Unter Berücksichtigung meiner zuvor gemachten
Äußerungen schlage ich deshalb vor, dass …«
    »Okay! Okay!«, fiel ihm Harm Mommsen ins Wort, sich
ebenfalls dem Grinsen seiner beiden Kollegen anschließend. »Ich bin schon
dabei, entsprechende Erkundigungen einzuziehen.«
    Dann griff der junge Kommissar zum Telefon.
    »Moment«, unterbrach ihn Christoph. »Wenn wir eine
offizielle Anfrage starten, wecken wir schlafende Hunde.«
    »Du meinst eher, einen schlafenden Kriminaloberrat in
Flensburg«, warf Große Jäger ein. Gemeint war Kriminaloberrat Dr. Starke, der
Leiter der Bezirkskriminalinspektion in Flensburg.
    »Richtig. Wenn wir den oder das K1, die
Mordkommission, informieren, müssen wir uns wieder dafür rechtfertigen, dass
wir ungefragt in fremden Gewässern angeln und darüber unsere eigentliche Arbeit
vernachlässigen. Ihr wisst, diese Vorwürfe sind das Lieblingsthema unseres
verehrten Vorgesetzten, der davon überzeugt ist, die Husumer wären die
miserabelste Dienststelle in ganz Schleswig-Holstein.«
    »Hör mir mit dem Scheiß-Starke auf«, war der einzige
Kommentar des Oberkommissars zu Christophs Einwand.
    »Ich habe eine andere Idee«, sagte Christoph laut und
griff selbst zum Telefonhörer. Er lauschte einer Weile dem Freizeichen, bis am
anderen Ende abgenommen wurde. Statt einer Meldung vernahm er ein Niesen und
Husten. Das bestätigte ihm, dass er den richtigen Teilnehmer am anderen Ende
der Leitung hatte.
    »Hallo Klaus«, begrüßte er
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