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Modesty Blaise 07: Die silberne Lady

Modesty Blaise 07: Die silberne Lady

Titel: Modesty Blaise 07: Die silberne Lady
Autoren: Peter O'Donnell
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verwirrt. Was zum Teufel machte ein englisches Mädchen hier, in diesem Niemandsland? Höchstens ein Bauernmädchen würde hierher passen, aber das war sie nicht. Auch nicht irgend so eine seltsame Hippietype. Quinn hatte ein Auge für Qualität, und er war sicher, daß ihr Pullover aus feinstem Kaschmir war und mindestens 30 Guineas gekostet hatte.
    Sie hatte keine Zeit mit Fragen verschwendet. Das war ihm angenehm. Aber wenn sie glaubte, bald wieder zurück zu sein, war sie nicht besonders schlau. Quinn hielt sich vor Augen, was er von der Causse wußte. Kein bewohntes Dorf in weitem Umkreis. Sie würde den gewundenen Flußweg bis La Malène hinuntergehen müssen. Mit Glück würde er die Rettungsmannschaft in vier Stunden zu Gesicht bekommen. Er zitterte, Himmel, war ihm kalt! Er hatte noch nie so gefroren wie seit dieser langen Tour durch die Lancaster-Höhlen vor zwei Jahren. Er setzte sich mit dem Rücken gegen den Fels und begann Bewegungsübungen zu machen. Er beugte sich und streckte das eine Bein, dann das andere, dann den unverletzten Arm, um das Blut ein wenig schneller durch die Adern zu jagen.
    Zehn Minuten später hörte er ein Geräusch und blickte auf. Das Mädchen kletterte herunter. Sie trug jetzt ihre Sandalen und hatte ein aufgerolltes Seil um die Schultern geschlungen. Der Seesack war vollgestopft. Sie bewegte sich sicher und fand ohne Schwierigkeit Griffe für ihre Finger und Zehen. Er sah eines ihrer Beine in voller Länge bis zum Rand des schwarzen Höschens und bewunderte das geschmeidige Spiel der Muskeln und die eleganten Linien.
    Eine Tänzerin, dachte er. Mit diesen Beinen muß sie eine Tänzerin sein. Aber warum, zum Teufel … Plötzlich explodierte Wut in ihm, als sie sich auf den Felsvorsprung fallen ließ und ihm zuwandte.
    «Sehr geschickt, Süße», sagte er gehässig. «Und was jetzt? Wenn du glaubst, du kannst mich allein da hinaufschleppen, spinnst du.»
    Sie zeigte kein Zeichen von Ärger, legte das Seil nieder, warf eine Haarsträhne zurück und begann den Seesack auszupacken.
    «Mein Wagen steht im Wald, nur ein paar hundert Meter von hier entfernt», sagte sie. «Ich bin nur zurückgegangen, um einige Dinge zu holen. Machen Sie sich keine Sorgen wegen der Kletterei, das schaffen wir schon.» Sie nahm einen Verbandskasten aus der Tasche und kniete neben ihm nieder. Ihre Hand lag einige Augenblicke auf seiner Stirn, dann ergriff sie sein Handgelenk, und ihre langen Finger fühlten seinen Puls. «Haben Sie Ihren Kopf sehr hart angeschlagen?»
    Der Zorn verließ ihn. Ihre Ruhe machte ihn verwirrt. Er murmelte: «Hart genug. Ich bin k. o. gegangen. Und nachher wurde ich immer wieder ohnmächtig oder so ähnlich. Ich bin jetzt überhaupt etwas durcheinander.»
    Sie nahm seinen Kopf in ihre Hände, drehte ihn zurück, um in die Nasenlöcher zu schauen, dann zog sie seine Unterlippe herunter und untersuchte seine Zähne. Er sagte unfreundlich: «Was soll das alles?»
    «Sie bluten weder aus den Ohren noch aus der Nase oder dem Mund. Das ist gut. Mit ein bißchen Glück haben Sie sich keinen Schädelbruch geholt. Jetzt drehen Sie sich um und legen sich zurück. Nein, so, daß Ihr Kopf in meinem Schoß liegt. So ist es gut. Halten Sie jetzt still.»
    Er fühlte, wie ihre Finger über seine Kopfhaut glitten. Sie fanden die Beule über seinem rechten Ohr, blieben hier eine Weile liegen, tasteten die Beule vorsichtig ab und bewegten sich dann weiter. Es war ein ungewöhnlich angenehmes Gefühl. Quinn spürte, wie sich seine Verkrampfung löste. Es lag etwas in der Berührung ihrer Hände, das ihm ein ganz dummes Gefühl des Wohlbehagens gab.
    «In Ordnung. Setzen Sie sich jetzt auf.» Sie half ihm, dann kniete sie vor ihm und hob einen Finger. «Schauen Sie auf meine Fingerspitze, wenn ich sie hin und her bewege.» Sie beobachtete, wie seine Augen der Bewegung des Fingers folgten. Nach einigen Sekunden hob sie die andere Hand und verdeckte sein linkes Auge.
    «Gut, jetzt noch einmal. Nein, schauen Sie nicht
mich
an, sondern den Finger. So ist es besser. Versuchen wir es mit dem anderen Auge.» Ihre Hand bewegte sich langsam von links nach rechts. «Gut.»
    Sie hockte sich nieder und zog den Seesack zu sich.
    «Sie werden ein Röntgen brauchen, aber ich glaube, außer der Gehirnerschütterung haben Sie keine Verletzungen. Wahrscheinlich sind Sie auf den Arm gestürzt und schlugen erst nachher mit dem Kopf auf.» Sie nahm ein langes, in Wachspapier gewickeltes französisches Weißbrot aus
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