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Mondscheingeflüster

Titel: Mondscheingeflüster
Autoren: Bastei Lübbe
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auserkoren hatte, wirkte fast rührend. Ob es sich um ihren Hund Tobi handelte, ohne den sie keinen Schritt tat, oder um ihr Pferd Fairytale, das sie immer mit auf die Eulenburg brachte, ob es um Tom ging oder ihre anderen Freunde: Pat hätte sich für jeden von ihnen vierteilen lassen.
    Sie führten Lucia auf den Hof. Die Aprilnacht war klar, die Wolken vom Tag hatte der Wind hinweggefegt. Sterne blitzten, der Mond, beinahe voll und unverdeckt, tauchte das Land in ein blassgelbes Licht. Man konnte über die flachen Wiesen bis hin zu den Deichen blicken, hinter denen das Meer lag und auf denen die großen wolligen Winterschafe grasten.
    Lucias Hufe klapperten auf dem Kopfsteinpflaster. Sie atmete keuchend, hatte es aber, für den Moment wenigstens, aufgegeben, sich hinlegen zu wollen.
    »Kopf hoch, Lucia«, sagte Pat. »Nicht schlappmachen. Wir kriegen das schon!«
    Im selben Moment tauchten Scheinwerfer auf, die sich rasch dem Hof näherten. Ein Auto. Der Tierarzt kam endlich.
 
    Oben, in einem der Schlafräume, saßen vier junge Leute beieinander und starrten vor sich hin. Angie und Diane Heller, die beiden Schwestern aus Kiel, die jedes Jahr in die Eulenburg kamen, Chris, Toms bester Freund, dessen Eltern ganz in der Nähe eine Ferienpension betrieben, und natürlich Kathrin, ebenfalls schon zum vierten Mal in der Eulenburg, obwohl sie, wie die anderen fanden, gar nicht hierher gehörte. Kathrin stand kurz vor ihrem sechzehnten Geburtstag. Sie war sehr hübsch, aber ein bisschen hochnäsig, das einzige Kind reicher Eltern, das zu oft von Gleichaltrigen abgeschottet worden war. Nun versuchte sie, ihre Kontaktschwierigkeiten durch wilde Angebereien zu vertuschen, wie Diane einmal altklug bemerkt hatte.
    Auch jetzt bemühte sich Kathrin um eine gelassene Miene.
    »Ich verstehe nicht, weshalb ihr euch wegen dieses Pferdes so verrückt macht«, sagte sie, »als ob die meisten Pferde nicht schon einmal eine Kolik gehabt hätten. Und sie haben es auch überstanden!«
    »Du redest, als hättest du den Pferdeverstand mit Löffeln gefressen«, sagte Angie ärgerlich.
    Sie konnte Kathrin am wenigsten leiden und fand, dass diese mindestens einmal pro Woche richtig zurechtgeschüttelt werden musste.
    »Es sind schon Pferde an Koliken gestorben«, fügte sie nun hinzu, »auch wenn Fräulein Neunmalklug davon noch nichts gehört hat!«
    »Nun, ich ...«, begann Kathrin, aber Chris unterbrach sie.
    »Jetzt streitet nicht. Es ist schon nach Mitternacht, und ich glaube, keiner von uns hat jetzt Lust auf einen Krach!«
    »Du kannst ja gehen«, sagte Kathrin sofort. »Um diese Zeit hast du ohnehin nichts in unserem Schlafzimmer zu suchen!«
    Chris hatte schon den ganzen Tag mit seinen Freunden verbracht, war mit ihnen geritten und später am Meer spazieren gegangen. Sie hatten sich aufgeregt und voller Vorfreude über die Fuchsjagd unterhalten, die am nächsten Tag stattfinden sollte: keine richtige Fuchsjagd natürlich, sondern eine Schnitzeljagd zu Pferd, bei der es darum ging, den als ersten gestarteten Reiter aufzustöbern und ihm das Band zu entreißen, das er an seinem Arm befestigt trug - den Fuchsschwanz.
    Ohne auf Kathrins Worte einzugehen, sagte Chris nun: »Die Fuchsjagd morgen können wir wahrscheinlich vergessen. Außerdem hätten wir sowieso keinen Spaß daran, wenn eines der Pferde so krank ist!«
    »Oder gestorben ist«, setzte Angie düster hinzu.
    Ein paar Minuten schwiegen alle.
    »Jetzt haben wir in all den Ferien schon so viel erlebt«, sagte Diane schließlich, »aber noch nie etwas richtig Trauriges. Wenn Lucia stirbt, dann sind das die ersten schrecklichen Ferien!«
    Sie hatten wirklich schon eine Menge erlebt. Immer wenn sie zusammenkamen, Angie und Diane, Pat, Tom und Chris und notgedrungen auch Kathrin, stolperten sie in irgendeine verrückte und gefährliche Geschichte. Eine Diebesbande hatten sie schon zur Strecke gebracht und einer zwielichtigen Familie das Handwerk gelegt, die vor keinem Mittel zurückschreckte, um in den Besitz eines vermeintlichen Schatzes zu gelangen. Und im letzten Sommer, auf Teneriffa, waren sie skrupellosen Tierfängern in die Quere gekommen, die mit Papageien, Elfenbein und Raubkatzenfellen handelten. Damals hatten sie ganz schön in der Klemme gesessen und waren erst in letzter Sekunde davongekommen. Aber Diane hatte recht: Etwas richtig Trauriges war nie passiert.
    Tobi, Pats Hund, der bei Angie auf dem Bett lag, hob den Kopf und bellte leise. Die trübe Stimmung schien ihn
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