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Mode ist ein glitzernder Goldfisch

Mode ist ein glitzernder Goldfisch

Titel: Mode ist ein glitzernder Goldfisch
Autoren: Holly Smale
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überlegen, wann sie am besten damit anfinge.
    9. Ich nicht. Ich wirke auf Menschen wie ein Erdbeben auf der anderen Seite der Erdkugel: Wenn ich Glück habe, kann ich darauf hoffen, dass mal eine Teetasse auf dem Unterteller klirrt. Und selbst das ist dann eine Überraschung und alle reden noch tagelang darüber.
    Das ist so ungefähr das, was ihr im Augenblick wissen müsst. Nach und nach wird noch das eine oder andere durchsickern – wie die Tatsache, dass ich Toast nur in Dreiecken esse, weil es dann keine klitschigen Kanten gibt, und dass mein Lieblingsbuch die erste Hälfte von Große Erwartungen und die letzte Hälfte von Sturmhöhe ist –, aber das braucht ihr jetzt noch nicht zu wissen.
    Möglicherweise braucht ihr das auch gar nicht zu wissen. Das letzte Buch, das mein Vater mir gekauft hat, hatte eine Knarre auf dem Umschlag.
    Egal, die letzte charakteristische Eigenschaft, die ich beiläufig vielleicht schon erwähnt habe, ist:
    10. Mit Mode habe ich absolut nichts am Hut.
    Hatte ich noch nie und werde ich auch wohl nie haben.
    Bis zum Alter von ungefähr zehn bin ich damit durchgekommen. Bis dahin gab es so etwas wie einen individuellen Kleidungsstil eh nicht: Entweder trugen wir die Schuluniform oder einen Schlafanzug oder einen Badeanzug oder waren für die Weihnachtsaufführung in der Schule als Engel oder Schafe verkleidet, und für Tage, an denen wir ausnahmsweise nicht in Schuluniform in die Schule kommen durften, mussten wir extra was kaufen gehen.
    Und dann schlug wie ein riesiger, rosa glitzernder Vorschlaghammer die Pubertät zu. Plötzlich gab es Regeln, und es war wichtig, sie zu brechen – oder auch nicht. Plötzlich musste man sich auskennen mit Rocklängen und Hosenschnitten und Lidschattenfarben und Absatzhöhen und wie lange man riskieren konnte, ohne Mascara rumzulaufen, bevor die Leute einen als Lesbe beschimpften.
    Plötzlich teilte sich die Welt in die, die’s draufhatten, und die, die jämmerlich versagten. Und die, die dazwischensteckten und beim besten Willen den Unterschied nicht erkannten.
    Leute, die weiße Socken und schwarze Schuhe trugen, die es toll fanden, Haare an den Beinen zu haben, weil es nachts so schön flaumig war. Leute, die das Schafskostüm bitter vermissten und es insgeheim gern in die Schule angezogen hätten, auch wenn gerade nicht Weihnachten war.
    Leute wie ich.
    Wären die Regeln logisch gewesen, hätte ich mein Bestes getan, um mitzuhalten. Ich hätte mir ein Kreis- oder Liniendiagramm gezeichnet und mich – wenn auch grollend – an die wesentlichen Dinge gehalten. Aber so ist Mode nicht, Mode ist wie ein glitzernder Goldfisch. Versucht man, sie am Hals zu packen, rutscht sie einem aus den Händen und schießt in eine ganz andere Richtung davon, und je verzweifelter man danach hascht, umso bescheuerter wirkt man auf andere. Bis man auf dem Boden rumrutscht und alle über einen lachen und der Goldfisch irgendwo unter einem Tisch verschwunden ist.
    Also habe ich es – schlicht und ergreifend – gar nicht erst versucht.
    Das Gehirn hat eh nur eine begrenzte Aufnahmefähigkeit, also bin ich zu dem Schluss gekommen, ich hätte dafür keinen Platz. Tatsachen wie die, dass Kolibris nicht laufen können oder dass ein Teelöffel voll Neutronensternen viele Milliarden Tonnen wiegt oder Elfenblauvögel die Farbe Blau nicht sehen können, interessieren mich eh viel mehr.
    Nat dagegen hat die andere Richtung eingeschlagen. Und plötzlich hatten das Schaf und der Engel – die ganz glücklich in den Feldern um Bethlehem herumgetollt waren – nicht mehr viel gemeinsam.
    Was unserer Freundschaft offensichtlich nicht geschadet hat. Sie ist immer noch das Mädchen, dessen erster Milchzahn in meinem Apfel stecken geblieben ist, und ich bin immer noch das Mädchen, das sich im Kindergarten einen ihrer Sonnenblumenkerne in die Nase steckte und nicht mehr rausbekam.
    Doch manchmal – hier und da – wird die Kluft zwischen uns so groß, dass es scheint, als würde eine von uns durchrutschen.
    Heute fühlt es sich sehr danach an, als wäre ich diesmal diejenige.

5
    E gal.
    Langer Rede kurzer Sinn: Ich bin nicht gerade begeistert, hier zu sein. Ich habe aufgehört zu jammern, aber sagen wir mal, ich drehe mich nicht unaufhörlich im Kreis und pupse in Abständen wie unser Hund Hugo, wenn er vor Freude ganz außer sich ist.
    Ich
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