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Mörder im Chat - Ostsee-Krimi : (Aus Rostock)

Mörder im Chat - Ostsee-Krimi : (Aus Rostock)

Titel: Mörder im Chat - Ostsee-Krimi : (Aus Rostock)
Autoren: Hinstorff-Verlag
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Kollegin spielen – das war eindeutig zu viel. Er verkniff sich eine entsprechende Bemerkung und fragte stattdessen: »Haben Sie Hunger?« Noch während er die Worte sprach, schalt er sich für seine ewige Feigheit.
    Barbara verneinte. Ihr Handy, ein vorsintflutliches Modell, das seit Jahren seinen Dienst tat, meldete sich mit der Melodie von Lady Greensleeves . Nur Sekunden später begann Upleggers Smartphone in seiner Hosentasche zu vibrieren. Den Wettbewerb Wer geht schneller ran? gewann Barbara um ein paar Lidschläge.
    Keine zehn Minuten später saßen sie in ihrem Wagen und legten den Weg zur Dienststelle ohne Sondersignal in 2,42 Minuten zurück.
    ***
    Jürgen Lutze war noch im Büro, um einer ungeliebten Lieblingsbeschäftigung von Polizeibeamten nachzugehen: Liegengebliebenes erledigen. So ganz schlau war Barbara aus seinem Anruf nicht geworden: Irgendwo in der Schweiz, in der Nähe von Basel, wollte ein junger Mann einen Mord beobachtet haben. Morde in der Schweiz, und mochten sie noch so grausam sein, bereiteten der Rostocker Kripo für gewöhnlich keine schlaflosen Nächte. Aber in diesem Fall sollte das Verbrechen in Rostock geschehen oder doch zumindest an einer Rostockerin begangen worden sein – das wendete das Blatt. Wie jemand in Basel einem Mord in Rostock zuschauen konnte, wurde im direkten Gespräch mit Lutze rasch klar: via Internet. Wenn der junge Mann keine Halluzinationen nach stundenlangem Surfen gehabt hatte, war ein solcher Fall nicht nur Neuland für Barbara und Uplegger, sondern für die gesamte Mordkommission.
    Lutze, im Kommissariat der Lorbass genannt, hatte auch den Chef verständigt, mit dessen Eintreffen aber erst in etwa einer Stunde zu rechnen war. Gunnar Wendel, der Leiter der Mordkommission, hatte bereits zu DDR-Zeiten ein Bauernhaus in Lübberstorf bei Neukloster erworben, einem jener Nester, in denen die Magistrale Dorfstraße hieß und sich Fuchs und Hase gute Nacht sagten. Jahrzehnte hatte er an diesem Haus gewerkelt, und obwohl er fast jede freie Stunde geopfert hatte, hatte der Baufortschritt niemals ausgereicht, um mit der Familie Rostock zu verlassen, zuerst wegen eines notorischen Mangels an Zeit und Material, dann nur noch an Zeit. Erst als seine beiden Kinder das elterliche Nest verlassen hatten, hatte er seine Stadtflucht in die Tat umgesetzt und war mit seiner Frau nach Lübberstorf übergesiedelt. Das sei immer sein Traum gewesen, so betonte er oft, und angeblich war er glücklich.
    Barbara und Uplegger standen im Vorführraum und schauten Jürgen Lutze zu, der sich am Beamer zu schaffen machte. Gerade verband er ihn mittels eines Kabels mit einem Laptop.
    »Sie können für uns ja schon mal zusammenfassen«, schlug Barbara vor.
    »Ich kann Ihnen auch den gesamten Bericht aus Liestal vortragen, denn der ist nur kurz.« Lutze schaltete den Laptop ein.
    »Woher kommt der Bericht?«
    »Aus Liestal. Von der dortigen Kantonspolizei. Ein Oberleutnant Erni hat ihn verfasst und dann gefaxt. Aber vorher hat er angerufen und …«
    »Erzählen Sie doch einfach der Reihe nach!«, verlangte Uplegger.
    »Also gut.« Der Lorbass betrachtete etwas ratlos Beamer und Laptop. »Eine Viertelstunde nach zehn ging ein Notruf bei der Kantonspolizei Basel-Landschaft ein, und ein gewisser … Moment!« Lutze bewegte ein paar Blätter, die er auf einem Fensterbrett abgelegt hatte. »Ja, hier … Stephan Hagner, wohnhaft in Arlesheim, Hofgasse 23 …«
    »Arlesheim, Hofgasse 23«, wiederholte Barbara mit gerunzelten Brauen.
    »So steht es hier.« Der Lorbass geriet wieder in leichte Verwirrung, denn er verstand nicht, worauf sie anspielte. »Er, also Hagner, behauptete, er hätte einen Mord oder den Anfang eines Mordes …«
    »Was ist denn der Anfang eines Mordes?«
    »Na, der Beginn der Tathandlung …« Lutze seufzte. Manchmal konnte die Hauptkommissarin Riedbiester ziemlich beckmesserisch sein. »Hagner glaubt, den Moment unmittelbar vor einem Mord beim Skypen gesehen zu haben. Also nicht direkt beim Skypen, sondern eher beim stummen Chatten mit Bild. Man verständigte sofort den Bereitschaftsdienst der Hauptabteilung Kriminalitätsbekämpfung, und die beiden Oberleutnants Widder und Erni …«
    Barbara fiel ihm abermals ins Wort: »Oberleutnants? Das ist ja wie in der DDR!«
    »Bitte!« Der Lorbass verdrehte die Augen. »Wie soll ich vor Weihnachten fertig werden, wenn ich dauernd unterbrochen werde?«
    »Pardon, Verzeihung, excuse me, mi scusi …«
    »Ja, ja, reicht! Widder und
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