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Montgomery & Stapleton 08 - Die Hand des Bösen

Montgomery & Stapleton 08 - Die Hand des Bösen

Titel: Montgomery & Stapleton 08 - Die Hand des Bösen
Autoren: Robin Cook
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selbstverständlich so verhalten, wie auch ihr eigener Vater es von ihr erwartet hätte. Bedauerlicherweise brachte dieses selbstverständliche Verhalten gewisse Probleme mit sich. Als typischer zweiunddreißig Jahre alter Amerikaner interpretierte Cal Veenas kulturell motivierte Aufmerksamkeit und ihre Respektsbekundungen als Flirtverhalten, und das hatte bereits zu zahlreichen Missverständnissen geführt. Es war für beide eine schwierige Situation, die durch ihre mangelhafte Kommunikation auch nicht besser wurde. Veena hatte Angst, ihre Chancen auf die Freiheit zu schmälern, zu der Nurses International ihr verhelfen wollte, und Cal hatte Angst davor, sie zu verlieren, weil sie seine Mitarbeiterin und darüber hinaus so etwas wie die Führungspersönlichkeit der ganzen Gruppe war.
    An diesem Nachmittag hatte Veena wie an jedem Nachmittag eines Arbeitstages und trotz ihrer Anspannung die mit Holzpaneelen geschmückte Bibliothek angesteuert, die Cal zu seinem Büro erkoren hatte. Am Ende jeder Schicht mussten die Pflegekräfte einem der vier Geschäftsführer des Unternehmens Bericht erstatten, und zwar jeweils demjenigen, der sie auch eingestellt hatte: dem Präsidenten Cal Morgan, der Vize-Präsidentin Petra Danderoff, dem Leiter der Computerabteilung Durell Williams oder der Psychologin Santana Ramos. Veena war vor zwei Monaten, unmittelbar nach der Gründung des Unternehmens, von Cal eingestellt worden und musste daher ihm berichten. Bei der Arbeit hatten Veena und die anderen nicht nur ihre normalen Pflichten als Krankenschwestern zu erledigen, sondern mussten auch heimlich Unmengen von Patientendaten aus den Zentralcomputern der sechs Privatkliniken kopieren, bei denen sie als Leiharbeiterinnen beschäftigt waren. Anschließend mussten sie die Daten hierherbringen und ihren jeweiligen Vorgesetzten Bericht erstatten. Während ihrer einmonatigen Zusatzausbildung in den USA hatten sie speziell in diesem Punkt genaue Anweisungen erhalten. Zur Erklärung hatte man ihnen gesagt, dass eine der wichtigsten Aufgaben von Nurses International darin bestand, Daten über die Resultate chirurgischer Eingriffe zu sammeln. Warum das Unternehmen Interesse an solchen Daten hatte, war nicht näher erklärt worden, und es hatte eigentlich auch niemanden so richtig interessiert. Dieses komplizierte und streng geheime Vorgehen schien ein kleiner Preis zu sein. Schließlich bestand die Gegenleistung nicht nur darin, dass sie bereits jetzt wie amerikanische Krankenschwestern bezahlt wurden und das Zehnfache ihrer indischen Kolleginnen verdienten, sondern auch, was noch wichtiger war, in dem Versprechen, nach Ablauf von sechs Monaten in die USA versetzt zu werden.
    Veena hatte also an diesem Nachmittag, nervös wie immer, Cals Büro aufgesucht, und er hatte ihre Nervosität noch verstärkt, indem er sie gebeten hatte, die Tür zu schließen und sich auf die Couch zu setzen. Voller Furcht vor einer weiteren Verführungsszene war sie seiner Anordnung gefolgt. Doch was dann kam, war ein vollkommen unerwarteter Schock gewesen. Er hatte ihr erzählt, dass er heute die ganze Geschichte über ihren Vater und die Misshandlungen erfahren hatte. Veena war erschüttert und fühlte sich gedemütigt, aber gleichzeitig empfand sie auch eine ungeheure Wut auf ihre beste Freundin Samira Patel, weil sie sofort wusste, dass nur sie Veenas dunkelstes Geheimnis hatte verraten können. Samira war auch Krankenschwester. Veena und sie hatten gemeinsam ihre Ausbildung gemacht und waren dann zu Nurses International gegangen. Auch sie wollte in die Vereinigten Staaten auswandern, allerdings aus einem sehr viel profaneren Grund. Durch das Internet hatte sie die Freiheiten des Westens kennengelernt und ertrug die vielen Einschränkungen, denen sie in Indien ausgesetzt war, nur noch widerwillig. Sie war, wie sie gerne von sich selbst sagte, ein freiheitsliebender Mensch.
    Nach Cals Enthüllung war Veena aufgesprungen und wollte einfach weggelaufen, irgendwohin, aber Cal hatte sie am Arm gepackt und sie gedrängt, sich wieder hinzusetzen. Zu ihrer großen Überraschung überschüttete er sie keineswegs mit Schuldvorwürfen und Verfluchungen, wie sie immer gefürchtet hatte. Stattdessen sicherte er ihr durchaus glaubhaft sein Mitgefühl zu und wurde richtiggehend ärgerlich, weil sie dachte, sie sei für das Verhalten ihres Vaters irgendwie verantwortlich. Dann hatte er weiter auf sie eingeredet und ihr gesagt, dass er ihr helfen könnte, wenn sie ihm auch
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