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Monströse Welten 3: Toleranz

Monströse Welten 3: Toleranz

Titel: Monströse Welten 3: Toleranz
Autoren: Sheri S. Tepper
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allmählich wird es lächerlich.«
    »Es gibt da ein neues Präparat«, sagte er. »Ovitalibon. Es wird von einem der europäischen Pharmakonzerne hergestellt und ist gerade für den Gebrauch in diesem Land freigegeben worden. Ich habe das Mittel in Fällen von unerklärlicher Unfruchtbarkeit, die dem Ihren vergleichbar sind, bereits mit einigem Erfolg angewandt.«
    »Ich habe schon von diesem Mittel gelesen«, sagte sie. »Die Frauen bekamen gleich neun Babies, wie einen Wurf Welpen. Alle Babies sind gestorben. Oder sie mußten ein paar abtreiben lassen, damit die anderen überlebten. Leksy würde da nie mitspielen. Eher würde er mich verlassen.«
    »Nein, nein«, sagte der Doktor keuchend und zog eine Schnute. »Ich weiß mittlerweile über den Religionswahn Ihres Mannes Bescheid, Maria. Nein. Ich spreche von einem anderen Präparat. Ovitalibon hat diese Wirkungen nicht. Die Wahrscheinlichkeit von Zwillingen wird zwar leicht erhöht, aber sie bewirkt keine Mehrfachgeburten. Im Grunde wissen wir überhaupt nicht, welche Wirkungen das Mittel hat.«
    Daraus folgerte Maria, daß man das Präparat wahrscheinlich für einen ganz anderen Zweck entwickelt und dann festgestellt hatte, daß es auch gegen Unfruchtbarkeit half. Nur daß niemand wußte, weshalb. Genauso wie die Anti-Baby-Pille, die ursprünglich gegen Unfruchtbarkeit entwickelt worden war. Durch die Beobachtung von Donahue war sie immer auf dem laufenden gewesen, hatte allerdings auch einen gewissen Zynismus ausgeprägt.
    »Sind Sie sicher, daß ich nicht fünf oder sechs Babies auf einmal bekomme?«
    »Ich bin sicher«, sagte er. Das war er auch. Was das betraf.
    Das Präparat war ein Wundermittel. Nach zwei Monaten war sie schwanger. Als sie sicher war, erzählte sie es jedem, und eine Friedenstaube schwebte herab und gurrte leise. Leksy ließ sie in Ruhe. Ihre Verwandten ließen sie in Ruhe. Zum erstenmal seit ihrer Hochzeit schlief sie nachts durch. Zum erstenmal seit ihrer Hochzeit verspürte sie ein Gefühl der Ekstase, der völligen Zufriedenheit.
     
    Alles, so spricht Jordel von Hemerlane (dem Sie demnächst begegnen werden), hängt mit allem zusammen. Die Zeit erlegt dieser Regel keine Beschränkungen auf. Irgendwann ist mit allen anderen Irgendwanns verbunden. Dieses fließt aus jenem, jenes fließt aus diesem. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft sind nicht losgelöst voneinander, sondern bilden ein Kontinuum, eine in sich geschlossene, spiralförmige Verbindung, in der Zeit genauso wenig getrennt wie durch Entfernung. Hier und Dort sind untrennbar miteinander verbunden. Alles gräbt sich durch die Myriaden Wurmlöcher der Realität, um mit allem anderen zu verschmelzen. Raum und Zeit sind gewunden wie eine gigantische DNS und enthalten sowohl Potentiale als auch Gewißheit. In dieser multidimensionalen Gebärmutter ist Trennung Fiktion, alle Dinge grenzen aneinander, und die Erde des zwanzigsten Jahrhunderts schmiegt sich an die warme Wange des Planeten Woanders…
     
    … Woanders befand sich am Ende eines Sternenarmen galaktischen Seitenarms. Woanders wurde von einer mittelgroßen gelben Sonne beschienen und von einer Handvoll schwerer kleiner Planeten und Monde umkreist. Woanders, der – nach Aussage des Aufsichtsrats - als letzter Zufluchtsort der Menschheit vor der Versklavung durch die Götter von Hobbs Land gegründet worden war, dieser botanischen Pest, die vor einem Jahrtausend über die Galaxis gekommen war und, wie man sagte, alle Lebewesen zu sklavischer Konformität verurteilt hatte.
    Diese Darstellung hatte im Lauf der Jahrhunderte jedoch etwas von ihrem doktrinären Charakter verloren, wobei Woanders in dieser Zeit ein so beschauliches Leben geführt hatte, daß die Frage aufkam, ob die Götter von Hobbs Land überhaupt von seiner Existenz wußten oder sich darum kümmerten. Wenn man bedachte, daß Woanders gleichsam in einer Nacht- und Nebelaktion gegründet und besiedelt worden war, dann war das auch nicht verwunderlich. Dennoch war Woanders eindeutig als Zufluchtsort deklariert, und von dem Moment an, als die ersten Flüchtlingsgruppen eintrafen und jeweils eigene Provinzen besiedelten, wurde jeder dieser Gruppen das Recht gewährt auf Beibehaltung ihrer Sprache, Religionsfreiheit, Brauchtumspflege und alles andere, was sie für wichtig hielten. Woanders, das vom Aufsichtsrat geleitet wurde, sollte die unsterbliche Vielfalt der Menschheit bewahren.
    Der Aufsichtsrat hatte die Regeln erstellt, und sie hatten sich seitdem nicht
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