Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mönchsgesang

Mönchsgesang

Titel: Mönchsgesang
Autoren: Günter Krieger
Vom Netzwerk:
ausschließlich um Männer handelte. Noch einmal, wie im Reflex, zügelte er sein Pferd.
    Beatrix trug ebenfalls ein Pirschgewand, wie die anderen Reiter. Sie wich seinem Blick nicht aus, wie es sich für eine züchtige Edeldame geziemt hätte. Auch saß sie nicht im üblichen Damensitz auf ihrem Pferd.
    Anders, als bei den vorherigen Begegnungen spürte Mathäus diesmal nicht jenes unsägliche Herzklopfen. Er fühlte sich vom Bann dieser Frau befreit und hätte nicht sagen können, warum dies so war. Jetzt war es nur noch Mitleid, das er für Harpers Gattin empfand. Mitleid erwartete Beatrix allerdings auch von ihm, das machte ihr Blick unmissverständlich deutlich.
    »Geht es Euch gut?«, fragte Mathäus. Die fragenden Blicke der anderen störten ihn nicht.
    »Danke«, erwiderte Beatrix förmlich. »Morgen reiten wir nach Mausbach zurück.«
    »Na, gefällt Euch mein Weib?«, rief Harper, was wiederum für raues Gelächter sorgte. »Wahrscheinlich hat er noch nie in seinem Leben eine solche Frau gesehen«, gackerte er, um seine Verärgerung über die Dreistheit des Dorfherrn nicht zu zeigen.
    Mathäus ignorierte ihn. »Gott mit Euch«, flüsterte er Beatrix zu.
    Beatrix schenkte ihm ein letztes, schwaches Lächeln. »Gott mit Euch, Mathäus.« Dann setzten sich ihre Pferde wieder in Bewegung.
    Es begann bereits zu dämmern. Auf dem Hahndorn suhlten sich ein paar Schweine im Dreck. Kinder bewarfen eine flügellahme Krähe mit Steinen. Gedankenschwer galoppierte Mathäus in den Wald, Richtung Schwarzenbroich.

24
    M it dem letzten Tageslicht hatte Mathäus das Kloster erreicht und sein Pferd in den Stall geführt. Jetzt stand er vor dem Portal der Klosterkirche, lauschte den frommen Gesängen, die wohlklingend nach draußen drangen. Die Kreuzherren hatten sich zur Komplet versammelt.
    Mathäus, der von einer eigenartigen Nervosität befallen war, gab sich einen Ruck und betrat leise den Kirchenraum. In der letzten Reihe sah er seinen Freund Heinrich sitzen. Sein Anblick erleichterte ihn, hatte er sich doch ernsthafte Sorgen um ihn gemacht. Zugleich aber wunderte er sich über seine Anwesenheit in der Kirche, denn Heinrichs bohrende Gotteszweifel waren ihm durchaus bekannt. Doch er sah noch jemanden, dessen Gegenwart ihn überraschte: Norbert von Kerpen, der heruntergekommene Ritter und sein Lebensretter, hatte sich ebenfalls zum Gebet hier eingefunden. Er hatte einen Platz in der Mitte des Kirchenschiffs eingenommen, abseits von den Mönchen, beteiligte sich jedoch an deren Gesang mit einer Inbrunst, als wäre er der heiligste Mensch auf dieser Welt.
    Weiterhin stellte Mathäus erleichtert fest, dass die Anzahl der Mönche nicht weiter geschrumpft war. Der Mordbrenner hatte also nicht mehr zugeschlagen, und die kranken Ordensmänner, Notker, Walraf sowie der junge Novize, waren wieder genesen.
    Mathäus trat an seinen Freund heran, der ihn längst hatte kommen hören. »Dass ich das noch erleben darf«, flüsterte der Dorfherr. »Mein gottloser Freund Heinrich in einem Gotteshaus.« Er setzte sich neben ihn.
    Heinrich schmunzelte ihm zu. »Der Mönchsgesang inspiriert mich eben.«
    »Und? Kennst du den Täter?«
    »Wir alle kennen ihn.«
    »Wer ist es?«
    Heinrich beugte sich zum Ohr des Freundes und flüsterte einen Namen.
    Mathäus' Augen weiteten sich. »Bist du sicher?«
    »So ziemlich. Ich werde dir nachher alles erklären.«
    »Beim Allmächtigen! Das erklärt seine Reaktion, als ich …« In diesem Augenblick verstummte der Gesang der Mönche, und Mathäus zog es vor, nicht weiterzusprechen, zumal ihn der vorwurfsvolle Blick des Priors traf. Pater Anselm begann ein Gebet zu sprechen, und die Mönche intonierten einen Kehrvers. Der Geräuschpegel ließ nun wieder eine gedämpfte Unterhaltung zu.
    »Hast du handfeste Beweise gegen ihn?«, fragte Mathäus seinen Freund.
    »Nein. Die Zeugen sind bereits tot. Wir müssen ihm eben eine Falle stellen.«
    »Und wie?«
    »Das frage ich mich auch schon die ganze Zeit. Aber ich denke, wir werden bald eine Lösung finden.«
    Prior Anselm erteilte den Schlusssegen. Er machte eine Verbeugung vor dem Allerheiligsten und machte dann ein paar raumgreifende Schritte in die Richtung der beiden Männer auf der letzten Bank. »Schön, dass Ihr Euch auch noch mal blicken lasst, Herr Mathäus«, sagte er spöttisch.
    »Es ging leider nicht anders, Pater.«
    »So? Aber immerhin habt Ihr ja einen Vertreter geschickt, diesen undurchsichtigen Menschen, der nicht einmal in der Lage ist,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher