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Mord Nach Maß

Mord Nach Maß

Titel: Mord Nach Maß
Autoren: Agatha Christie
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Grad faszinierte es mich, von diesen Dingen zu hören, aber andererseits erschien mir das Ganze ziemlich lächerlich.
    »Und Sie haben wirklich gar keine engen Freunde oder Bekannte?« fragte ich ungläubig. »Und keinen Verehrer?«
    »Meine Freunde oder Kavaliere werden für mich ausgesucht«, sagte sie bitter. »Sie sind sterbenslangweilig.«
    »Als ob man eingesperrt wäre«, meinte ich.
    »Genau.«
    »Und wirklich gar keine Freunde?«
    »Doch, aber erst jetzt. Jetzt hab ich Greta.«
    »Wer ist das?«
    »Ach, ursprünglich kam sie wohl au pair zu uns – na ja, vielleicht nicht ganz. Aber ich hatte zum Französischlernen immer ein Mädchen aus Frankreich bei mir wohnen, und dann kam Greta, aus Deutschland; damit ich auch Deutsch lernte. Aber Greta war ganz anders. Alles ist anders, seit Greta da ist.«
    »Sie mögen sie wohl?«
    »Sie hilft mir. Immer hält sie mir die Stange. Sie richtet es so ein, dass ich ausgehen, etwas unternehmen kann. Wenn es sein muss, lügt sie auch für mich. Wenn Greta nicht gewesen wäre, hätte ich unlängst auch nicht nach Gipsy’s Acre kommen können. Während meine Stiefmutter jetzt in Paris ist, versorgt Greta mich und leistet mir Gesellschaft. Ich schreibe zwei oder drei Briefe für Paris, und wenn ich dann verreise, gibt Greta sie auf, damit sie einen Poststempel aus London tragen.«
    »Aber warum wollten Sie unbedingt nach Gipsy’s Acre?« , fragte ich. »Wozu das?«
    Sie zögerte mit der Antwort. »Das war so eine Idee von Greta und mir«, sagte sie schließlich. »Greta ist unbezahlbar; sie hat die richtigen Einfälle.«
    »Wie sieht diese Greta denn aus?«
    »Oh, sehr attraktiv. Groß und blond. Und sehr tüchtig.«
    »Mein Geschmack ist sie nicht«, meinte ich.
    Ellie lachte. »O doch, bestimmt, Sie müssten sie nur kennen. Sie ist nämlich auch sehr geschickt.«
    »Ich mag keine geschickten Mädchen«, beharrte ich, »und auch keine großen blonden. Ich mag zierliche, mit Haaren von der Farbe frischen Herbstlaubs.«
    »Ich glaube fast, Sie sind eifersüchtig auf Greta«, lachte Ellie.
    »Vielleicht. Sie haben sie sehr gern, wie?«
    »Ja, schrecklich gern. Sie hat die Welt für mich verwandelt.«
    »Und sie hat auch vorgeschlagen, dass Sie hier herunterfahren sollten. Ich frage mich nur, warum? In dieser gottverlassenen Gegend gibt’s weder viel zu sehen noch zu unternehmen. Mir kommt das alles ziemlich mysteriös vor.«
    »Das ist eben unser Geheimnis«, sagte Ellie und wurde wieder verlegen.
    »Zwischen Greta und Ihnen? Erzählen Sie mir davon.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Irgendetwas muss ich schließlich auch für mich behalten dürfen.«
    »Weiß Greta denn, dass Sie sich mit mir treffen?«
    »Sie weiß nur, dass ich mich mit irgendjemand treffe, mehr nicht. Sie fragt mich nicht aus. Aber sie spürt, dass ich glücklich bin.«
    Danach sah ich Ellie eine ganze Woche lang nicht. Ihre Stiefmutter war aus Paris zurückgekehrt, in Begleitung eines Herrn, den Ellie »Onkel Frank« nannte; außerdem erwähnte sie fast beiläufig, dass sie bald Geburtstag habe und dass deshalb in London eine große Geburtstagsparty für sie stattfinde. »Dann kann ich nicht weg«, sagte sie. »Die ganze nächste Woche nicht. Aber danach… danach wird alles anders.«
    »Was wird anders?«
    »Na ja, von da an kann ich tun und lassen, was ich will.«
    »Und natürlich dank Gretas Hilfe, wie üblich?«
    Meine Einstellung zu Greta brachte Ellie immer zum Lachen. Meist sagte sie dann: »Wie dumm von Ihnen, diese Eifersüchtelei. Sie müssen sie wirklich bald kennenlernen. Sie wird Ihnen gefallen.«
    »Herrschsüchtige Frauen gefallen mir nicht.«
    »Wie kommen Sie auf die Idee, dass sie herrschsüchtig ist?«
    »Na ja, wegen der Art, wie Sie von ihr sprechen. Immerzu muss sie alles managen.«
    »Sie ist ja auch sehr tüchtig. Was sie anpackt, das klappt. Deshalb verlässt sich meine Stiefmutter auch so auf sie.«
    Ich fragte nach Onkel Frank.
    »Im Grunde kenne ich ihn gar nicht näher«, antwortete Ellie.
    »Er ist auch gar kein direkter Verwandter, nur der Schwager meines Vaters. Ich glaube, er war immer viel auf Achse, und ein paar Mal in ziemlichen Schwulitäten. Sie wissen ja, wie die Leute dann reden und ihre Andeutungen machen.«
    »Aha, wohl nicht gesellschaftsfähig?«, fragte ich. »Kleiner Schandfleck?«
    »Ach, nicht direkt, das glaube ich nicht; aber er saß immer mal wieder in der Klemme. Finanziell, meine ich. Und dann mussten ihm Anwälte, Treuhänder und ähnliche Leute zu
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