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Mondglanz

Mondglanz

Titel: Mondglanz
Autoren: Ann Aguirre
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Gefühl, sie strahlen sogar ein bisschen Wärme ab. Ich würde gern mehr erfahren über die Technologie der Ithorianer, aber eins nach dem andern.

4
    In die Tunnelwände sind große Glastique-Fenster eingelassen, und zum ersten Mal können wir ungestört einen Blick auf die Oberfläche des Planeten werfen. Im krassen Gegensatz zu dem tropisch-üppigen Innenleben besteht das Äußere der Gebäude aus auf Hochglanz poliertem Eisen und Titan. Als hätten die Ithorianer ihre Hightech-Gebäude zum Ausgleich innen mit lieblicher Vegetation gefüllt.
    Ithiss-Tor ist eisig kalt. Soweit ich es verstanden habe, war die Oberfläche einst von Dschungel bedeckt, aber all die Kriege und verheerenden Waffen haben das Klima nachhaltig verändert. Physiologisch sind die Ithorianer gar nicht so verschieden von uns. Auch sie brauchen Sauerstoff zum Leben, wenn auch mit etwas mehr Stickstoff, als es für unser Gehirn gut ist; Menschen werden albern, wenn sie zu viel davon abbekommen. Einst waren sie Raubtiere, dann kam die Kälte, was zusammengenommen dazu geführt hat, dass sie Drüsen entwickelten, mit denen sie sich eine Art Schutzhülle wachsen lassen können, die einerseits zur Tarnung und andererseits zur Wärmeisolation dient.
    Der Himmel ist grau und undurchdringlich wie das Wesen der Ithorianer. Wolken in allen möglichen Farben ziehen vorüber, und ich frage mich, ob das Schauspiel natürlichen Ursprungs ist. Ich habe mich mit der Kultur der Ithorianer beschäftigt, nicht mit der Atmosphäre auf ihrem Planeten. Marsch steht neben mir, nahe genug, um mich zu verteidigen, falls nötig, aber er berührt mich nicht.
    »Die Untergrundbahn sollte uns zum Raumhafen bringen«, erkläre ich hoffnungsvoll.
    Er nickt, und wir gehen weiter. Ich höre das sanfte Rauschen von Zügen, die den Bahnhof verlassen. Sie werden von Magnetkraft angetrieben, glaube ich. Wenn wir nicht mit der Untergrundbahn hier wegkommen, weiß ich nicht, wie wir es bis zum Schiff schaffen sollen, ohne von jemandem bemerkt zu werden.
    Bis auf vier Ithorianer ist der Bahnhof im Regierungsbezirk vollkommen verlassen. Ich frage mich, ob das normal ist um diese Uhrzeit. Als sie uns sehen, zucken sie regelrecht zusammen. Ihre Mandibeln klicken, und sie stoßen Zischlaute aus. Ein nicht gerade freundliches Geräusch, auch wenn ich nicht das Geringste verstehe von dem, was sie sagen. Trotzdem ist die Reaktion kein besonders gutes Omen für die geplante Allianz.
    Mit ihren Facettenaugen werfen sie uns noch einen misstrauischen Blick zu, dann wenden sie die Köpfe ab. Es ist frustrierend, sie nicht verstehen zu können. Ich brauche so bald wie möglich dieses Implantat.
    Marsch wirkt angespannt, als würde er mit Ärger rechnen. Nach allem, was wir bisher erlebt haben, ist das auch nicht besonders weit hergeholt. Allmählich wünsche ich mir, wir wären nicht auf eigene Faust losgezogen. Doch alles, woran ich gedacht habe, war Marsch zu helfen.
    Glücklicherweise haben die Ithorianer beschlossen, uns zu ignorieren. Als der nächste Zug einfährt, verstummt ihre Unterhaltung. Die Türen gleiten murmelnd zur Seite, und wir steigen ein. Ich werfe einen Blick auf den Streckenplan und bin einigermaßen sicher, das Symbol für den Raumhafen zu erkennen. Es ist natürlich die letzte Station, aber wenigstens steigen die Kakerlaken vor uns aus.
    »Hier muss es sein«, sagt Marsch, als wir den Bahnsteig betreten.
    »Das hoffe ich.« Ich mache mir Sorgen um ihn, und ich spüre, wie gezwungen das Lächeln auf meinen Lippen wirken muss. Ich hasse es, Spielchen mit meinem Geliebten zu treiben. Wenn er wollte, könnte er mich mit Leichtigkeit durchschauen, aber er will es nicht. Nicht mehr. Ich vermisse ihn.
    Der Bahnhof ist kalt, steril und grau. Die nahtlosen Wände sehen aus, als wären sie unendlich weit weg. Ich glaube nicht, dass wir nach unserer Ankunft hier durchgekommen sind.
    Über eine sanft ansteigende Rampe gehen wir nach oben, und ich spüre, wie sich in mir alles zusammenschnürt. Keine Ahnung, wo wir hier rauskommen. Ein kalter Windhauch schlägt uns entgegen. War wohl doch nicht die Linie zum Raumhafen.
    »Scheiße«, murmle ich.
    »Was meinst du?«, fragt Marsch. »Wollen wir sehen, wohin der Weg führt, oder kehren wir um?«
    Ich weiß nicht, warum, aber es kommt mir vor, als wäre in dieser Frage eine tiefere Bedeutung verborgen. Als würde ich eine Art Bedauern bekunden, wenn wir umkehren. Vielleicht interpretiere ich auch zu viel da hinein, aber er soll wissen, dass
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