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Mord im Bergwald

Mord im Bergwald

Titel: Mord im Bergwald
Autoren: Nicola Förg
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Tag. Dann hat das Madl mal was von seiner Mama!«
    Frau Reindls Antwort verblüffte Irmi nur sehr kurz. »Ach, das Soferl ist gar nicht da, sie ist in Reutte bei einer Freundin.«
    Als Irmi auflegte, machte ihr der Magen mit kurzen krampfartigen Meldungen zu schaffen.
    Andrea hatte schon eine ganze Weile neben ihr gestanden, um nun endlich die Botschaft loszuwerden: »Dieser Herr Orlowski hat angerufen, dass das Buch von Kathi auf der Alm liegengeblieben ist. Er hätte es mal sichergestellt.« Sie verzog den Mund unwillig.
    »Schön, danke, und das nächste Mal stehen Sie nicht ewig hinter mir, wenn ich telefoniere!«, bellte Irmi lauter als nötig.
    Andrea zog den Kopf ein.
    Sailer, der doch so was wie Gespür hatte hinter seiner mal rauen und mal hektischen Schale, fragte: »Soll i vielleicht auffi fahrn?«
    »Nein, ich fahr selber.«
    Grußlos verließ Irmi ihr Büro. Würde sie von Schnaps nicht immer Sodbrennen bekommen, hätte sie jetzt einen doppelten Obstler genommen. Sie unterdrückte den Impuls, Kathi nochmals anzurufen, und fuhr einfach los. Zusehends beruhigte sie sich. Was auch an der neuen Pet-Shop-Boys-CD liegen mochte. Man gab ja eigentlich nicht zu, dass man mit gut fünfzig eine Pet-Shop-Boys-CD kaufte, aber die Jungs aus der Zoohandlung klangen akkurat wie in den Achtzigern. Und das beruhigte. Wenig später tauschte sie die Pet Shop Boys gegen die neue von a-ha ein. Gott, dieser Morten war fast so alt wie sie und wurde immer attraktiver. Das war nicht fair. Sie summte »Foot of the Mountain« mit und fühlte sich auf einmal großartig.
    Sie war am Foot of the Mountain angekommen, am Sägewerk. Ihr Cabrio war natürlich nicht so recht für den Forstweg geeignet, und in einer scharfen Kurve lief sie auf vier Wandererwaden auf. Zwei Pärchen in den Fünfzigern. Ein Mann hieb ihr mit der Faust auf die Motorhaube und brüllte: »Das ist keine Fahrstraße, du dumme Kuh!«
    Nun wäre so eine Attacke vom Revierinhaber schon grenzwertig, aber das hier war eindeutig ein Tourist mit norddeutschem Zungenschlag. Irmi gab Gas, dass die Steine nur so spritzten, schoss ein paar Meter bergwärts und hielt dann an. Bevor der Mann weiterschreien konnte, brüllte Irmi zurück: »Polizei!« Sie hielt ihm die Dienstmarke vor die Nase. »Was fällt Ihnen ein, mein Auto zu beschädigen?«
    Der Mann erstarrte.
    »Personalien, Ausweis!«
    »Ich wusste nicht, ich ...«
    Seine Frau mischte sich ein: »Mein Mann wusste nicht, dass Sie von der Polizei sind.«
    »Ach, und wenn ich das nicht gewesen wäre, meinen Sie, dann wäre es in Ordnung, Autos zu attackieren?« Irmis Augen sprühten Funken.
    Der Mann hatte inzwischen seinen Personalausweis herausgezogen. Elmar Walter, geboren 1952, wohnhaft in Bremerhaven.
    »Herr Walter! Ich weiß ja nicht, ob Selbstjustiz bei Ihnen da oben normal ist oder Sachbeschädigung, hier unten benehmen wir uns jedenfalls zivilisiert!« Sie sah ihn böse mit zusammengekniffenen Augen an. »Ich belasse es bei einer Verwarnung, Herr Walter!«
    Der Mann nickte wie ein Schulbub.
    Irmi reichte ihm den Ausweis. »Schönen Urlaub noch!«, schickte sie hinterher und musste im Weggehen fast schon wieder lachen. Sie verfügte schon über ein gewisses schauspielerisches Talent. Der Urlaub war denen wahrscheinlich verdorben, und der Tourismusverband Karwendel würde ihr dafür keine Verdienstmedaille verleihen, waren Touris doch so kostbar. Sie wurden weniger und immer älter, man musste sie pflegen. Aber nicht um jeden Preis, dachte Irmi. Ein alpiner Benimmkurs hatte noch keinem Fischkopf geschadet.
    Sie war eindeutig besser gelaunt, als sie auf der Alm vorfuhr. Morten sang in seiner unverwechselbaren Stimme den Schlussakkord.
    Die Schutzwaldsanierer saßen an einem langen Biertisch. Irmi ging langsam auf sie zu, murmelte einen Gruß und ließ sich auf der Bank neben der Staatsanwältin nieder. Iris von Gstalden hatte eine Käseplatte vor sich und langte ordentlich zu.
    »Dass du jetzt essen kannst!«, rief die Bioladen-Lady.
    Aha, noch so ein Seelchen, dachte Irmi. Diesen Spruch hatte sie doch gerade erst von Andrea gehört.
    »Die isst doch auch«, sagte Iris und deutete auf die Grundschullehrerin, die vor einer Tüte Schokobons hockte, einen nach dem anderen auspackte und in sich hineinstopfte, als seien das die letzten vor dem Weltuntergang.
    »Schokolade ist gut für die Nerven und die weibliche Figur«, sagte Orlowski und lächelte die Lehrerin anzüglich an. Er schien von ihren Rundungen durchaus
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