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Monströs (German Edition)

Monströs (German Edition)

Titel: Monströs (German Edition)
Autoren: Chris Karlden
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mehr ausüben? Haben Sie etwas angestellt?«
    »Es war wegen meiner Frau. Sie wurde krank und brauchte mich in ihrer Nähe. Vor drei Jahren ist sie gestorben und danach wollte ich an ihrer Stelle mehr für unseren Jungen da sein.«
    Zurbriggen hob jetzt wieder die Augenbrauen. Diesmal wirkte er, als ob es ihm peinlich sei, dass er offensichtlich in ein Fettnäpfchen getreten war. Seine Mundwinkel hingen schlaff nach unten.
    »Oh, das tut mir Leid«, sagte er mit gesenkter Stimme. »Wenn ich gewusst hätte, dass es sich so verhält, hätte ich nicht weiter gebohrt.«
    Martin nickte versöhnlich. Er hatte nicht alles preisgegeben. Aber er sah, dass der Direktor damit zufrieden war. In Wahrheit hatte er nicht nur, weil Anna krank geworden war, seine Anwaltstätigkeit aufgegeben. Er hatte dazu noch etwas getan, was es ihm vor seinem eigenen Gewissen unmöglich machte, weiterhin als Strafverteidiger zu fungieren. Er hatte einen vorsätzlichen Meineid geleistet und so dafür gesorgt, dass ein gewalttätiger Schwerverbrecher frei gesprochen wurde.
    Danach hatte er sein Hobby zum Beruf gemacht und alte Möbel restauriert. Dann kam Paul auf die Welt. Ein absolutes Wunschkind. Anna und Martin hatten jetzt, da Martin nicht mehr von früh bis spät in der Kanzlei war, genügend Zeit, sich um das Baby zu kümmern. Doch die anfängliche Freude währte nicht lange. Das Geld, das Martin mit dem Renovieren der Möbel verdiente, reichte nicht aus für die Ratenzahlungen des kleinen Hauses, das sie sich erst zwei Jahre davor gekauft hatten. Die Bank begann Schwierigkeiten zu machen und setzte sie unter Androhung der Zwangsversteigerung unter Druck. Martin hatte seinen Vater, der schon seit zehn Jahren Witwer war, um finanzielle Hilfe bitten müssen. Dann stellte sich heraus, dass mit Paul etwas nicht stimmte. Die Kinderärztin stellte fest, dass er nicht so reagierte wie seine Altersgenossen. Gleichzeitig ging es mit Annas Gesundheitszustand, besser gesagt mit ihrer Gemütsverfassung, immer weiter bergab. Zwei Wochen nachdem man bei Paul Autismus diagnostiziert hatte, nahm sie sich das Leben. Anfangs hatte Paul stundenlang nach seiner Mama geschrien. Es hatte Martin das Herz zerfetzt. Die verschreibungsfreien, nicht apothekenpflichtigen Brüder Wodka und Tequila wurden von da an seine Schmerzmittel. Aber ein Heilmittel hatte er nie gefunden. Pauls Schreie nach seiner Mutter hatten sich erst nach Wochen wieder gegeben. Lärm machte Paul danach nur noch, wenn er seinen gewohnten Tagesablauf ändern musste. Ein paar Wochen nach Annas Tod waren Martin und Paul zu Martins Vater Karl gezogen. Das Zusammenleben in einem Haus hatte in Paul und Martins Fall viele Vorteile. Unter anderem benutzte Martin die Garage als Werkstatt und Paul hatte akzeptiert, dass ihn außer Martin auch Karl Waller, Martins Vater von der Spezialschule, in die er seit einem halben Jahr ging, abholte. Für die Zeit, in der er im Hotel arbeiten musste, hatte Martin Paul nun zum ersten Mal und schweren Herzens ganz seinem Vater überlassen.
    Zurbriggen rutschte unangenehm betroffen auf dem Stuhl herum. Offensichtlich war ihm seine ganze Fragerei jetzt peinlich. Zumindest tat er so.
    »Was halten Sie davon, wenn ich Ihnen das Hotel zeige? Bei der Gelegenheit kann ich Ihnen auch gleich die Möbel zeigen, die meines Erachtens dringend eine kleine Auffrischung bräuchten«, sagte er.
     

6
     
    Die Rückfahrt von Frankfurt schaffte Eddie in einer Stunde und dreißig Minuten. Er hatte mit seiner Frau vor zwei Jahren ein kleines Haus, vierzig Kilometer von Stuttgart entfernt, gekauft. Es war klein und verfallen gewesen, aber es hatte ein großes Grundstück und war freistehend. Die Sanierung hatte er fast im Alleingang bewältigt und jetzt mit neuem fliederfarbenem Anstrich auf dem alten Putz, sah es von außen freundlich und fast wie neu aus.
    Er machte eine Vollbremsung auf dem Bordstein vor dem Haus, sprang aus dem Wagen und rannte die fünf Treppenstufen zur Haustür hinauf. Hastig sperrte er die Tür auf und trat ins Innere. Alles war still. Fast erwartete er, dass seine Frau im nächsten Moment aus der Küche kam und ihn mit einem Kuss und einer Umarmung begrüßte. Doch das tat sie nicht. Er blickte sich um. Alles war aufgeräumt. An der Garderobe hingen die Jacken. Die Schuhe standen daneben. Auf der Kommode stand ein frischer Strauß Blumen. Er rief ihren Namen. Es kam keine Antwort. Das mulmige Gefühl in seinem Magen nahm zu. Sarah konnte gefesselt und geknebelt
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