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Mörderische Weihnachten

Mörderische Weihnachten

Titel: Mörderische Weihnachten
Autoren: Jason Dark
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besaß für ihn eine gewisse Symbolik. Heute wurde nicht das Feuer im Ofen angezündet, sondern die Flammen der Hoffnung. Vielleicht kam mal eine bessere Zeit, schlechter konnte es eigentlich nicht mehr werden. Beinahe andächtig vertiefte er sich in diese Arbeit. Dabei schaute er auch in die Runde, weil er sein Geschenk suchte, fand es aber nicht. Die Mutter hatte es einfach zu gut versteckt. Sie schritt zur Tür und löschte das elektrische Licht, so daß nur mehr die Kerzen brannten.
    Sie erfüllten den Raum mit ihrem warmen herrlichen Schein. Selbst die alten Möbel wirkten in seinem Licht wertvoll. An der Decke schufen die Lichter helle Kreise, die an den Rändern zerfaserten, sich manchmal berührten und breite Flecken bildeten.
    Es roch weihnachtlich. Der Junge hatte den typischen Geruch längst vergessen gehabt, jetzt aber stieg er ihm wieder in die Nase, und seine Augen bekamen vor Freude einen matten Glanz.
    Brenda ging auf ihn zu und blieb neben ihrem Sohn stehen. »Gefällt es dir, Martin?«
    Er schaute seine Mutter an. Auch ihr Gesicht wurde vom Schein der Kerzen umschmeichelt und hatte einen ganz anderen Ausdruck angenommen. »Ja, Mummy, es gefällt mir. Es ist wie früher, als bei uns noch alles in Ordnung war.«
    Verstohlen tastete er nach ihrer Hand und nahm sie zwischen seine kleinen Finger.
    So standen sie da und schauten die Kerzen an. Es lief keine Musik. Das Radio hatte ihr Vater irgendwann einmal zum Trödler gebracht, um Geld zu bekommen.
    »Sollen wir nicht ein Lied singen, Mummy?« fragte Martin.
    »Welches?«
    »Das ist mir egal.«
    »Ich kenne die Strophen nicht mehr.« Die Frau seufzte. »Es ist alles so lange her. Ich habe sie vergessen. Weihnachten ist eine ganz andere Welt. So fremd.«
    »Aber auch schön, Mummy.«
    »Ja, das ist es. Und damit es für dich noch schöner wird, habe ich auch ein kleines Geschenk.«
    Martin tat überrascht. »Ist das wirklich wahr?«
    Sie strich ihrem Sohn über den Kopf. »Du kannst es mir glauben, Junge. Warte, ich hole es.«
    Sie ließ seine Hand los, wandte sich ab und ging auf den alten Schrank zu, der irgendwann in den fünfziger Jahren gebaut worden war. Sie hatten ihn geschenkt bekommen.
    Martin bekam vor Freude einen roten Kopf. Das war so wunderbar, wie in anderen Familien. Er erlebte das Weihnachtsfest so, wie er es sonst nur aus den Erzählungen seiner Schulkameraden kannte. Brenda Adamic öffnete eine Schublade. Sie griff tief hinein, weil das Geschenk nach hinten gerutscht war und zudem noch hinter einigen Schürzen versteckt lag.
    Die Erwartung des Jungen steigerte sich. Ein paarmal huschte über seine Lippen ein Lächeln. Er hätte vor Freude weinen können. Daß er so ein Fest noch einmal erlebte, hätte er nie für möglich gehalten. Es machte ihm auch nichts mehr aus, daß der Vater nicht anwesend war. Martin hatte nur Augen für die Hand seiner Mutter. Darin lag etwas.
    Er konnte nicht erkennen, was es war. Seine Mutter hatte es mit Geschenkpapier umwickelt, aber es war ein flaches Kästchen, und es wirkte auf ihn wie ein großes Paket.
    Martin kam sich vor wie in seinen Träumen. Selbst Mutters Stimme klang so weit entfernt, obwohl sie vor ihm stand. »Nimm es, Junge, es gehört dir, und ich wünsche dir ein fröhliches Weihnachtsfest…«
    Bei jeder Silbe erstickte ihre Stimme mehr. Sie begann plötzlich zu weinen, und Martin umklammerte ihre Hand sowie das Geschenk gleichzeitig. Er spürte die Kälte der Finger. Er selbst konnte nichts mehr sagen. Seine Kehle war einfach zu. »Soll ich es wirklich annehmen, Mummy?«
    »Es gehört dir.«
    Martins Finger zitterten, als er das Päckchen festhielt und es dann öffnete.
    Das Papier riß, es knisterte, und Martin schaute auf die flache graue Schachtel mit dem schmalen Deckel, den er vorsichtig anhob. Sein Herz klopfte bis zum Zerspringen, er wischte mit einer Hand über seine Stirn, die Lippen bebten, im nächsten Augenblick schaute er auf den Inhalt, und sein Blick wurde starr.
    Der Junge wußte nicht, ob er lachen oder weinen sollte. Die Gefühle überwältigten ihn, denn was er vor sich sah, entsprach einem langen Wunschtraum.
    Es war eine Uhr!
    Eine richtige Armbanduhr. Zwar sehr schlicht, nicht teuer, aber für Martin ging damit ein Traum in Erfüllung. Jetzt stand er nicht mehr zurück, jetzt brauchte er niemanden mehr nach der Uhrzeit zu fragen. Er blickte seine Mutter hinter einem Schleier aus Tränen an.
    Brenda hatte den Arm erhoben. Auch sie weinte. Sie liebte ihren Sohn und
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