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Monde

Titel: Monde
Autoren: Dan Simmons
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Fahrzeug war mit Staub bedeckt und in einem schlimmen Zustand. Zwei der kleinen Kotflügel waren abgefallen, und Dave hatte ein paar von den Plastiklandkarten darübergeklebt, damit keine Gesteinsbrocken auf die Insassen geschleudert wurden. Das Kamerakabel hatte sich zigmal mit sich selbst verdreht und musste auch jetzt wieder von Baedecker gelöst werden. Er sprang mühelos zur Vorderseite des Rovers, befreite das Kabel, indem er kurz daran zerrte, und staubte die Linse ab. Ein Blick verriet ihm, dass Dave sich bereits in die Landefähre zurückgezogen hatte.
    »Okay, Houston, sieht gut aus. Ich gehe jetzt hier aus dem Weg. Wie kommt das Bild bei euch rein?«
    »Prima, Dick. Wir können die Discovery erkennen und … äh … sollten imstande sein, Sie beim Start zu filmen.«
    Baedecker beobachtete mit kritischem Blick, wie sich die Kamera nach links und rechts wandte. Sie zielte auf seine Taille, dann fuhr sie hoch in ihre Endposition. Er konnte sich das Bild vorstellen, das sie übermittelte. Sein staubiger Raumanzug würde weiß schimmern, von vereinzelten Gurten, Schnallen und der dunklen Fläche des Helmvisiers unterbrochen. Ein Gesicht würde er nicht haben.
    »Gut«, sagte er. »Okay. Nun … äh … soll ich sonst noch was erledigen?«
    » … tiv … «
    »Bitte wiederholen, Houston.«
    »Negativ, Dick. Die Zeit, an Bord zu gehen, wird etwas knapp.«
    »Roger.«
    Baedecker drehte sich um und warf einen letzten Blick auf die lunare Landschaft. Die gleißende Sonne löschte fast die gesamte Oberflächenbeschaffenheit aus. Selbst durch das dunkle Helmvisier strahlte ihm nur eine weiße Leere entgegen. Genau wie aus seinem Kopf. Baedecker konstatierte gereizt, dass ihm alle möglichen Einzelheiten durch den Sinn sch o ssen – die Checkliste vor dem Start, die mühsamen Prozeduren des Verstauens, eine nervtötend volle Blase –, das alles bedrängte ihn und ließ ihm keine Gelegenheit zu denken. Er verlangsamte seinen Atem und versuchte, mögliche letzte Gefühle zu empfinden, die in ihm sein mochten.
    Ich bin hier, dachte er. Das alles geschieht wirklich.
    Er kam sich albern vor, wie er so dastand, in das Mikrofon schnaufte und den Zeitplan noch mehr in Verzug brachte.
    Das Sonnenlicht auf der goldenen Isolierfolie rund um das Landefahrzeug blendete ihn. Baedecker zuckte in seinem unförmigen Anzug flüchtig die Schultern und hüpfte leicht über die pockennarbige Ebene auf das wartende Raumfahrzeug zu.
    Der Halbmond ging über dem Dschungel auf. Mary war an der Reihe zu putten. Sie bückte sich, presste die Knie zusammen, das Gesicht eine Studie der Konzentration. Der leicht gekerbte Ball rollte zu schnell die Betonrampe hinunter und sprang über das niedrige Geländer.
    »Ich kann es nicht glauben«, sagte Baedecker.
    Khajuraho umfasste eine Landebahn, eine berühmte Tempelgruppe, ein winziges indisches Dorf und zwei kleine Hotels am Rand des Dschungels. Und einen Minigolfplatz.
    Die Tempelanlage schloss um fünf Uhr. Das Freizeitangebot, abgesehen von den Tempeln selbst, bestand während der Hauptsaison aus einem Elefantenritt in den Dschungel auf Kosten des Hotels. Zurzeit war keine Hauptsaison. Also waren sie müßig um das kleine Hotel herumgeschlendert und hatten den Golfplatz gefunden.
    »Ich kann es nicht glauben«, hatte Maggie gesagt.
    »Den muss ein heimwehkranker Architekt aus Indianapolis zurückgelassen haben«, sagte Baedecker. Der Portier hatte die Stirn gerunzelt, ihnen aber drei Putter ausgehändigt, zwei davon irreparabel beschädigt. Baedecker hatte Maggie galant die geradeste der drei Keulen überlassen, dann waren sie zu dem Gelände hinübergestapft.
    Maggies fehlgeschlagener Putt rollte ins Grün. Eine dünne grüne Schlange wand sich ins höhere Gras davon. Maggie unterdrückte einen Schrei, und Baedecker hielt den Putter wie ein Schwert vor sich. Vor ihnen in der schwülen Dämmerung standen abblätternde Windmühlen aus Sperrholz und Schlagrampen, auf denen der Filzbelag fehlte. Die Vertiefungen und Wasserhindernisse waren mit lauwarmem Wasser vom Monsunregen des heutigen Tages gefüllt. Wenige Meter jenseits des letzten Lochs erhob sich ein echter Hindutempel, der von hier aus wie ein Teil der Miniaturanlage wirkte.
    »Das würde Scott gefallen«, lachte Baedecker.
    »Wirklich?«, fragte Maggie. Sie verlagerte das Gewicht auf den Putter. Ihr Gesicht war ein weißes Oval im Halbdunkel.
    »Klar. Früher war das sein Lieblingssport. Wir hatten immer eine Jahreskarte für die
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