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Mönchsgesang

Mönchsgesang

Titel: Mönchsgesang
Autoren: Günter Krieger
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verursacht wurde. Der Spalt wurde langsam größer. Plötzlich begannen die Angeln der Tür leise zu quietschen. Der Mönch unterdrückte einen Fluch und hielt in seiner Bewegung inne. Er ärgerte sich, dieses Quietschen nicht früher schon bemerkt zu haben. Ein wenig Schmierwachs hätte dieses Problem schnell behoben. Nun hieß es, die Luft anzuhalten.
    Drinnen regte sich nichts. Der Mönch vernahm es mit Erleichterung. Dennoch wartete er ein paar Augenblicke ab, bevor er mit dem Öffnen der Tür fortfuhr. Mehrmals musste er sein Tun unterbrechen, weil dieses unsägliche Quietschen nicht verstummen wollte. Doch die beiden Männer schienen einen gesunden Schlaf zu besitzen. Und der Köter hatte sicher längst seinen Geist ausgehaucht. Endlich war der Spalt so breit, dass der Mönch den Raum betreten konnte. Alles war so, wie er es vermutet hatte. Einer der Männer lag auf dem Bett, der andere hatte sich ein Nachtlager auf dem Fußboden bereitet. Zwischen ihnen lag zusammengerollt dieses schwarze Monstrum. Wäre der Hund noch am Leben gewesen, so hätte er sicher längst Alarm geschlagen.
    Das schwache Licht des Holzkohlebeckens reichte aus für das Vorhaben des Mönches. Er betrachtete die beiden Männer, die sich in ihre Decken eingewickelt hatten. Ihre Konturen waren leicht zu erkennen. Ein gezielter Schuss in den Hals würde so gut wie keine Geräusche verursachen, die Männer würden nicht einmal spüren, dass der Tod über sie gekommen war.
    Der Mönch zückte den ersten Bolzen, spannte ihn in den Bügel. Er drückte den Schaft an seine Schulter, zielte auf den Mann im Bett und drückte ab …
    Der Bolzen traf unerbittlich sein Ziel. Das Todesgeräusch war lauter, als der Mönch angenommen hatte, es klang, fast so, als würde man einen Kohlkopf spalten. Deshalb beeilte er sich, den zweiten Bolzen einzuspannen. Hierbei ließ er den noch lebenden Mann nicht aus den Augen, doch der blieb weiterhin reglos. Trotzdem war Eile angesagt.
    Auch der zweite Bolzen verfehlte sein Ziel nicht.
    Erleichtert ließ der Mönch seine Waffe sinken. Es war vollbracht. Niemand würde ihm jemals auf die Schliche kommen. Zwei Bolzen hatten ausgereicht, die lästigen Schnüffler aus der Welt zu schaffen. Und den dritten Bolzen hatte er sich sparen können, weil dieser dämliche Hund tatsächlich den vergifteten Köder geschluckt hatte – womit nicht unbedingt zu rechnen gewesen war, wie er sich im Nachhinein eingestehen musste. Doch nun war es vorbei. Die Aktion war reibungsloser verlaufen als geplant.
    Nun galt es für den Mönch, wieder leise und unbemerkt in seine Zelle zurückzukehren. Mit einer katzenhaften Bewegung drehte er sich um und verließ den Raum, in dem er gerade zwei Menschen umgebracht hatte. Zumindest glaubte er das.
    Auf dem Flur empfing ihn blakendes Fackellicht. Erschrocken blickte er sich um. Auf der Treppe erschienen zwei Schatten.
    »Nicht die Kutte macht den Mönch! Willkommen im Kreis der Lebenden, Karsil. Oder wie immer Euer richtiger Name auch lauten mag.«
    Es war Heinrichs Stimme. Zu seinem Entsetzen erkannte der Angesprochene nun, dass die riesige Dogge den Fluchtweg nach draußen blockierte und ihn mit gefletschten Zähnen anstarrte. Einen Moment lag schien er ratlos, doch dann gewann er seine Fassung zurück und riss mit einer lässigen Bewegung die Kapuze vom Kopf.
    »Ihr seid sehr gerissen, Herr Heinrich«, bemerkte er, indem er mit dem Kinn auf den Raum deutete, den er eben erst verlassen hatte.
    »Nicht doch«, winkte Heinrich ab, »Chlodwig nimmt nie etwas von Fremden an. Und die Idee mit den Attrappen stammt von meinem Freund Mathäus.«
    »Man braucht nicht viel dazu«, erklärte dieser, »Decken, Kissen, Kohlköpfe, etwas Handfertigkeit – und ein wenig Vertrauen in die Lichtverhältnisse.«
    »Eigentlich kein neuer Trick«, meinte Karsil mit einem dünnen Lächeln. »Umso ärgerlicher, dass gerade ich darauf hereingefallen bin.«
    »Gerade Ihr!«, nickte Heinrich zustimmend. »Gerade Ihr, der Ihr ein berufsmäßiger Mörder seid, nicht wahr?«
    Karsil schien verblüfft über diese Behauptung. »Ich ein berufsmäßiger Mörder? Woher wollt Ihr das wissen?«
    »Nun, Ihr versteht Euch nicht nur vortrefflich aufs Armbrustschießen, sondern auch auf Giftmischerei und Brandstiftung. Außerdem habt Ihr eine bewundernswerte Begabung, Euch mit dem Antlitz der Jugend zu schmücken. In Wirklichkeit seid Ihr sehr viel älter, als Ihr Euch gebt, ist es nicht so? Dies ist ein Talent, das Meuchelmörder
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